Schutz vor Starkregen und überlaufenden Bächen Gemeinsam im Kampf gegen Hochwasser

Schweich/Ruwer/Fell/Zemmer · Einheimische sollen sich mit ihren Ortskenntnissen an einem Konzept zum Schutz vor Starkregen und Hochwasser in der Verbandsgemeinde Schweich beteiligen – auch in Ortsgemeinden, die nicht an der Mosel liegen.

 Wenn kleine Bäche zu reißenden Fluten werden: Das Archivbild zeigt den Katzenbach in Udelfangen, der im Jahr 2003 über die Ufer getreten ist.

Wenn kleine Bäche zu reißenden Fluten werden: Das Archivbild zeigt den Katzenbach in Udelfangen, der im Jahr 2003 über die Ufer getreten ist.

Foto: vetter friedemann

Zemmer am Samstagabend. Es regnet stark, kurze Zeit später sind die Töfperstrasse, die Heidweilerstrasse und die Gruhbachstrasse überflutet. Die Freiwillige Feuerwehr Zemmer rückt an, um die Schäden zu beseitigen.  Der aktuelle Fall aus der Verbandsgemeinde Trier-Land zeigt, wie nötig Hochwasserschutz ist. Im Vergleich zu anderen Ereignissen in der Vergangenheit ist er jedoch relativ harmlos – hier nur ein paar Beispiele: Über 120 Kubikmeter Geröll und Schlamm hat der Geichbach in Kenn (Verbandsgemeinde Schweich) im Juni 2012 vom Berg herunter in den Ort geschwemmt. Zwei Dutzend Keller liefen voll. Der Fellerbach ist im Juni 2016 in Fell ebenfalls zu einem reißenden Sturzbach geworden. An der Messstelle Pölich seien zum Höhepunkt des damaligen Gewitters bis zu 45 Liter Regen pro Quadratmeter in einer Stunde niedergegangen. Wenige Zentimeter mehr, und die braune Bachbrühe hätte sich in die Ortsmitte von Fell ergossen. Wenn der Schlamm im Ort dann die Kanäle verstopft, ist das Hochwasser fast nicht mehr aufzuhalten. Es muss also vorher gehandelt werden, und es braucht einen Notfallplan – auch in Orten, die nicht direkt am Fluss liegen. Städte in Flussnähe wissen oft eher um die Gefahr des Hochwassers.

Die Bürgerbeteiligung Die Verbandsgemeinde (VG) Schweich veranstaltet dieses Jahr zum Thema Starkregen Workshops. Bei diesen will sie mit Beteiligung der Bürger in 14 Ortsgemeinden und unter der Leitung des Planungsbüros Hömme Konzepte entwickeln zur Hochwasservorsorge. „Die Erfahrungen der Menschen vor Ort sind für die Entwicklung eines Konzepts essentiell. Wir können das nicht nur von oben bestimmen“, sagt VG-Büroleiter Wolfgang Deutsch.

Mit den Workshops will er die Bürger auch für das Thema sensibilisieren. Armin Kopp, der in der VG für Hochwasser zuständig ist, kündigt an: „Gemeinsam erarbeiten wir, wo der jeweilige Ort besser geschützt werden kann, und inwieweit sich die Bürger auch selbst schützen müssen.“ Denn neben der öffentlichen ist auch die private Überflutungsvorsorge Pflicht, so heißt es im deutschen Wasserhaushaltsgesetz (siehe Info).

Die öffentliche Vorsorge
Bei der Auftaktveranstaltung am Dienstag, 4. Februar, um 19 Uhr im Bürgerzentrum in Schweich informiert die VG zum Hintergrund und zur Zielsetzung des Projektes und stellt das Verfahren vor. Auf der eigens zum Thema eingerichteten Webseite vgschweich.hochwasserschutz-konzept.de können die Gemeinden die Termine einsehen, für die ein Workshop in ihrem Ort vorgesehen ist. Sie finden zwischen 17. März und 23. November statt.

Es gehe dabei nicht nur bauliche Maßnahmen, sondern auch um Verfahrensabläufe im Ernstfall. „Wenn es zu Hochwasser kommt, soll jeder wissen, wo er helfen kann. Das ist ein Zusammenspiel aus vielen Beteiligten, wie zum Beispiel Feuerwehrleuten, Technisches Hilfswerk oder Nachbarn“, so Deutsch.

Die private Vorsorge
Kopp nennt mögliche Maßnahmen, die Privatleute zur Vorsorge treffen könnten, die in den Workshops eingehender diskutiert werden: „Schon mit moderatem Aufwand kann man große Effekte erzielen, indem man zum Beispiel Notabflüsse ums Haus herum zieht oder kleine Mauern baut.“ Die öffentliche Vorsorge könnte so aussehen, dass man zum Beispiel eine Mittelrinne in Straßen einbaue, so dass das Wasser nicht in die Häuser, sondern direkt in die Kanalisation fließt.

In Fell habe man zum Beispiel den Auenbereich ausgeweitet, Gewässer renaturiert und künstliche Einengungen gemacht, so dass das Wasser zeitverzögert abfließt. Wie der TV 2016 berichtete, waren Retentionsflächen des Fellerbachs beim oben beschriebenen Starkregen schon angelegt. Nur deshalb sei man mit einem blauen Auge davongekommen. Allerdings war die Umgestaltung noch zu neu und nicht bewachsen, so dass es dennoch zu Schäden kam. Kopp sagt: „In unserer VG sind fast alle Gewässer schon renaturiert. Damit haben wir die Hochwassergefahr deutlich reduziert.“ In Kenn habe man bis 2018 als Pilotprojekt ein Vorsorgekonzept erstellt und könne von den Erkenntnissen nun profitieren. Mit Hilfe eines digitalen Geländemodels sei zum Beispiel sichtbar, wohin Wasser abfließt.

Die anderen Gebiete
Die VG Konz arbeitet seit 2018 an ihrem Hochwasserschutzkonzept., Saarburg-Kell und Hermeskeil wollen ebenfalls eines erstellen. Die Stadt Trier informiert zurzeit die Bürger in allen Stadtteilen über das Thema. Zudem hat sie einen Flyer herausgegeben, der auch Informationen zum Selbstschutz gibt (www.trier.de/File/trie-hochwasser-starkregen-flyer-rz.pdf). So können beispielsweise Kellerwände abgedichtet werden, damit kein Wasser von außen durch Mauerwerk dringt. Eine Rückstauklappe kann verhindern, dass sich Wasser aus der Kanalisation ins Haus drückt. Barrieren sowie druckwasserdichte Fenster und Türen verhindern das Eindringen von Oberflächenwasser. Fallrohre und Dachrinnen sollen freigehalten werden, damit Regenwasser nicht an Häuserwänden herab ins Gebäude läuft. Informationen gibt es beim Tiefbauamt der Stadtverwaltung Trier, Telefon 0651/718-1669, E-Mail tiefbauamt-tr@trier.de

Auch die VG Ruwer möchte ein flächendeckendes Hochwasservorsorgekonzept gemeinsam mit den anderen 18 Ortsgemeinden erstellen. Die Bürgermeisterin Stephanie Nickels sagt: „Die entsprechenden Beschlüsse sind bereits gefasst, die Landesförderung für die Konzeptentwicklung ist beantragt und die Genehmigung des vorzeitigen Vorhabenbeginns liegt vor.“ Farschweiler und Lorscheid hätten bereits Konzepte.

Am 23. April gebe es dann eine Auftaktveranstaltung für interessierte Bürger der VG Ruwer. Hierzu werde aber noch gesondert öffentlich eingeladen. Bei der Arbeit mit und in den Ortsgemeinden wünscht sich Nickels eine rege Beteiligung der Bürger. Sie erwartet eine Landesförderung in Höhe von 90 Prozent (siehe Zweittext). Die nicht gedeckten Kosten werden von der Verbandsgemeinde Ruwer getragen.

 5. Juni 2016:  In Fell droht der Feller Bach über die Ufer zu treten.

5. Juni 2016: In Fell droht der Feller Bach über die Ufer zu treten.

Foto: Agentur Siko
 Die Bilder zeigen Auswirkungen eines Starkregens vom September 2019 in Trier.

Die Bilder zeigen Auswirkungen eines Starkregens vom September 2019 in Trier.

Foto: Rainer Neubert

In der VG Trier-Land ist keine flächendeckende Erstellung von Hochwasserschutzkonzepten vorgesehen, so Johanna Fox, Pressesprecherin der VG. Allerdings seien in mehreren Ortsgemeinden umfangreiche Hochwasserschutz-Maßnahmen umgesetzt worden oder in der Planung (siehe Hintergrund).

Grund für den höheren finanziellen Schaden
Nicht nur die häufiger auftretenden Starkregenereignisse seien das Problem. „Ganz früher waren die Kellerräume anders genutzt als heute“, sagt Wolfgang Deutsch von der VG Schweich. „Da hat man Kartoffeln und den Viez im Keller gelagert“. Heute haben sich Lebens- und Siedlungsbedingungen geändert. Man habe Einliegerwohnungen, Waschmaschinen und Trockner im Keller stehen, so dass bei Hochwasser auch ein erheblich höherer Schaden entstehe. Auch für die Umwelt sei das oft verheerend. Wenn zum Beispiel Öltanks aufgrund des Wassers im Keller umfallen und auslaufen würden, so Deutsch. Schon jetzt können Bürger Fragen und Anregungen zum Prozess oder Hinweise zum Thema Hochwasser über die Webseite an die VG Schweich einsenden Für die Workshops bittet die VG interessierte Bürger um Anmeldung unter Telefon: 06507 / 99 88 3-0 oder per Mail an info@vgschweich.hochwasserschutz-konzept.de

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