Ungewöhnlicher Blick auf Sex

Ein Mann und eine Frau lesen sich Texte über Liebe, Erotik und Sex vor. Das Besondere: Sie ist 80, er Anfang 20 und geistig behindert. Das Ensemble "Meine Damen und Herren" aus Hamburg hat die inszenierte Lesung "Sex - alle Lust will Ewigkeit" in der Tufa aufgeführt.

Trier. Im kleinen Saal der Tufa geht das Licht aus, die Akteure verteilen sich im Raum, ein wirres Gemurmel beginnt. Die Darsteller zitieren Texte von Schriftstellern wie Brecht, Grillparzer oder Morgenstern zum Thema Liebe und Sexualität. "Engel verführt man gar nicht oder schnell. Verzieh ihn einfach in den Hauseingang, steck ihm die Zunge in den Mund und lang ihm untern Rock." Mit diesem Auszug aus Berthold Brechts "Die Verführung der Engel" beginnt die Szene, die den roten Faden der inszenierten Lesung bildet.

In einer Wohnzimmer-Kulisse mit Couch, Stehlampe und unzähligen Büchern sitzen Max, Anfang 20 und geistig behindert, und Frau Rosenthaler, 80 Jahre alt. Aus Langeweile lesen sich die beiden immer wieder Passagen aus den Werken berühmter Lyriker vor. Anhand dieser Texte versucht die alte Dame, dem jungen Mann den Umgang mit der Liebe zu erklären.

Durch eingeschobene Szenen ergibt sich ein ansteckendes Wechselspiel zwischen Stimmungen und Gefühlen. In einer Episode sind die alte Dame und ihre gleichaltrigen Freundinnen die Protagonisten, in einer anderen Szene der junge Max mit seiner Clique, deren Mitglieder alle ein Handicap haben.

"Ich hoffe, es ist bald mein erstes Mal, ich will nämlich keinen alten Sex!", macht sich Andreas Gedanken. Jens, der Romantiker der Gruppe, ist seiner Angebeteten zwar schon begegnet, hat aber noch kein Wort mit ihr gewechselt.

So beleuchtet Regisseurin Martina Vermaaten sympathisch unterschiedliche Beziehungen der einzelnen Darsteller zu Liebe und Sex. Das gemischte Publikum ist begeistert und fordert die Truppe am Ende mehrmals auf, erneut die Bühne zu betreten. kkv

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