Unterwegs mit der Polizei in Trier: Radfahren verboten, 15 Euro bitte!

Trier. · Von 11 bis 19 Uhr darf man in der Fußgängerzone sein Rad nur schiebend bewegen Der TV durfte eine Kontrolle der Trierer Polizei begleiten, bei der sich zeigte: Es gibt Unwissende und Uneinsichtige. Aber auch viele, die schon gelernt haben.

 Mit dem Rad auf dem Kornmarkt unterwegs? Nach 11 Uhr verboten. Die junge Frau muss 15 Euro zahlen.

Mit dem Rad auf dem Kornmarkt unterwegs? Nach 11 Uhr verboten. Die junge Frau muss 15 Euro zahlen.

Foto: Michael Schmitz



Strahlend blauer Himmel, aber Temperaturen um die null Grad. Auf dem Rad unterwegs sind bei solchem Wetter eigentlich nur die ganz Hartgesottenen, sollte man meinen. Lohnt sich da überhaupt ein Kontrollgang der Polizei durch die Fußgängerzone? Die steht seit einiger Zeit im besonderen Fokus der Beamten von Polizeiinspektion Trier und Innenstadtwache, denn es häuften sich Beschwerden von Fußgängern über Radler, die dort tagsüber zwischen 11 und 19 Uhr nichts zu suchen haben. Jedenfalls nicht auf dem Rad, sondern bestenfalls schiebend.

Regelmäßige Streifen

Auch die Berichterstattung im Trierischen Volksfreund über das Thema sorgte für eine große Zahl an Leserbriefen. Alle paar Wochen machen sich daher Polizisten in Fußstreifen auf, um zwischen Porta und Viehmarktplatz in der Fußgängerzone nach dem Rechten zu sehen. Sechs Beamte sind es an diesem Mittwochvormittag, an dem der TV den Einsatz begleiten darf. Schon während der Einsatzbesprechung auf dem Domfreihof wird die erste Streife allerdings abberufen zu einem anderen Einsatz - Radfahrer mögen wichtig sein, es gibt aber oft auch größere Probleme, bei denen die Polizei gefragt ist. So sind es denn zwei mal zwei Beamte, die anschließend für gut zwei Stunden durch die Fußgängerzone streifen. Für Polizeioberkommissarin Ronja Mergens und Polizeikommissar Michael Teusch gehören diese Einsätze zu den schöneren Aufgaben ihres oft eher unerfreulichen Arbeitslebens. Beide stammen aus der Region, daher werden sie in der Fußgängerzone oft erkannt, kommen ins Gespräch mit Bekannten oder werden von Passanten auf ganz unterschiedliche Themen angesprochen (siehe Extra). Viele Bürger scheinen regelrecht erfreut zu sein, dass sie Polizisten sehen und direkt ansprechen können.
Weniger erfreut ist eine junge Frau, die den Beamten am Kornmarkt auf dem Fahrrad entgegenkommt, angehalten wird und sich von Michael Teusch über das Radfahrverbot belehren lassen muss. Überrascht sei sie, sagt die junge Frau, die als Krankenschwester in Trier arbeitet. Sie sei nicht oft auf dem Rad unterwegs. "Ich bin auch wirklich ganz vorsichtig gefahren." Ein Argument, das vor Strafe allerdings nicht schützt. 15 Euro Verwarnungsgeld stellen die Beamten in Rechnung.
Ausredeversuche gibt es zwar immer wieder, das Wissen um das Radfahrverbot um diese Zeit scheint aber recht weit verbreitet zu sein. Am Handwerkerbrunnen springt ein junger Mann noch schnell vom Rad, als er die Streife kommen sieht, und setzt sich auf eine Bank. Doch Teusch und Mergens haben ihn von weitem gesehen, an den 15 Euro kommt auch er nicht vorbei.

Ausreden nützen nichts

Überhaupt scheint diese Ecke der Fußgängerzone - also an der Kreuzung Neustraße, Fahrstraße, Brotstraße, Nagelstraße - ein beliebter, wenn auch unerlaubter Radweg zu sein. Gleich mehrere Männer und Frauen holen die Beamten hier vom Rad. Während sie anhand des eingravierten Fahrradcodes per Kontakt in die Leitstelle prüfen, ob das Moutainbike einem Schüler vom Humboldt-Gymnasium tatsächlich gehört, rollt hinter ihnen ein anderer Radler vorbei. Der hat Glück gehabt, dass die Beamten keine Augen im Rücken haben. Zum finanziellen Schaden für den jungen HGTler kommt der Spott: Seine Mitschüler beobachten die Kontrolle feixend und mit dem Smartphone filmend oder fotografierend von weitem. "Ich wollte nur dahinten rechts zur Basilika", meint der Schüler, aber da auch dieses Stück zur Fußgängerzone gehört, rettet ihn das nicht. Durch die Straßenbreite und den Platz rund um den Handwerkerbrunnen wirkt die Straße hier offenbar geradezu einladend für Fahrradfahrer. "Es ist ja schwierig, hier einen Fußgänger zu überfahren", meint denn auch ein anderer Ertappter sarkastisch. 15 Euro zahlen muss auch er.
So friedlich wie an diesem Vormittag läuft die Kontrolle nicht immer ab, erzählt Michael Teusch. "Die meisten sind zwar einsichtig, aber manche pampen auch richtig zurück." Von Ronja Mergens bekommen die Kontrollierten quasi gratis auch noch Tipps für ihre Fahrräder, denn da fehlt oft von den Reflektoren bis zur richtigen Beleuchtung auch noch einiges, um sie wirklich als verkehrssicher durchgehen zu lassen. Mergens, selbst oft auf dem Rad unterwegs, hat auch ein gewisses Verständnis für die Radler. "Trier ist sicher nicht ideal für Fahrradfahrer", sagt sie. Die Augen zudrücken kann sie deshalb bei den Fußgängerzonen-Radlern dennoch nicht, läuft einem auch schon mal ein paar Meter hinterher, der ihr Rufen nicht gehört hat.
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, das wissen die meisten Ertappten. Ein junger Mann in der Simeonstraße steht mit einem Fuß auf dem Pedal und benutzt das Rad wie einen Roller. Das gelte auch als Fahrradfahren, muss er sich von den Beamten sagen lassen - und ist 15 Euro los. Wer mehrfach erwischt wird, bei dem erhöht sich die Strafe übrigens schon beim zweiten Mal. Die Bußgeldstelle wird über jede Verwarnung informiert.
Einige haben schon gelernt

Einen Mehrfachradler gibt es an diesem Morgen nicht, dafür fällt Ronja Mergens ein Paketwagenfahrer auf. "Den hatten wir doch neulich erst." Wer als Lieferant oder Handwerker nach 11 Uhr in die Fußgängerzone muss, braucht dazu eine Ausnahmegenehmigung der Stadt. Die hat der Paketwagenfahrer schon zum zweiten Mal nicht, die 20-Euro-Strafe verdoppelt sich prompt.
Zehn Radfahrer sind es schließlich, die den vier Beamten in den zwei Stunden aufgefallen sind, und drei Autofahrer ohne Genehmigung. Mindestens genau so viele Radler sind aber in der gleichen Zeit schiebend unterwegs. Die verstärkten Kontrollen in jüngster Zeit hätten schon eine Wirkung gezeigt, meint denn auch Michael Teusch. Man sehe deutlich mehr Radfahrer, die sich an die Regeln hielten. Viele Ertappte dürften auch keine Lust mehr auf weitere Strafen haben. So wie die junge Frau, die die Beamten gleich zum Anfang am Kornmarkt abgefangen hatten. "15 Euro sind viel Geld", sagt sie dem TV, "beim nächsten Mal schiebe ich."Extra: Was sonst noch geschah

Wenn Polizisten unterwegs sind in der Trierer City, kommt diese Präsenz bei den Bürgern offenbar ziemlich gut an. Während des zweistündigen Rundgangs mit Ronja Mergens und Michael Teusch werden diese nicht nur von Passanten wegen der Fahrradkontrollen gelobt, sondern auch auf einige andere Probleme angesprochen. Ein Mann verweist sie auf einen aggressiven Bettler vor der Trier-Galerie, den sie dort allerdings nicht antreffen.
Eine Mutter mit Kind kommt vorbei, und der kleine Junge will unbedingt etwas von den Polizisten wissen - auch wenn er sich dann bei der Antwort verschämt hinter Mama versteckt. "Nein, Polizisten dürfen nicht einfach schießen, wenn sie das wollen", erklärt ihm Ronja Mergens freundlich. "Da gibt es ganz genaue Gesetze und Regeln."
Länger beschäftigt sind die beiden Beamten auch mit einem eher ungewöhnlichen Fall. Eine 50-jährige Frau, Handelsvertreterin von auswärts, spricht die beiden an, weil sie ihr am frühen Morgen abgestelltes Auto nicht mehr findet. Im Navi sei Nagelstraße angegeben gewesen, aber dort habe sie nicht geparkt, sondern irgendwo ganz anders. Es ist ihr sichtlich peinlich, dass die Beamten für sie einem längeren, letztlich erfolglosen Fußmarsch durch mehrere Seitenstraßen machen. Schließlich setzen die Beamten sie nach Ende der Fahrradkontrolle in den Streifenwagen und fahren die Straßen rund um die City ab, bis sie nach einiger Zeit den Golf gefunden haben. Für die zunehmend verzweifelte Frau ist die Polizei an diesem Tag tatsächlich ein echter Freund und Helfer geworden. Kommentar: Ohne Kontrollen geht es nicht

 Mit dem Auto in der Fußgängerzone unterwegs? Geht nach 11 Uhr nur mit Ausnahmegenehmigung. Auch die überprüfen die Beamten der Trierer Polizei.

Mit dem Auto in der Fußgängerzone unterwegs? Geht nach 11 Uhr nur mit Ausnahmegenehmigung. Auch die überprüfen die Beamten der Trierer Polizei.

Foto: Michael Schmitz
 Die Polizei stellt viele Fahrräder buchstäblich auf den Kopf. Falls eine Codenummer eingraviert ist, überpüfen sie diese, um möglicherweise gestohlene Velos zu identifizieren.

Die Polizei stellt viele Fahrräder buchstäblich auf den Kopf. Falls eine Codenummer eingraviert ist, überpüfen sie diese, um möglicherweise gestohlene Velos zu identifizieren.

Foto: Michael Schmitz

Zehn erwischte Radfahrer in zwei Stunden: Das klingt nicht wirklich nach einem großen Problem. Richtiggehend gefährlich gerannt ist von den Ertappten augenscheinlich niemand. Auch gibt es echte Zusammenstöße zwischen Radlern und Fußgängern nur selten, zumindest werden sie meist nicht aktenkundig. Dennoch ist es gut, dass die Polizei ab und zu ein Auge auf die Einhaltung des Radfahrverbots in der City wirft. Gerade für ältere Menschen, die zu den häufigeren Beschwerdeführern gehören, ist ein überraschend von hinten kommendes Rad oder ein kurzfristiges Ausweichmanöver ein echter Schreck, den man ihnen ersparen sollte. Zudem sind Regeln nun mal dazu da, eingehalten zu werden. Und wenn die Einhaltung von Regeln nicht kontrolliert wird, funktioniert das Zusammenleben oft leider nicht. Das gilt für Radfahrer in der Fußgängerzone - aber auch für alle anderen vermeintlich "kleinen Sünder", die mit ihren Autos Bürgersteige oder Einfahrten zuparken oder mit 50 durch die Tempo-30-Zone fahren.

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