trierisch balaawern

Es ist schon viel darüber geschrieben und gelästert worden, dass man in der trierischen Mundart das Verb nehmen nicht kennt. Dieses Wort hat es einfach niemals bis an die Mosel geschafft.

 Horst Schmitt.

Horst Schmitt.

Foto: (h_lalu )

Es ist unbekannt geblieben. In Trier wird, wie wir wissen, nicht genommen sondern geholt. Überall, wo es im Hochdeutschen nehmen heißt, heißt es im Trierischen holen. (oder hollen, je nach Aussprache) Ausnahmslos. Also: Eine Tasse aus dem Schrank nehmen - enn Taaß aus em Schrangk holen, drei Kilo abnehmen - drei Kilo abbholen, Tabletten einnehmen - Tabledden ennholen, jemanden im Auto mitnehmen - aanen mömm Audo möttholen, Rücksicht nehmen - Röggsischd holen, ein Geschenk annehmen - e Geschängk aonholen, ein Foto aufnehmen - e Foto obbholen, die Verantwortung übernehmen - de Verandwordung überholen. Und überall, wo es im Hochdeutschen richtig holen heißt, heißt es im Trierischen natürlich auch holen: Einen Brief bei der Post abholen - e Brief bei der Post abholen, Bier aus dem Keller holen - Beer aus em Keller holen, ein Auto überholen - enn Audo überholen. Damit kommen wir Trierer gut zurecht, und nur ein paar besserwisserische Sprachschützer glauben, sich über uns lustig machen zu können. Problematisch wird es allerdings, wenn Trierer plötzlich glauben, ihre Muttersprache verleugnen zu müssen und sich bemühen, vornehm dialektfreies Hochdeutsch zu sprechen. Dann kommen schon mal Zweifel auf, ob es nun holen oder nehmen heißen muss. Hier zwei selbst aufgeschnappte Beispiele: "Wenn Sie den Reifen geflickt haben, wann kann ich mein Auto wieder abnehmen?" Und in der Apotheke: "Meine Frau hat sich eine schlimme Erkältung genommen." Darauf schmunzelnd die Apothekerin: "Ich gebe Ihnen etwas zum Einholen mit." Horst Schmitt ist gemeinsam mit Josef Marx Autor des Trierer Wörterbuchs. Die beiden Autoren erläutern in "Trierisch balaawern" wöchentlich Besonderheiten der Trierer Mundart. Die besten Kolumnen sind auch gesammelt in einem neuen Buch zu lesen, das im Verlag Michael Weyand erschienen ist. "Milljunen Leit - mindestens drei" beleuchtet auf amüsante Weise die Eigenarten des Trierischen. Das Buch ist für 11,95 Euro im Trierer Handel erhältlich, unter 0651/7199-997 sowie im Internet unter <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund-shop.de" text="www.volksfreund-shop.de" class="more"%>

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