Urteil in Trier: VW-Fahrer darf Auto mit Schummel-Software zurückgeben

Trier · Das Trierer Landgericht verurteilt einen VW-Händler, weil er ein Auto mit Schummel-Software verkauft hat. Der Besitzer darf den Wagen zurückgeben.

28.068 Euro. Soviel bezahlte ein Mann aus dem Kreis Trier-Saarburg vor vier Jahren für einen neuen VW Touran bei einem Volkswagen-Händler in seiner Nähe. Als er sich den Zwei-Liter-Turbo-Diesel zulegt, da ahnt er noch nichts vom Abgas-Skandal. Nichts von Abschalt-Elektronik und ähnlichen Schummeleien, mit denen VW und andere Autobauer die Abgaswerte für Laborwerte beschönigten. All das wurde erst 2015 bekannt, als der Mann das Familienauto schon zwei Jahre gefahren ist. Bis dahin glaubte er, wie andere betrogene VW-Kunden, dass er einen sauberen Diesel fährt, dessen Schadstoffausstoß die von der EU verlangte Euro-5-Norm einhält.

Doch dann kam der Abgas-Skandal ans Licht. VW hat in seinen Diesel-Autos eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung verwendet, um die US-amerikanischen Abgasnormen zu umgehen. Die installierte Software, die für die Abgaskontrollanlage zuständig ist, erkennt, Prüfsituationen, wenn der Wagen etwa bei der Abgasuntersuchung ist. Im normalen Straßenverkehr schaltet dieses Abgasrückführsystem ab.

Wie allen anderen betroffenen VW-Fahrern bot der Autobauer auch dem Mann aus dem Kreis Trier-Saarburg an, dass sein Touran in der Werkstatt nachgerüstet wird. Doch der Mann geht darauf nicht. Er tritt vom Kaufvertrag zurück, verlangt von dem Händler, den Wagen zurückzunehmen. Begründung: Das von ihm gekaufte Auto sei mangelhaft, weil der Schadstoffausstoß die Vorgaben der Euro-5-Norm um ein Vielfaches überschreite. Außerdem sei der Mangel durch das angebotene Software-Update in der Werkstat nicht zu beheben.

Verständlicherweise wehrt sich der Händler gegen die Vorwürfe. Das Auto sei nicht mangelhaft, erfülle alle Voraussetzungen der Euro-5-Norm. Daher dürfe er nicht vom Kaufvertrag zurücktreten.

Daraufhin verklagt der Mann den Händler. So landet der Fall vor dem Trierer Landgericht, wo die fünfte Zivilkammer in dieser Woche das Urteil gefällt hat. Selten habe ein Gericht in Sachen Abgasskandal so deutlich geurteilt, wie das Trierer, sagt de Anwalt des Mannes, Christof Lehnen. Er und seine Kanzlei sind mittlerweile spezialisiert auf Klagen gegen VW (der TV berichtete). Richter Wolfgang Specht stellte in seiner Urteilsbegründung klar, dass der Touran mangelhaft sei, weil er nicht die Voraussetzungen der Abgasvorschriften nicht erfülle. "Dem Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vor schädlichen Fahrzeugemissionen wäre in keiner Weise gedient, wenn die aufwendigen technischen Maßnahmen zu deren Reduzierung nur unter Laborbedingungen wirken würden", heißt es in dem Urteil. Nach Ansicht des Richters, ist der Händler nicht in der Lage gewesen, den Mangel zu beseitigen. In einem Schreiben an den Käufer habe er vordergründig "technische Maßnahmen zur Behebung von Unregelmäßigkeiten" angekündigt.

Der Händler habe seine Pflicht erheblich verletzt, weil er den Mangel verschiegen habe. Das verkaufte Auto habe nicht der erteilten Typengenehmigung entsprochen. Der ordnungsgemäße Zustand des Wagens habe erst durch die Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung hergestellt werden können.

Auch im Hinblick auf VW selbst findet der Richter deutliche Worte: Es gehöre zur Verteidigungsstrategie des Konzerns, dass er seine Vertragshändler dazu anhält, sich gegenüber den Käufern "um das Eingeständnis eines Sachmangels" an den Diesel-Autos herumzuwinden und diesen, etwa in Rechtsstreits, zu bestreiten. Damit sei das Vertrauen des Käufers in die Redlichkeit des Autobauers zerstört, so der Richter. Im Urteil heißt es: "Für den Kläger muss sich der Eindruck aufdrängen, dass die Volkswagen AG ihn nicht ernst nimmt, über Wesentliches falsch, unvollständig oder gar nicht informiert." Bei der Bewältigung der Folgen des Abgas-Skandals sei VW "rücksichtslos darauf bedacht", den Schaden für die eigene Unternehmensgruppe möglichst gering zu halten. Daher, so der Richter, habe der Touran-Käufer das Recht, vom Kaufvertrag zurückzutreten, seinen Wagen zurückzugeben und dass der Händler ihm 9872,20 Euro plus Zinsen zahlen muss (Az.: 5 O 298/16). Das Auto war finanziert. Der Käufer hat den Kaufpreis noch nicht komplett gezahlt, sondern nur einige Raten. Diese soll er nach Ansicht des Gerichts alle zurückbekommen abzüglich des Ersatzes für die gefahrenen Kilometer. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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