Triers neues Gesicht im Internet

Trier · Die Stadt Trier hat ein neues Gesicht im Internet: Gestern ging das für 100.000 Euro neu strukturierte und gestaltete Internetportal www.trier.de ans Netz. Die Trierer Firma ICT Solutions hat es erschaffen, sie hatte 2012 in einem Wettbewerb überzeugt.

Trier. Die Kritik ist deutlich: "Bei trier.de gleicht das Navigieren einer holprigen Fahrt über Pflastersteine. Die Website weckt zu keinem Zeitpunkt Interesse, Trier einmal zu besuchen." So hart urteilte das Weblog designtagebuch.de im Jahr 2010 über den damaligen Internetauftritt der Stadt Trier und nahm ihn in die Liste der "gruseligsten Seiten im Netz" auf.
Doch dieser Grusel soll ein Ende haben: Gestern um 11.42 Uhr ging eine erneuerte Version von trier.de online. 98.400 Euro hat die Verwaltung in diesen Neustart investiert, der Betrieb kostet weitere 20.000 Euro pro Jahr.
Ein Blick auf die Porta Nigra und der Slogan "Deutschlands älteste Stadt" begrüßen die Besucher der Startseite von trier.de. Darunter findet der Nutzer sieben Hauptkategorien von "Rathaus und Bürger" über "Leben in Trier" bis zu "Umwelt und Verkehr". Sanfte Blau- und Grautöne prägen die Optik. Die Seite wirkt übersichtlich und gut geordnet. Die Option "Seite verbessern" lädt dazu ein, Fehler und Probleme zu melden und zu deren Behebung beizutragen.
Die ICT Solutions AG aus Trier hat den neuen Auftritt geschaffen. Im Frühjahr 2012 hatte die Stadt acht ausgesuchte Bewerber aufgefordert, ein Konzept einzureichen. Vier haben darauf reagiert, unter ihnen setzte sich ICT durch und erhielt im September den Zuschlag durch ein Votum des Steuerungsausschusses.
Seit 1998 ist das Portal trier.de online, erschaffen vom ebenfalls aus Trier stammenden Unternehmen rdts. Ein Neustart stand dann 2005 an. Im August 2011 beschloss der Steuerungsausschuss schließlich einen Neuaufbau "aufgrund neuer und erweiterter Interaktionsmöglichkeiten im Zuge des Web 2.0". Laut Mitteilung des Presseamts verzeichnet trier.de 300.000 Aufrufe pro Monat.
Der TV hat einen Profi gefragt, wie er den neuen Auftritt bewertet und ob diese "erweiterten Interaktionsmöglichkeiten" tatsächlich umgesetzt sind. Philipp Niemann vom Fachbereich Medienwissenschaften der Uni Trier ist ein Experte für "Usability", die Nutzbarkeit und Brauchbarkeit von Internetseiten (siehe Extra).Extra

Philipp Niemann, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Medienwissenschaften der Uni Trier, schildert dem TV seinen ersten Eindruck. "Im Vergleich mit dem alten trier.de ist die neue Version ein klarer Schritt in die richtige Richtung", sagt Niemann, der sich das Portal auf die Bitte des TV hin sofort nach dem Start gestern angesehen hat. "Der Nutzer sieht sofort, dass er sich auf der offiziellen Seite der Stadt Trier befindet." Niemann bescheinigt der Stadt und ICT die Präsentation vieler wichtiger Informationen. Aber er findet auch kritische Ansätze. "Im Bezug auf die Nutzung der Potenziale moderner Netzauftritte hat sich jedoch nicht viel getan." So sei das Portal an vielen Stellen sehr textlastig. "Der Trend geht aber zu bewegten Bildern oder auch Infografiken." Niemann testete nicht nur die Optik, sondern auch den Servicecharakter. "Mein Beispiel ist das Anmelden eines Autos." Die Suche auf trier.de sei jedoch konfus verlaufen. "Unter K wie KFZ findet man nichts, erst unter N wie Neufahrzeug anmelden." Die Option unter diesem Punkt lautet "D115-Leistung anschauen." Niemann: "Damit kann der Normalbürger nichts anfangen." Der Medienwissenschaftler betont: "Viele Begriffe und Sortierungen sind von Verwaltungsdenke und Amtsbegriffen geprägt." Die Infos seien vorhanden, doch die Suche nach ihnen berge Schwierigkeiten. "Das ist typisch für die Internetauftritte von Behörden." jp

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