Unsanfter Umgang mit der Umwelt

TRIER-NORD. Bei vielen Bauprojekten ist Ärger programmiert - davon wissen private wie öffentliche Bauherren zu berichten. Auch beim Ausbau des Moselstadions gibt es nicht nur Vorfreude auf die neuen Spielfelder. Die Tatsache, dass im Zuge der Bauarbeiten wenig pfleglich mit einem Teil der Kastanien umgegangen worden ist, erhitzt manche Gemüter.

Vor drei Wochen berührten erstmals Schaufeln das Gelände neben dem Moselstadion: Offizielle Vertreter trafen sich zum Spatenstich für den Kunstrasenplatz und die beiden Naturrasen-Spielfelder, die bis zum Ende dieses Sommers, genauer gesagt bis Anfang Oktober, gleich neben dem Stadion entstehen sollen. Kurz nach diesem - vergleichsweise zaghaften - Grabungsvorstoß rückten massive Baufahrzeuge an, um mit den Erdaushubarbeiten zu beginnen. Dass bei diesen Abtragungsarbeiten offenbar nicht alles hundertprozentig korrekt abgewickelt wurde, bemerkte ein Mitarbeiter des Grünflächenamtes zufällig in der vorvergangenen Woche. Sein geschulter Blick blieb an den rund 15 Kastanien hängen, die auf der Seite gegenüber den Tennisplätzen eingepflanzt sind. Etwa einen Meter hoch hatten Mitarbeiter der beauftragten Baufirma Aushub um die Stämme der Kastanien herum abgelagert - Erde, die vom Gelände abgetragen und achtlos auf das Wurzelwerk der rund 100 Jahre alten Bäume aufgeschüttet worden war. Der selbstständige Baumsachverständige Karl-Josef Prüm erläuterte im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund das Problem. So liege jedem Bauherr im Zusammenhang mit derartigen Projekten eine Bauvorschrift vor, die detailliert definiert, wie mit angrenzenden Bäumen umzugehen ist. Nach der DIN-Norm 18920 darf der Wurzelbereich von Bäumen weder abgetragen, noch, wie in der Situation am Moselstadion, zugeschüttet werden. Karl-Josef Prüm: "Durch die Erdaufschüttung wird dem Baum der Sauerstoff entzogen, die Wurzeln sterben ab. Selbst wenn der Baum, was grundsätzlich möglich ist, im oberen Bereich neue Wurzeln zieht, sind die unteren zerstört und werden langfristig absterben." Prüm wie auch der selbstständige Baumpfleger Konrad Boecking fürchten, dass der Baum in zehn bis 15 Jahren tot ist und wegen des abgestorbenen Wurzelwerks, das die Standsicherheit garantiert, dann aus Sicherheitsgründen gefällt werden muss. Ob die Kastanien durch die Aktion tatsächlich langfristig geschädigt sind, können die beiden Experten nicht mit Bestimmtheit sagen, halten es jedoch für sehr wahrscheinlich. Prüm: "Bei der Buche etwa reichen zwei Zentimeter Lehmauftrag, das heißt, für die wäre das auf jeden Fall der Genickschuss gewesen." Was die beiden ärgert, ist nicht allein der Schaden an der Umwelt. "Keine Kommunikation"

Die mangelnde Absprache im Vorfeld und das Missachten der Vorschriften ist für sie nicht nachvollziehbar. "Es gibt in diesen Dingen keine Kommunikation in der Stadt, die Ämter arbeiten nicht zusammen", lautet ihr Vorwurf nicht nur mit Blick auf diesen Fall. Die untere Landespflege, die ihrer Meinung nach hätte eingeschaltet werden sollen, ist jedoch nach Auskunft Ralf Frühaufs vom Presseamt "nur bei großen Eingriffen in die Landschaft" zuständig. Ebenso wenig sei das Grünflächenamt berührt. Der vom Bauträger Eintracht 05 beauftragte Architekt Werner Schaack rechtfertigte die Aktion gegenüber dem TV : "Wir mussten aufschütten, damit wir eine Verfestigung machen können." Auf die Frage, ob er dafür in Kauf nehme, sich über die DIN-Norm hinweg zu setzen, antwortete Schaack: "Ja. Das ist ja nur für eine Woche." Bis heute sollen die Bäume - auf Drängen der Stadt - nach seiner Aussage von Hand frei geschaufelt werden. Ob das rechtzeitig ist, wird die Zeit zeigen.

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