Justiz „Ungeimpft“-Judenstern auf Facebook geteilt — Urteil wegen Volksverhetzung

Trier · Ende Juni berichtete der Volksfreund über ein Urteil wegen eines Judensterns mit der Aufschrift: „Ungeimpft“, der auf einer Corona-Demo in Trier gezeigt wurde. Doch auch online kann die Verbreitung solcher Symbole strafbar sein. Nun fiel das Urteil gegen einen 57-Jährigen aus Trier.

Vor dem Amtsgericht Trier musste sich am Donnerstag ein 57-jähriger Trierer wegen zwei Facebook-Beiträgen verantworten, die er im Februar 2021 geteilt hatte. Auf dem einen war ein Davidstern mit der Aufschrift: „Ungeimpft“ zu sehen; dazu die Überschrift: „Die Jagd auf Menschen kann wieder beginnen“. Der zweite Beitrag zeigte auf der oberen Seite das Tor des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau mit der berüchtigten Überschrift: „Arbeit macht frei“. Darunter war der Eingang eines Krankenhauses zu sehen. Mit Bildbearbeitung war über dessen Eingang zu lesen: „Impfen macht frei“. Die Staatsanwaltschaft Trier sah darin den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt und klagte den Mann an.

Der seit September 2022 berufsunfähige 57-Jährige aus Trier gab vor Gericht zu, die Bildern geteilt zu haben. Er habe damit jedoch weder den Holocaust verharmlosen, noch die Impfpolitik der Regierung mit dem Nationalsozialismus gleichsetzen wollen. Laut eigener Aussage wollte er auf den Druck aufmerksam machen, dem ungeimpfte Personen während der Corona-Pandemie aufgrund von „Impfpropaganda“ ausgesetzt waren. Er selbst habe sich nur wenig mit dem Völkermord an den Juden auseinandergesetzt. Auf die Frage der Vorsitzenden Richterin, ob ihm bewusst gewesen wäre, dass das oben abgebildete Tor zum KZ Auschwitz gehörte, antwortete er: Nein, er habe sich dabei nichts gedacht. „Manchmal hilft nachdenken“, entgegnete die Richterin Petra Nicklas und zeigte dem Angeklagten nochmals die Bilder, die er geteilt hatte. Auf die Frage, was ihn an den Bildern angesprochen habe, schwieg der Angeklagte.

Die Staatsanwaltschaft sah den Straftatbestand der Volksverhetzung vollumfänglich erfüllt. In ihrem Plädoyer argumentiert sie, der Angeklagte habe mit dem öffentlichen Teilen der Beiträge eine verharmlosende Parallele zwischen dem Völkermord an sechs Millionen Juden und der Corona-Schutzimpfung gezogen. Des Weiteren setze er in den Beiträgen die Impfpolitik der Bundesregierung mit dem verbrecherischen Regime der Nationalsozialisten gleich. Dem Angeklagten sei außerdem bewusst gewesen, dass das Teilen der Beiträge dazu geeignet sei, die ohnehin angespannte Lage 2021 weiter anzufeuern. Während dieser Zeit habe es bereits Brandanschläge auf Kliniken und Impfzentren gegeben. Damit habe er den öffentlichen Frieden gestört. Sie forderte daher eine Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 30 Euro, also 3300 Euro.

Die Verteidigung argumentiert dagegen, dass in einem Urteil des Oberlandesgerichtes Saarbrücken, das einen ähnlichen Fall behandelt hatte, der Angeklagte freigesprochen wurde. Zwar habe sein Mandant einen verharmlosenden Vergleich gezogen, jedoch sei damit nicht der Tatbestand der Störung des öffentlichen Friedens erfüllt, die für eine Verurteilung nötig wäre. Der Angeklagte habe sich außerdem nicht auf die Seite der Täter, sondern auf die Seite der Opfer des Nationalsozialismus geschlagen. Der Angeklagte merkte in seinem letzten Wort an, dass er es ablehne, als Impfgegner bezeichnet zu werden, sondern lediglich eine freie Impfentscheidung will.

Das Urteil fiel nach wenigen Minuten. Der Angeklagte wurde wegen Volksverhetzung zu den von der Staatsanwaltschaft geforderten 110 Tagessätzen verurteilt. Die Vorsitzende Richterin betont, dass es zwar ein rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken gebe, jedoch Gerichte in Augsburg, Würzburg und Berlin gegenteilig und zulasten der Angeklagten entschieden hätten. Der Angeklagte habe mit dem Teilen der Beiträge eine strafbare Verharmlosung des Holocausts begangen und dabei billigend in Kauf genommen, dass der Beitrag Personen dazu animieren könnte, gewaltsamen Widerstand gegen den Staat oder Gesundheitseinrichtungen zu leisten. Zugutehalten könne man ihm jedoch, dass die Beiträge mittlerweile gelöscht seien und er die Taten eingeräumt habe.

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