Unschuldig und doch bestraft

Der Trierer Unternehmer Reinhard Ellert wird die Stadt auf Schadenersatz verklagen. Die Rathausspitze hat ihn drei Jahre lang als Betrüger beschuldigt und verfolgt - ohne jeden Beweis, wie das Amtsgericht festgestellt hat.

 Der Abbruchunternehmer Reinhard Ellert wehrte sich drei Jahre lang gegen den Vorwurf der Stadt Trier, er sei ein Betrüger. TV-Foto: Friedemann Vetter

Der Abbruchunternehmer Reinhard Ellert wehrte sich drei Jahre lang gegen den Vorwurf der Stadt Trier, er sei ein Betrüger. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Reinhard Ellert ist kein Freund vieler Worte. Der Abbruch-Unternehmer und ehemalige Zeitsoldat fasst seine Situation in zwei Sätzen zusammen: "Ich bin kein Betrüger. Der Vorwurf der Stadt hat meiner Firma und meiner Gesundheit massiv geschadet, und deshalb will ich klagen." Die Summe, die er von der Stadt fordern will, steht noch nicht fest.

Der Konflikt zwischen Ellert und der Stadt Trier begann im Spätherbst 2006 (der TV berichtete mehrmals). Ellerts Unternehmen hatte den Bodenabbruch in der Aula des damaligen Hindenburg- und heutigen Humboldt-Gymnasiums im Auftrag der Stadt Trier übernommen. Das Team fand zwischen PVC und Estrich eine schwarze Substanz. Eine Probe wurde vom Institut Koldingen aus Burgwedel in Niedersachsen analysiert. Das Ergebnis: Die Menge der polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) lag bei 190 Milligramm pro Kilogramm. Der Grenzwert liegt bei 50. PAK gelten als krebserregend.

Ellert bot die Entsorgung des schwarzen Klebers an. Doch Peter Dietze, damals Baudezernent der Stadt Trier, zeigte Ellert wegen versuchten Betrugs an: Der Unternehmer habe die Schadstoff-Belastung vortäuschen und damit ein höheres Auftragsvolumen herausschlagen wollen. Die Stadt beauftragte die Analytis-Gesellschaft mbH damit, selbst Proben zu nehmen und zu analysieren. Alle sechs Proben waren unverdächtig - keine Gefahr im HGT. Die verdächtige schwarze Substanz ließ die Stadt vom Bürgerservice abtransportieren.

Im Rechtsstreit mit der Stadt erlebte Ellert das volle Programm. Die Polizei kam zur Hausdurchsuchung vorbei, vor dem Amtsgericht platzte die erste Hauptverhandlung wegen einer unvollständig kopierten Akte, Aufträge wurden wegen des Betrugsvorwurfes zurückgezogen oder gar nicht erst erteilt. Im März 2008 dann der Paukenschlag: Der damals zuständige Richter Wolf-Dietrich Strick sah es als erwiesen an, dass die beim Institut Koldingen eingereichte Probe nicht aus der HGT-Aula stammte. Ellert erhielt einen Strafbefehl: 6000 Euro und vier Monate auf Bewährung. Er legte sofort Widerspruch ein.

Zu Recht, urteilte das Amtsgericht, dieses Mal hatte Richter Kai Flesch den Vorsitz, im Juli 2009. Für einen Betrug gebe es "keinen einzigen belastbaren Beweis", Ellert wurde freigesprochen. Den Widerspruch zwischen diesem Freispruch und dem Strafbefehl beleuchtet der Hintergrund.

Peter Dietze, Urheber des Betrugsvorwurfs, ging 2007 in den Ruhestand, ebenso wie Oberbürgermeister Helmut Schröer. Was der amtierende OB Klaus Jensen und Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani vom Fall Ellert halten und ob sie ihn überhaupt kennen, ist unklar. "Die Stadt gibt dazu keinen Kommentar ab", meldete das Presseamt auf TV-Anfrage.

Hintergrund

Der Strafbefehl

Warum hat das Amtsgericht Trier zuerst einen Strafbefehl verschickt und erst danach festgestellt, dass es überhaupt keinen Beweis für die Schuld des Bestraften gibt? Direktorin Jutta Terner nimmt gegenüber dem TV Stellung: "Ein Strafbefehl wird nur auf schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen, wenn diese und der zuständige Richter den hinreichenden Tatverdacht bejahen, dass ein Vergehen begangen wurde. Eines vollständigen Beweises für eine strafbare Handlung bedarf es für dieses vereinfachte Verfahren nicht. Der Angeschuldigte hat durch Einlegung des Einspruchs die Möglichkeit, den Tatvorwurf in einer Hauptverhandlung überprüfen zu lassen." (jp)

Meinung

Die Stadt ist im Unrecht

Von Jörg Pistorius

 Der Abbruchunternehmer Reinhard Ellert wehrte sich drei Jahre lang gegen den Vorwurf der Stadt Trier, er sei ein Betrüger. TV-Foto: Friedemann Vetter

Der Abbruchunternehmer Reinhard Ellert wehrte sich drei Jahre lang gegen den Vorwurf der Stadt Trier, er sei ein Betrüger. TV-Foto: Friedemann Vetter

Die Stadt Trier konnte keinen einzigen Beweis für Reinhard Ellerts Schuld vorlegen. Das hat sie jedoch nicht daran gehindert, Klage zu erheben und an ihr festzuhalten. Wer es wagt, von Schadstoffen an einer unserer Schulen zu sprechen, der muss ein Betrüger sein - so scheint man sich am Augustinerhof die Dinge zusammengereimt zu haben. Ellert steht drei Jahre lang als Straftäter da, sein Ansehen leidet ebenso wie seine Auftragslage. Doch die Stadt Trier bleibt stur. Auch nach dem Freispruch gibt es keine Geste der Einsicht. Keine Entschuldigung. Keinen Versuch, Ellerts Ruf wieder herzustellen. Deshalb ist es wichtig, dass er die Klage auf Schadenersatz gewinnt. Eine Schuld muss bewiesen werden, bevor man den Schuldigen dafür bestrafen kann. Reinhard Ellert wurde bestraft. Drei Jahre lang. j.pistorius@volksfreund.de

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