Unterwegs zu dem einen Gott

Schweich · Sie ist eine Botschafterin für den interreligiösen Dialog: Schwester Therese Blum von den Weißen Schwestern in Trier. Die 83-Jährige hat jetzt Schülern im Dekanat Schweich-Welschbillig von ihrer Zeit als Missionsschwester in Algerien erzählt.

 Interessiert lauschen die Schweicher Schüler, als Schwester Therese Blum von ihrer Zeit als Missionsschwester in Algerien erzählt. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Interessiert lauschen die Schweicher Schüler, als Schwester Therese Blum von ihrer Zeit als Missionsschwester in Algerien erzählt. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Schweich. "Überall, wo Gutes geschieht, wohnt Gott - diesen Satz habe ich von den Muslimen in Algerien gelernt. Überhaupt haben sie mir geholfen, ein besserer Christ zu werden. Und ich habe den Muslimen geholfen, bessere Muslime zu werden." Wenn die 83 Jahre alte Schwester Therese Blum über ihre 43 Jahre als Weiße Schwester in Algerien erzählt, dann kann man die Stecknadel sprichwörtlich fallen hören. Und das kommt in einer Schulklasse mit 16-, 17-Jährigen nicht allzu oft vor, wie der Direktor der Schweicher Stefan-Andres-Realschule, Jürgen Nisius, ihr versichert.
Eine bessere Botschafterin für den interreligiösen Dialog hätte sich das Dekanat Schweich-Welschbillig nicht aussuchen können. Sr. Therese Blum von den Weißen Schwestern in Trier spricht so ehrlich und selbstverständlich über ihr Verhältnis zu den Muslimen, dass die jungen Leute an ihren Lippen hängen.
Sie hören, dass der Orden der Weißen Schwestern zwar ein Missionsorden ist, dass aber schon der Gründer Kardinal Lavigerie festgelegt habe, dass in den islamischen Ländern keine Missionierung betrieben werden dürfe, weil Muslime, die sich zum christlichen Glauben bekehren, aus der islamischen Gesellschaft ausgestoßen würden. "Die Verbundenheit mit den Muslimen entsteht durch das Bewusstsein, gemeinsam unterwegs zu sein zu dem einen Gott," zitiert sie eine Ordensregel. Als sie nach dem Noviziat in Trier 1950 nach Algerien ging, habe sie nach der Berufsausbildung zur Krankenschwester und Hebamme zunächst im Krankenhaus A.W.H. in der Kabylei im Atlasgebirge gearbeitet und im 1955 beginnenden Befreiungskrieg Algeriens gegen Frankreich gemeinsam mit den Weißen Vätern und Schwestern auf der Seite der Algerier gestanden.
Bis zum Waffenstillstand und der erklärten Unabhängigkeit Algeriens 1962 pflegte die Weiße Schwester Verwundete und Kranke und leistete Geburtshilfe in den Dörfern. "Mir ging es um Menschenwürde, besonders um die Würde der Frau", sagt Therese Blum. In 49 Dörfern, die auf den Bergkuppen des Atlasgebirges liegen, hat sie junge Mädchen ausgebildet, damit sie in Polykliniken und Entbindungsheimen arbeiten konnten - "in einer Zeit, in der es in Algerien nicht üblich war, dass Mädchen einen Beruf erlernten".
Die Menschen in der Region hätten die Schwestern nicht als Fremde, sondern als Freunde, als "Geschenk Gottes" gesehen und sie wie selbstverständlich in ihre Dorfgemeinschaft aufgenommen. Als sie 1995 nach Deutschland zurückkehren musste, weil die sich immer mehr ausbreitenden Fundamentalisten mehrere Terroranschläge auf christliche Orden verübt hatten und auch Sr. Therese auf der Liste der Anschlagopfer stand, habe sie sich immer an die Abschiedsworte der Algerier erinnert: "Gottes Friede sei mit euch. Wo ihr sein werdet, ist Gott."
Nach wenigen Monaten in Deutschland aber habe es sie schon wieder zurück zu den Berbern ins Atlasgebirge gezogen. Sr. Therese rief "Culture feminine" ins Leben, eine Art Diskussionsforum für Frauen, bei dem es um Alltagsthemen, aber auch um Politisches ging. "Ich bin ins Kloster gegangen, weil ich immer schon eine Beziehung zu Gott hatte und mir das Leben wichtig war", antwortet die Ordensfrau auf die Frage einer Schülerin. "In diesen 43 Jahren als Weiße Schwester in Algerien habe ich genau das leben können!" sbn

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