Kolumne Glaube im Alltag Gesicht nicht erkannt

Bitte wiederhole den Vorgang, dein Gesicht wurde nicht erkannt.“ Ich stehe an der Supermarktkasse und will mit meinem Smartphone bezahlen. Das geht per Gesichtserkennung und Knopfdruck. Normaler­weise.

 Superintendent Jörg Weber

Superintendent Jörg Weber

Foto: Jörg Weber/privat

Aber heute ist das anders. Liegt das jetzt an meinen längeren Haaren, weil ich einige Zeit nicht zum Friseur gehen konnte, frage ich mich. Nein, ich trage eine Mund-Nasen-Maske. Die baumelt nämlich beim Bezahlen so halb vor meinem Gesicht herum und verhindert so, dass das Gerät mich erkennt.

An was ich alles denken muss. Beim Bezahlen mit dem Smartphone bedeutet das: Mit der einen Hand die Maske wegnehmen und festhalten, mit der anderen Hand das Handy aus der Tasche fischen, in der Hand behalten und gleichzeitig mit doppeltem Knopfdruck die Zahlung bestätigen.

Das ist echtes Multitasking. Und das ist komplizierter als morgens gleichzeitig in den Spiegel zu schauen und mich zu rasieren. Das schaffe ich ja. Aber das Bezahlen sollte eigentlich so einfach sein und jetzt nervt es manchmal. Mit einem Mal muss ich mich an so viele neue Dinge gewöhnen oder Neues lernen: neue Bewegungsabläufe, neue Regeln. Das kann ganz schön anstrengend sein.

„Alles hat seine Zeit“, steht in der Bibel. Es war anscheinend schon immer so, dass es mal so kommt, und mal so. Die Bibel will mir damit sagen: Nicht jeder Tag ist gleich. Auch das Leben ändert sich. Gerade leider mehr, als ich das gewohnt bin und wahrhaben will. Denn manchmal ist das einfach zu viel.

Dann fällt mir aber auch ein, dass es eine Menge Dinge gibt, die mich gerade weniger anstrengen als vorher, und die jetzt viel entspannter sind: Zum Beispiel entfallen für mich zurzeit lange Autofahrten oder im Stau stehen. Darauf kann ich gut verzichten. Diese Zeiten haben also definitiv auch Seiten, die mir guttun, trotz aller Probleme. Und für all das bin ich dankbar. Das sage ich mir auch jeden Tag. Diesen „Vorgang“ wiederhole ich gerne täglich neu. Trotz manch anderer Erfahrung hilft mir diese Haltung der Dankbarkeit.

Dr. Jörg Weber, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Trier

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