(Update) Stadt Trier muss Haushalt überarbeiten - Aufsichtsbehörde streicht 23 Millionen Euro geplante Kredite

Trier · Die Stadt Trier muss die Liste ihrer geplanten Investitionen pro Jahr deutlich verringern, weil die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) erhebliche Auflagen erteilt hat. Auf TV-Nachfrage gibt die Stadtverwaltung teilweise Entwarnung: Eine gewisse Reduzierung auf Projekte mit guten Realisierungschancen sei ohnehin geplant gewesen.

Die Überraschung kam in der Sitzung des Dezernatsausschusses IV am Mittwochabend. Nach dreieinhalb Stunden, kurz vor dem Ende des öffentlichen Teils, ergriff eine Mitarbeiterin der städtischen Kämmerei das Wort. Die ADD habe den dritten Nachtragshaushalt 2016 der Stadt zwar genehmigt, aber erhebliche Auflagen erteilt. Die sogenannten Kreditermächtigungen im Investitionshaushalt seien drastisch eingeschränkt worden. Das bedeutet im Klartext, dass sich die Stadt weitaus weniger Geld leihen darf, um ihre geplanten Ausgaben zu decken.
Von insgesamt 36,8 Millionen Euro habe die ADD satte 23 Millionen Euro gestrichen - vermutlich mehr als je zuvor. Übrig blieben 13,8 Millionen Euro an neuen Krediten, genau so viel, wie die Stadt bereits laufende Kredite planmäßig tilge.
Die Mitarbeiterin der Kämmerei führte weiter aus, die Stadt müsse nun schauen, welche Projekte überhaupt wann umsetzbar seien. Der Fokus müsse wohl auf bereits begonnene Maßnahmen gelegt werden. Die Stadt schiebe eine Bugwelle von geplanten, aber nicht umgesetzten Investitionsprojekten vor sich her, was sich auch auf kommende Haushaltsjahre auswirke. Zudem habe die ADD angekündigt, auch für den Doppelhaushalt 2017/18 voraussichtlich Kreditermächtigungen in großem Umfang zu versagen.
Viele Ausschussmitglieder reagierten überrascht und verärgert. Sie befürchteten, in ihren ohnehin begrenzten politischen Gestaltungsmöglichkeiten weiter eingeschränkt zu werden.
Am Donnerstagnachmittag bestätigte ADD-Pressesprecherin Miriam Lange gegenüber dem Trierischen Volksfreund das Streichen der Kredite: "Der Grund ist die bisher geringe Quote der Inanspruchnahme durch die Stadt." Im Haushalt dürften nur Kredite in einer Größenordnung eingeplant werden, in der sie auch benötigt würden.
Tatsächlich hatte Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) bereits Ende September in seiner Rede beim Einbringen des Haushaltsentwurfs 2017/18 eine Kursänderung angekündigt. In der Vergangenheit seien nur 30 bis 50 Prozent der in einem Haushaltsjahr veranschlagten Mittel auch tatsächlich in diesem Jahr ausgegeben worden. Demnach mussten städtische Bauprojekte unter anderem deshalb verschoben werden, weil Kapazitäten zur Planung und Projektsteuerung im Baudezernat fehlten. Leibes Konsequenz: Im Entwurf für den neuen Doppelhaushalt sei zwar der gesamte Investitionsbedarf von rund 140 Millionen Euro eingestellt. Diese Summe soll jedoch im Lauf der Haushaltsberatungen deutlich reduziert werden. Weniger wichtige Maßnahmen sollten auf später verschoben werden. Der Beschluss des Haushalts steht in der Ratssitzung am 13. Dezember an.
Die ADD verlangt nun offiziell die Reduzierung, lässt allerdings ein Hintertürchen offen: "Wenn sich wider Erwarten ein höherer Investitionskreditbedarf ergeben sollte, kann die Stadt jederzeit eine Nachgenehmigung erhalten."
Das Schreiben der ADD traf am Donnerstag vorab per E-Mail bei der Stadt ein. Am Abend nahm OB Leibe im Stadtrat dazu Stellung: "Die Weiterführung von wichtigen Investitionsmaßnahmen ist dadurch nicht gefährdet." Die ADD habe keine Investition inhaltlich bewertet oder eine Genehmigung versagt: "Investitionsmaßnahmen sind allenfalls geschoben - nicht gestrichen. Die Entscheidung hierzu bleibt zunächst bei der Stadt Trier."

EXTRA
Zu den größten Einzelinvestitionen im Haushaltsentwurf 2017/18 der Stadt Trier zählen unter anderem sozialer Wohnungsbau im Baugebiet BU 14 (Filsch) und in Mariahof (9,7 Millionen Euro Kreditbedarf), Sanierung städtischer Wohnungen in Mariahof (4,5 Millionen), Neubau der Kita Im Freschfeld (Filsch, 4 Millionen Euro), Sanierung Exhaus (1,1 Millionen), Sanierung Theater (8,5 Millionen Kreditbedarf), Umbau der Integrierten Gesamtschule Wolfsberg (5,3 Millionen), Sanierung der Halle Mäusheckerweg (5,7 Millionen).

MEINUNG
Neuer Zwang zum Realismus
Die erste Aufregung im Bauausschuss über die rigide Forderung der ADD an die Stadt Trier war groß. Bei näherer Betrachtung sieht alles nicht so dramatisch aus wie befürchtet. Allerdings handelt es sich schon um eine Zeitenwende, und die Botschaft ist klar: Es soll endgültig Schluss sein mit riesigen Wunschlisten der Kommunen, die diese dann selbst nur zu einem Bruchteil abarbeiten können. Sei es, weil Personal fehlt oder weil erhoffte Zuschüsse ausbleiben.
Aus Bürgersicht bringt es weitaus mehr Transparenz, sich bei der Auflistung der Investitionen auf diejenigen zu konzentrieren, deren Umsetzung im betreffenden Haushaltsjahr tatsächlich zu erwarten ist. Auch wenn genau das mitunter schwierig einzuschätzen ist, da von verschiedenen inneren und äußeren Faktoren abhängig: Der neue Zwang zum Realismus ist offenbar nötig, damit der Haushaltsplan kein Muster ohne Wert bleibt.
m.hormes@volksfreund.de

.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort