Ursulinen geben Kloster in Ahrweiler auf: Der ganze Orden zieht nach Trier

Trier/Ahrweiler · Das Mutterkloster der Ursulinen in Ahrweiler steht nach 178 Jahren vor dem Aus. Die Schwestern ziehen um nach Trier, wo ihr Orden schon auf eine lange Geschichte zurückblickt. Die Zukunft der Kongregation ist mehr als ungewiss.

 Das war einmal: Ende der 90er-Jahre sah das Ursulinen-Gelände in Trier aus der Vogelperspektive noch so aus. Auf großen Teilen des Grundstücks wurden dann Wohngebäude errichtet. Foto: TV-Archiv/Josef Tietzen

Das war einmal: Ende der 90er-Jahre sah das Ursulinen-Gelände in Trier aus der Vogelperspektive noch so aus. Auf großen Teilen des Grundstücks wurden dann Wohngebäude errichtet. Foto: TV-Archiv/Josef Tietzen

Trier/Ahrweiler Rückzug ins Kloster nach Trier-Heiligkreuz: Die Ursulinen geben nach 178 Jahren ihr Mutterhaus auf dem Calvarienberg auf und verlassen Ahrweiler. Finanziell und personell können sie das Kloster nicht weiter betreiben. Ihre beiden Schulen auf dem dortigen Calvarienberg werden - wie ihre anderen in Aachen, Krefeld und Trier (Blandine-Merten-Realschule) - in eine Stiftung überführt. Bereits 1996 hatte das Bistum Trier auf Wunsch des Ordens die Trägerschaft über das Angela-Merici-Gymnasium übernommen.
"Wir möchten sicherstellen, dass unsere Schulen im Geist der Ursulinen weitergeführt werden, orientiert am bestehenden Profil und Leitbild. Das ist unser Werk, unser Erbe. Das liegt uns am Herzen", sagt die Generaloberin der Ursulinen-Kongregation, Schwester Maria Monheim. Sie wird im Sommer gemeinsam mit zwölf weiteren Schwestern ins Konvent nach Trier-Heiligkreuz umziehen, drei Schwestern bleiben in Ahrweiler. "Wir müssen den Calvarienberg verlassen, weil sich uns seit mehr als 20 Jahren keine jungen Frauen mehr angeschlossen haben. Während die Mitglieder unserer Gemeinschaft weniger und immer älter werden, sind uns die Kosten über den Kopf gewachsen." Allein in den vergangenen zehn Jahren seien 29 Schwestern gestorben. Noch vor 50 Jahren hätten 100 Ordensfrauen weitgehend autark die Arbeit in Kloster und Schulen gemeistert.
Die große Klosterkirche in Ahrweiler soll profaniert werden. Der neugotische Schwesternchor aus dem Jahre 1897 bleibt erhalten, die wertvolle Kreuzigungsgruppe (um 1500) wird dort einen neuen Platz finden, damit Blandinen- und Kreuzpilger hier auch weiter eine Stätte des Gebets vorfinden. Auch das Reliquiar der 1987 seliggesprochenen Schwester Blandine Merten (siehe Extra) bleibt zur Verehrung weiter zugänglich.
"Wir haben einen Investor gefunden, der alles kauft und der über viel Erfahrung im Umgang mit Denkmälern verfügt, die Aachener Landmarken AG", berichtet die Generaloberin. Verkauft werden das denkmalgeschützte Kloster aus dem Jahre 1630, das die Ursulinen 1838 von den Franziskanern übernommen hatten, die Kirche und zwei unbebaute, angrenzende Grundstücke mit der ehemaligen Ökonomie und dem Klostergarten. Insgesamt 27 000 Quadratmeter.
"Wir müssen da durch und unseren Weg mit Würde annehmen", sagt Schwester Maria. Das Gebet und der große Zuspruch von Menschen, darunter viele ehemalige Schülerinnen und Lehrer, in Form von Briefen, Mails und Telefonaten schenke Kraft.
Und die brauchen die Schwestern, wenn sie in diesen Tagen die vielen Zimmer und Räume in Internat, Kloster und Kirche räumen müssen. Das weitläufige Klosterterrain mit seinen vielen langen Fluren, Wegen und Gängen ist für die Ordensfrauen (die jüngste ist 45, die älteste 88 Jahre) eine Herausforderung, der Auszug ein hartes Stück Arbeit.
Bei den beiden letzten Flohmärkten mit Möbeln, Porzellan, Büchern und Handarbeiten waren die Schwestern bereits nach Mittag ausverkauft. "Als Wallfahrtsort sind wir schon einiges an Prozessionen gewohnt, aber dieser Andrang sprengte alle unsere Vorstellungen." Der Erlös soll in die Schul-Stiftung fließen.
Die Trennung von ihrem Mutterhaus sei ein langer, schmerzvoller Prozess gewesen. "Wir haben schon seit mehr als zehn Jahren gewusst, dass wir den Calvarienberg nicht halten können, aber immer wenn der Generalrat zusammentrat, haben wir das Thema tabuisiert. Doch bei der letzten Zusammenkunft haben 26 von 28 Schwestern dem Verkauf von Kloster und Kirche zugestimmt."
Und wie sieht die Generaloberin die Zukunft Ihrer Kongregation? Schwester Maria: "Konkret sehe ich drei Möglichkeiten: Die erste: Wir sterben in Würde und bekommen ein ehrendes Gedenken, wie es oft in Nachrufen heißt. Die zweite: Wir haben unsere Aufgabe in unserer Zeit erfüllt und dürfen sie - wie beim Staffellauf - an jüngere geistliche Gemeinschaften weitergeben. Die dritte: In Jes 11,1 heißt es: Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor. Wenn Gott will, kann er uns Alten noch eine ganze Gruppe junger Frauen schicken. Gott überrascht uns oft mit dem, was er tut."Extra: ANGELA MERICI WAR EINE VISIONÄRIN

 Das Kloster der Ursulinen in der Bernhardstraße in Trier-Heiligkreuz, 1955 auf dem Gelände der Villa Neuerburg aufgebaut. Es wird künftig zwölf weitere Ordensschwestern beherbergen. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Das Kloster der Ursulinen in der Bernhardstraße in Trier-Heiligkreuz, 1955 auf dem Gelände der Villa Neuerburg aufgebaut. Es wird künftig zwölf weitere Ordensschwestern beherbergen. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Foto: Sandra Blass-Naisar (sbn) ("TV-Upload Blass-Naisar"
 1999 begann der Abriss des Ursulinen-Kongregationsgebäudes. Viele Trierer erinnern sich noch an das markante Glockentürmchen. Foto: TV-Archiv/Josef Tietzen

1999 begann der Abriss des Ursulinen-Kongregationsgebäudes. Viele Trierer erinnern sich noch an das markante Glockentürmchen. Foto: TV-Archiv/Josef Tietzen


1535 gründete Angela Merici in Brescia, Oberitalien, mit 28 Gefährtinnen die Gesellschaft der hl. Ursula (Ordo Sanctae Ursulae, OSU). Ihre Spiritualität legte sie in ihren Schriften dar: in der "Regel", den "Ricordi" (Gedenkworten) und den ",Legati" (Vermächtnis). Angela Merici verband Weltoffenheit und religiöse Bindung in einer Weise miteinander, wie es für Frauen bis dahin kaum möglich war. Sie war auch die erste Frau, die je für eine Frauen-Gemeinschaft eine eigene Regel schrieb, progressiv für die damalige Zeit. Die ersten Ursulinen lebten nicht weltabgeschieden wie bei Ordensfrauen sonst üblich, sondern blieben integriert in ihre Familien und in die Gesellschaft. Nach dem Tode Mericis am 27. Januar 1540 breitete sich die "Gesellschaft der hl. Ursula" sehr schnell aus. Merici wurde im Volk schon bald als Heilige verehrt. 1807 wurde sie heiliggesprochen. Sie hat keine Schulen gegründet, sie war keine Lehrerin nach heutigem Verständnis. Ihr ging es darum, unwissende, vielfach gefährdete junge Menschen durch ihre mütterliche Zuwendung aufzurichten, sie zu leiten und sie auf der Grundlage des Evangeliums zu sich selbst und zu einem lebendigen Glauben zu führen.
Mehr zur Geschichte des Ordens in Trier unter diesem Link.

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