Trost in der Untröstlichkeit

Nach dem grausamen Amoklauf in Winnenden bei Stuttgart werden die Betroffenen durch geschulte Kräfte wie Psychologen und Seelsorger betreut. Wie wichtig, aber auch wie schwierig die Arbeit von solchen Notfallseelsorgern ist, wurde einen Tag zuvor bei einem Studientag im Haus auf dem Wehrborn in Aach deutlich.

 Nach dem Tod von Nahestehenden kann es schwierig bis unmöglich werden, Trost zu spenden. TV-Foto: Gabriela Böhm

Nach dem Tod von Nahestehenden kann es schwierig bis unmöglich werden, Trost zu spenden. TV-Foto: Gabriela Böhm

Aach. Das bitter Erfahrene übersteigt ihren Verstand, manche klagen Gott an, wenn ihre Wut und Verzweiflung dafür Raum bekommt. Wer als Seelsorger versucht, Gott gegenüber diesen oft heftigen Attacken zu verteidigen, kann wenig Heilsames ausrichten. Auf diese Weise könne es schwierig bis unmöglich werden, dem trauernden Menschen in seinem Leid wirklich zu begegnen und sich auf seinen abgrundtiefen Schmerz einzulassen. Daher müssen Trauer und Verzweiflung der Betroffenen im Vordergrund stehen.

Erst seit 15 Jahren gibt es in Deutschland die professionelle Notfallseelsorge, bei dem Bereitschaftsdienste in Katastrophen, Unglücksfällen oder Verbrechen Hilfe leisten. Während auch Trier Notfallseelsorge leiste, sei es auf dem Land schwieriger, sich zu organisieren, sagt Beate Barg, Referentin im Dekanat Schweich-Welschbillig beim Studientag in Aach, verweist aber auf gute Netzwerke im Bistum Trier. Mit Andreas Mann hatten die Organisatoren einen evangelischen Notfallseelsorger als Referenten vor 33 katholischen Pfarrern, Gemeinde- und Pastoralreferenten gewonnen. Rund 150 Einsätze habe er im Jahr, berichtete der Pfarrer aus Wiesbaden. "Das Problem ist, dass die Gesellschaft nach Katastrophen schnell wieder in die Normalität zurückkommen will", meinte Mann am Rande der Veranstaltung. Doch wie soll Menschen, die Extremsituationen wie die Ermordung des eigenen Kindes erleben müssen, geholfen werden?

"Es gibt Situationen, wo man nicht trösten kann. Da gibt es keinen verbalen Trost. Er kann von Betroffenen zum Teil sogar verletzend empfunden werden", berichtet Mann aus seiner Arbeit als Notfallseelsorger. "Beistand im Wortsinn geben, mit dem Betroffenen aushalten, dabei bleiben" sei das Erste, womit Betroffene gestützt werden könnten. Wenn die Welt aus den Fugen gerate, könnten Seelsorger Halt und Normalität geben und beispielsweise ein Netzwerk von Angehörigen knüpfen, bestätigt Barg. "Manches ist nicht fassbar", meint Mann. Aus dem Hadern, warum Gott so ein Unglück zulasse, könne die gemeinschaftliche Suche nach etwas, das trage, werden.

Ob dafür noch Zeit bleibt angesichts immer größer werdender Pfarreien und zurückgehender Neuanstellungen von Pfarrern? "Leben und Tod sind die elementaren Themen in der Kirche. Sterbe- und Trauerbegleitung werden immer wichtiger, sie sind die Kernthemen der Kirche", sagt Barg.

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