Verbraucher geben Gas: Protest gegen Preise

TRIER. Gas kann zu Explosionen führen – diese Weisheit bekommt in letzter Zeit eine neue Bedeutung: Verbraucher gehen angesichts immer neuer Preiserhöhungen in die Luft. Auch in Trier formiert sich Protest. Die Stadtwerke reagieren gelassen.

Erich Clemens' Engagement hat etwas vom Kampf Davids gegen Goliath: Der Konzer Gaskunde fordert die Trierer Stadtwerke (SWT) heraus. Vor einem Jahr hat der Rentner Widerstand gegen eine Gaspreiserhöhung eingelegt, seither zahlt er nur noch den Preis, den er für angemessen hält. Monat für Monat sitzt er mit dem Taschenrechner über der Gasrechnung und tüftelt den Betrag aus, den er dem Gaslieferanten anschließend überweist. "Stellvertreterkrieg" mit den Stadtwerken

Auch Helmut Haag aus Trier liegt mit den SWT im Clinch. Er hat Widerspruch eingelegt, als die September-Erhöhung im Briefkasten lag, und liefert sich seither ein Brief-Duell mit den Verantwortlichen. Rund 40 Gaskunden in der Region widersetzen sich nach SWT-Angaben dauerhaft den Preiserhöhungen und bezahlen nur einen Teil ihrer Rechnungen. Insgesamt seien rund 700 Widersprüche von 400 der insgesamt 28 495 Erdgas-Kunden eingegangen, sagt Stadtwerke-Sprecher Jürgen Slowik. Die meisten Kunden hätten nach "ausführlichen Informationen" doch den vollen Preis gezahlt. Erich Clemens haben die Schreiben dagegen nicht überzeugt. "Als Argument für die Erhöhung wird immer wieder die Ölpreisbindung genannt", sagt er. "Aber wer kann das schon nachprüfen? Der Preis ist zwischen Januar 2004 und Januar 2006 von 3,28 Cent auf 4,55 Cent gestiegen. Ich habe starke Zweifel, dass Erhöhungen in dieser Größenordnung berechtigt sind." Mehrfach habe er die Stadtwerke aufgefordert, die Preiskalkulation offen zu legen Das Ergebnis: "Nichts ist geschehen." Helmut Haags Protest richtet sich mehr gegen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen denn gegen die Stadtwerke. "Das eigentliche Problem liegt auf einer höheren Ebene: in den monopolistischen Strukturen bei den großen Gasimporteuren", sagt der studierte Volkswirt. Mit den Stadtwerken führe er einen "Stellvertreterkrieg". "Aber an welcher anderen Stelle sollen sich die Verbraucher wehren als bei den regionalen Versorgern?" Haag wirft der Politik vor, den Gasversorgern zu wenig auf die Finger zu klopfen - und spannt einen Bogen von Brüssel zu den Reisen von Kommunalpolitikern auf RWE-Kosten: Wo die Grenze zwischen Information und Einflussnahme verlaufe, sei schwer zu beurteilen. "Es gibt Verantwortliche, die die Problematik erkannt haben und eben nicht Mitglied im RWE-Business-Club geworden sind." Erich Clemens setzt darauf, dass die Stadtwerke ihn auf Zahlung des zurückgehaltenen Geldes verklagen, im Prozess ihre Preis-Kalkulation offen legen müssen und die von ihm vermutete Unbilligkeit der Erhöhungen so ans Licht kommt. Helmut Haag fährt eine ähnliche Strategie. In anderen Städten haben sich Bürger zusammengetan und wollen per Sammelklage gegen die regionalen Gasversorger Preissenkungen erreichen. Regelrechte Massenbewegungen sind so entstanden. Clemens und Haag hoffen, dass sich auch in Trier Gaskunden zusammentun. Hans Weinreuter von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz regt die Gründung einer Art Bürgerinitiative an. "Gegenseitige Information und Austausch sind in dieser Situation wichtig.""Ich haben einen gewissen sportlichen Ehrgeiz"

Bei den Stadtwerken geht man gelassen mit dem Protest um. Die Rückstände würden "ganz normal angemahnt", sagt Sprecher Slowik. "In Einzelfallbetrachtungen werden dann gemeinsam mit dem Kunden die weiteren Schritte abgewogen." Clemens und Haag lassen sich nicht beirren und wollen demnächst Anwälte einschalten. "Ich habe als Kaufmann einen gewissen sportlichen Ehrgeiz, in dieser Sache dagegenzuhalten", sagt Haag. Clemens erklärt, als ehemaliger Selbständiger habe er gelernt, sich durchzusetzen. Ich bin Kämpfen gewohnt." Und David hat's ja schließlich auch geschafft. Wer Widerspruch gegen die Gasrechnung eingelegt hat oder einlegen möchte und den Kontakt zu Gleichgesinnten sucht, kann sich bei Erich Clemens unter der Mail-Adresse erichclemens@t-online.de melden. Weitere Infos und Musterbriefe für einen Widerspruch gibt es im Internet unter www.vz-rlp.de und www.gaspreise-runter.de.

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