Über den Biergarten ist Gras gewachsen

TRIER. Aus der "Seniorenresidenz" in der Bergstraße wurde eine "Residenz", vom Biergarten sind heute nur noch die Bäume erhalten und für die Errichtung eines Nordeingangs zum Amphitheater fehlt der Stadt das Geld.

"Wir bleiben unsrer Heimat treu und trinken Trierer Löwenbräu", hieß damals ein Werbespruch der hiesigen Brauerei. Wer sich heute noch für lokalpatriotisch hält, weil er gleichnamiges Gebräu konsumiert, unterliegt einem Irrglauben. Das Bier, das er trinkt, kommt seit über zehn Jahren aus dem saarländischen Homburg. Auf dem Petrisberg wurde seit dem 1. März 1993 nicht mehr gebraut. Seit 1. Oktober 1988 war die Löwenbrauerei bereits im Besitz von Karlsberg. Von der Anlage sind nur noch die geschützten Bäume des einst so prächtigen Biergartens übrig geblieben. Nur schwer kann man sich vorstellen, dass man in den 90er Jahren unter den stolzen Kastanienbäumen noch "Fritte mit Soß un`n Treverer Alt" bestellte. Heute befindet sich auf dem Gelände der Löwenbrauerei die "Residenz am Amphitheater". Von der ursprünglich geplanten Nutzung als "Seniorenresidenz", wie sie der einstige Bauherr Caritas Trägergesellschaft Trier (ctt) vorsah, hat sich der nachfolgende Eigentümer, die Immobilienverwaltungs- und Beteiligungs-GmbH (IVB), entfernt. "Obwohl die Wohnungen altersfreundlich konzipiert sind, sind sie nicht nur für ältere Leute gedacht", betont der Geschäftsführer und ehemalige Wirtschaftsdezernent Norbert Neuhaus. Der jüngste Bewohner ist 23. Auch sonst wurde von den einstigen Plänen des ctt-Managers Hans Joachim Doerfert wenig umgesetzt. So fehlte im Bebauungsplan, der sich im Wesentlichen an dem Siegervorschlag eines städtebaulichen Ideenwettbewerbs orientierte, das vorgesehene Verwaltungsgebäude der ctt. In dem 55 Wohnungen umfassenden Komplex entstanden bis auf eine Ausnahme auch keine Arztpraxen, keine Apotheke und kein Café-Bistro. Es gab keine Interessenten dafür. Vergeblicher Kampf um Erhalt des Biergartens

Das Vorhaben, die während der Abrissarbeiten der Löwenbrauerei im Oktober 1997 entdeckten Reste einer römischen Wasserleitung und der Stadtmauer ins Café zu integrieren, waren damit hinfällig. Auch wenn es nie einen Gastronomiebetrieb gegeben hat, existiert die Anlage aus dem 2. Jahrhundert noch. Ein Teil davon wird zur Zeit restauriert und ist sogar von außen sichtbar. Der andere, wesentlich besser erhaltene Teil kommt durch seine Lage in der Tiefgarage leider nicht optimal zur Geltung. Das Thema "Löwenbrauerei" weckte wie sonst nur die Bebauung des Viehmarkts oder des Domfreihofs das öffentliche Interesse. Mehrere Vereine wie das "Trier Forum", der "Verein Trierisch" und der "Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz" kämpften für den Erhalt der Gaststätte und des Festsaals oder wenigstens des Biergartens. Ministerpräsident Kurt Beck wurde gebeten, sich der Sache anzunehmen, Unterschriften wurden gesammelt und sogar im Internet nach einem Käufer für das Gelände gesucht. Am 31. März 1997 endete jedoch der Pachtvertrag für die Löwenbrauerei - und damit auch die Hoffnungen auf einen Verbleib der Gastronomie. Frühere Beteuerungen der Triwo, die das damals noch eigene Gelände für die ctt bebaute, man wolle "den Biergarten erhalten" (Triwo-Vorstand Peter Adrian im Oktober 1995) und nicht "die Gastronomie eliminieren" (Triwo-Vorstand Wilfried Biewer im Januar 1994) waren damit Makulatur. Als im Frühjahr 2001 die ersten Mieter die Residenz bezogen, schlug Norbert Neuhaus endgültig das Kapitel Biergarten zu. "Das ist den Mietern nicht zuzumuten", sagte er gegenüber dem Trierischen Volksfreund ( TV vom 17.02.2001). Wo noch im Sommer 1996 bis zu 500 Menschen gleichzeitig bei Bier oder Viez Erholung und Muße fanden, streunen heute allenfalls noch Katzen herum. Die Errichtung eines Nordeingangs zum Amphitheater, der über das teils öffentliche Gelände hinter der Residenz führen soll und schon seit Jahren im Gespräch ist, konnte bisher aus finanziellen Gründen nicht umgesetzt werden. Morgen in unserer Stadtteil-Serie: Auf dem Weg zu einer besseren Lösung - Ostallee soll neue Ampelanlage erhalten.

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