Trierisch Balaawern

Watt öss Schmand? Im Trierischen steht das Wort für Rahm und Sahne. Wenn man sich den Rahm von der Milch abschöpfte, nahm man sich das Beste.

Das hat der Trierer schnell erkannt und auf die Menschen übertragen, die immer nur das Beste einer Sache für sich reklamieren. Dä schäbbt seisch ömmer de Schmand aob. Für solche Schmarotzer hat er nichts übrig. Mit der Sahne lässt sich nicht nur das Essen verfeinern, man kann sie auch auf frischem Obstkuchen servieren. Schlagsahne oder gefaotzde Schmand, wie sie der Trierer nennt. Die gefaotzde, su röschdisch dorschgepriejelt - also aufgeschlagene Sahne - ist das I-Tüpfelchen auf der Torte. Der Schmand hat den Trierer zu vielen Wortschöpfungen veranlasst: Wenn schon, dann schon! De Schmandschmeer ist nicht nur ein Käsebrot, sondern sie gibt das käsebleiche Aussehen einer Person wieder. Has datt Kädda gesien? Ett haott e Gesieschd wie en Schmandschmeer. Datt Schmanddöbben, ein Topf, in den der Rahm abgeschöpft wurde, steht zugleich für den Einschmeichler und Lieblingsschüler. Das Geschmeidige der Sahne übernimmt der Trie rer feinfühlig für diese Menschen und gibt ihnen zugleich einen negativen Anstrich. Das Einschmeicheln mag er nicht, er ist lieber gerade heraus. Die gleiche übertragene Bedeutung besitzt der Schmandlabben. Dä Schmandängel ist nicht nur wiederum der Lieblingsschüler, sondern auch Mutters Lieblingskind. Es wird von ihr verwöhnt und von seinen Geschwistern argwöhnisch betrachtet. Dän härzgebuddeltden Schmandängel kriet schonns widder e nei Spillzeisch onn mir neist, beschweren sich die Geschwister. Den stärksten negativen Einschlag hat der Sahnelöffel. Der Löffel hat neben seiner neu tralen Bedeutung auch die des Schmarotzers. Der Trierer hat erkannt: Schmand ist eben nicht immer nur allerfeinste Sahne. Josef Marx ist Autor des Trierer Wörterbuchs, das im Trier-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich ist. Gemeinsam mit Horst Schmitt hat er über 10 000 Stichwörter in Hochdeutsch-Trierisch und Trierisch-Hochdeutsch zusammengetragen. Die beiden Autoren erläutern in unserer Kolumne "Trierisch balaawern" wöchentlich Besonderheiten der Trie rer Mundart.

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