Verbandsgemeinde Ruwer vor Kurswechsel bei der Windkraft

Waldrach/Fell · Der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Ruwer soll am heutigen Mittwoch über neue Windkraftgebiete entscheiden. Die angedachte Fläche bei Waldrach ist aber offenbar tabu, weil die Fledermausvorkommen im nahen Feller Tal laut Naturschützern "bundesweit einmalig" sind. Das Land hat dies noch nicht bestätigt. Laut VG-Chef steht dennoch ein "Kurswechsel" bevor.

Waldrach/Fell. Mit einem Paukenschlag endete am 12. März die Sitzung des Verbandsgemeinderats Ruwer. Der Rat musste einen wichtigen Windkraftbeschluss vertagen (der TV berichtete).

Das Problem:
Der Naturschutzbund (Nabu) Region Trier hatte Einspruch gegen die VG-Pläne erhoben, an der B 52 bei Waldrach weitere Windräder zu erlauben. Laut Nabu ist das benachbarte Fellerbachtal ein "Fledermausmassenquartier von nationaler Bedeutung" und Windkraft im Fünf-Kilometer-Umkreis tabu.

Haltung von VG und Land:
Die VG Ruwer habe die Fledermausvorkommen bei Fell bisher als "regional bedeutsam" eingeschätzt, sagt Bürgermeister Bernhard Busch (FWG). Für diesen Fall gelte der Fünf-Kilometer-Abstand nicht. Wer nun richtig liegt, muss das Mainzer Umweltministerium klären: "Aber es gibt noch immer kein klares Signal, obwohl wir es dringend brauchen", sagt Busch. Denn am heutigen Mittwoch, 30. April, muss der VG-Rat entscheiden, wie es in Sachen Windkraft weitergeht. Es werde geprüft, ob den Fledermausvorkommen im Fellerbachtal "im Vergleich zu anderen Vorkommen in Rheinland-Pfalz nationale Bedeutung zukommt", teilt das Umweltministerium auf Anfrage mit. Man habe "Experten und Fledermausfachinstitutionen" um Bewertungen gebeten, ein Ergebnis liege noch nicht vor.

Das sagen Naturschützer:
Für Manfred Weishaar vom Nabu ist die Sache klar. Mit seinen Mitarbeitern hat er 19 Fledermausarten in den ehemaligen Bergwerken des Feller Tals nachgewiesen, darunter die streng geschützte Bechstein- und Mopsfledermaus. Für letztere habe das Tal "herausragende Bedeutung als Winterquartier". Die Artenfülle dort sei "einmalig in Deutschland". Der "Naturschutzfachliche Rahmen zum Ausbau der Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz" von 2012 empfehle eine Tabuzone für Windräder im Fünf-Kilometer-Radius um "national bedeutende Wintermassenquartiere schlaggefährdeter Arten" - bis die Gefahr für die Tiere "eindeutig geklärt" sei.
Dieser Nachweis ist laut Weishaar "furchtbar schwierig", da die Fledermaus-Kadaver "schnell von Aaskäfern vergraben" würden. In Fell seien noch "umfangreiche Untersuchungen" nötig.
Diese Einschätzung teilt Eurobats, ein europaweites Abkommen zum Erhalt gefährdeter Fledermäuse mit Sekretariat in Bonn. Exekutivsekretär Andreas Streit hält den Quartierverbund bei Fell für "einen der bedeutendsten in Westdeutschland", dem wegen des Vorkommens der in Deutschland sehr seltenen Großen Hufeisennase sogar "internationale Bedeutung" zukomme. Für Windräder sei ein "Mindestabstand von fünf Kilometern oder mehr dringend geboten".

Neuer Kurs:
VG-Chef Busch stellt klar: "Wenn das Land uns das offiziell bestätigt, dann lassen wir die Finger davon." Bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans (FNP) stehe dann ein "massiver Kurswechsel" bevor. Denn laut Kreisverwaltung Trier-Saarburg, die den Plan genehmigen muss, darf die VG ihr restliches Gebiet erst dann für Windkraft sperren, wenn es zu Arten- oder Gewässerschutz klare Aussagen der Landesbehörden gibt. Die fehlen laut Busch bisher: "Deshalb öffnen wir im Süden zwei Drittel der VG-Fläche wieder für Windkraft." Weil es im Osburger Hochwald drei Mopsfledermaus-Wochenstuben gibt, wollen zwei Betreiber Untersuchungsmasten bei Beuren (VG Hermeskeil) und Schöndorf finanzieren. "Damit soll geklärt werden, ob die Tiere überhaupt in Höhe der Rotoren fliegen." Das Land habe zugesagt, anhand dieser Ergebnisse die Schutzabstände zu prüfen. Zuvor müsse aber das laufende Planverfahren angehalten und der Landschaftsplan (siehe Extra) für etwa 180 000 Euro fortgeschrieben werden. Die Verwaltung werde dem Rat am Mittwoch (16 Uhr, Rathaus Waldrach) einen entsprechenden Beschluss vorschlagen.
Extra

Mit einem Landschaftsplan regeln Städte und Gemeinden, wie sich Natur und Landschaft in den nächsten zehn bis 15 Jahren entwickeln sollen. Der Plan wird für das gesamte Gemeindegebiet aufgestellt und dient als ökologische Grundlage etwa für die Flächennutzungsplanung. Der Landschaftsplan orientiert sich an Grundsätzen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Er gibt zum Beispiel vor, wie unbebaute Flächen in den Dörfern genutzt werden, wie weit sich die Siedlungsgebiete ausdehnen sollen und an welchen Stellen Wald- und Naturschutzgebiete einzurichten sind. Der Landschaftsplan muss geändert werden, wenn wesentliche Veränderungen von Natur und Landschaft bevorstehen, etwa durch neue Vorranggebiete für Windräder. cweb

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