UPDATE: Trier: Brutaler Raub wird neu verhandelt

Trier · Weil das Trierer Landgericht einen Formfehler gemacht hat, muss der Prozess um den schlimmen Raubüberfall auf einen Mariahofer Rentner wiederholt werden. Das Landgericht hatte den Angeklagten zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Sein Rechtsanwalt will nun seine Entlassung aus der Haft beantragen.

Er war im Februar 2015 in seiner eigenen Wohnung fast zu Tode geprügelt worden. Anschließend ließen der oder die Täter den Mariahofer Rentner in seiner eigenen Blutlache liegen. Erst am nächsten Tag fanden die Angehörigen den bis dato rüstigen 83-Jährigen, der seitdem ein Pflegefall ist.
Gegen zwei Männer - der eine damals 41 Jahre alt und wohnhaft in Trier, der andere ein 34-Jähriger mit Wohnsitz im Westerwald - erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Beim anschließenden Gerichtsprozess waren die Beweise allerdings so schwach, dass Richterin Petra Schmitz den Trierer freisprechen musste. Durch den Freispruch wurde der zweite Angeklagte vom Mittäter zum alleinigen Haupttäter. Auf diese Änderung des Urteils im Vergleich zur Anklage hätte das Gericht laut Strafprozessordnung den Mann hinweisen müssen. "Dieser Hinweispflicht ist die Kammer allerdings nicht nachgekommen", räumt Marcel Heinemann, Pressesprecher des Gerichts, auf TV-Nachfrage ein.

Der Bundesgerichtshof hat deswegen das Urteil de Ersten Großen Strafkammer des Trierer Landgerichts unter Vorsitz von Richterin Petra Schmitz aufgehoben. Der Rechtsanwalt des Verurteilten, der Trierer Rechtsanwalt Christian Hölzen, habe "zu Recht beanstandet nicht auf die Veränderung eines rechtlichen Gesichtspunkts hingewiesen worden zu sein" - sprich: dass das Gericht seinen Mandanten vom Mit- zum Haupttäter gemacht hatte - begründet der BGH seine Entscheidung. "Nach der Aufhebung des Urteils werde ich für meinen Mandanten die Entlassung aus der Haft beantragen", erklärte Rechtsanwalt Hölzen am Donnerstag im Gespräch mit dem TV.
Das Gerichtsverfahren muss nun von der für Revisionsprozesse zuständigen Dritten Großen Strafkammer des Trierer Landgerichts unter Vorsitz von Richter Armin Hardt wiederholt werden.

Der brutale Raubüberfall auf den Trierer Rentner ist eins der schwersten Verbrechen der vergangenen Jahre in Trier. Harte Beweise fehlten gegen den verurteilten Haupttäter und den letztlich freigesprochenen Mann, der die Sache eingefädelt haben sollte, allerdings. Bereits bei Prozessauftakt im November 2015 hatte Staatsanwalt Wolfgang Barrot erklärt, dass "wohl ein langwieriger Indizienprozess geführt werden muss und wir sehen müssen, was wir den Angeklagten nachweisen können". Hauptbeweismittel war ein Stück Packpapier mit den Fingerabdrücken des Hauptangeklagten, das an einem Rundweg in Nähe des Tatorts gefunden worden war. Die Beweislage gegen den zweiten Angeklagten, der die Tat geplant haben sollte, waren noch dürftiger: Seine Telefonnummer war unmittelbar vor und nach der Tat von einem Mobiltelefon angerufen worden, von dem zwei Tage zuvor auch bei dem Rentner durchgeklingelt worden war.

Auch nach der Urteilsverkündung am 22. Februar dieses Jahres blieben Fragen offen. So hatte die Polizei Fußabdrücke und DNS-Spuren von einer dritten Person am Tatort festgestellt. Wer der oder die Unbekannte ist, konnte nicht ermittelt werden. Was die Täter erbeutet haben, ist ebenfalls unbekannt: Die Geldsumme von 1200 Euro war von der Staatsanwaltschaft geschätzt worden. Auch über den angeblich gestohlenen Schmuck gab es nur vage Angaben. Gefunden wurde bei den Angeklagten, die sich beide während des Prozesses nicht äußerten, weder Bargeld noch Schmuck.

Im Revisionsverfahren muss der Fall komplett neu aufgerollt werden. Alle Beweise werden erneut unter die Lupe genommen, alle Zeugen neu vernommen. Dabei kann es dazu kommen, dass die neue Kammer die Beweislage anders beurteilt. Zu einer längeren Haftstrafe als die bereits verhängten neun Jahre darf das für den Angeklagten allerdings nicht führen. Egal, was bei dem neuerlichen Prozess noch zutage kommt: Der aus Mangeln an Beweisen freigesprochene ursprüngliche Mitangeklagte darf nicht noch einmal angeklagt werden.
Ein Termin für die Verhandlung steht noch nicht fest.

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