Vereine haben ihre Zukunft in der Hand

Trier · Der Lebenslauf des promovierten Physikers und ehemaligen Präsidenten der Hochschule Kaisersklautern spricht für sein Bildungsengagement: In Trier wollte sich Professor Konrad Wolf - seit dem 18. Mai Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur - am Freitag einen Eindruck über die Arbeit der Volkshochschule der Stadt (VHS) machen - und nahm sich besonders den Vereinen an.

Trier. "Trier ist bekannt für innovative Bildungsansätze - und dafür, dass diese gelingen", erklärte Minister Konrad Wolf zu Beginn der Pressekonferenz anlässlich seines VHS-Besuchs in Trier. Zwei besondere Programmpunkte formten seine Agenda am Freitag: Wolfs Augenmerk lag zum einen auf dem Lerntreff, ein gemeinsames Projekt der VHS und der Stadtbibliothek Palais Walderdorff (siehe Extra). Zum anderen setzte er sich ein für das Modellprojekt "Engagement braucht Leadership - Initiativen zur Besetzung und Qualifizierung ehrenamtlicher Vereinsvorstände", das am 20. September in Trier beginnt. Der TV ist dabei Medienpartner.
Fast jeder Zweite in Deutschland ist Mitglied in einem Verein. Dennoch nimmt die Zahl derjenigen, die eine ehrenamtliche Aufgabe in Vereinen übernehmen wollen, ab. So gilt es als Herausforderung, Vorstandsposten zu besetzen - gerade bei kleineren Vereinen, die nicht in großen Verbänden organisiert sind. Deshalb initiiert die Robert-Bosch-Stiftung zusammen mit dem Deutschen Volkshochschulverband das Programm zur Unterstützung von Vereinen, das es derzeit an acht Standorten gibt. In Trier soll es von September bis Februar erprobt werden.
Sind wir alle Vereinsmuffel?


"Engagement geht nicht zurück, sondern verlagert sich eher auf kurzfristige Projekte", erklärte Wolf. Es gebe aber auch großen Bedarf bei langfristigen Projekten auf Vereinsebene. Zum Thema soziale Netzwerke und zur Organisation von Aktivitäten übte Bürgermeisterin Angelika Birk mit Wolf den Schulterschluss: "Moderne Medien führen zu einer großen Unverbindlichkeit. Demgegenüber geben Vereine Sicherheit. Gerade in Zeiten, in denen Menschen Ängste haben, brauchen wir diese demokratische Graswurzelbewegung aus den Vereinen heraus." Dennoch müssten die Vereine sich verändern und könnten nicht wie vor 100 Jahren arbeiten.
Die Besonderheit des Vereinsprojekts liegt im demokratischen Aufbau von unten: Zunächst können die Vereine ihren Bedarf in einem sogenannten World Café, der Auftaktveranstaltung, schildern. In einem zweiten Schritt wird ein geeignetes, auf den Bedarf zugeschnittenes Programm erstellt.
Eine zweite Besonderheit ist die barrierefreie Gestaltung. Auch Vereine aus dem Gehörlosenspektrum können teilnehmen. Angesprochen sind alle Vereinsvorstände und Menschen, die Vorstandsaufgaben in Vereinen übernehmen wollen. Die Teilnahme an allen Veranstaltungen ist kostenfrei. Die Anmeldung geht per E-Mail an vereine@vhs-trier.de
Man gehe von rund 40 Vereinen aus, die am World Café teilnehmen werden, sagte Rudolf Fries, Leiter der VHS. Bisher seien es 16 Anmeldungen - darunter etwa Tanzsportvereine oder Campingplatzfreunde. Wer es bis zum 20. September nicht schafft, könne aber auch später noch einsteigen.
Die Zukunft des Programms liegt wohl an den Vereinen selbst: "Wir werden schauen, ob das Angebot von den Vereinen angenommen wird, und bewerten, wie es ankommt." Danach entscheiden die VHS zusammen mit der Robert-Bosch-Stiftung und dem Volkshochschulverband, ob diese Arbeit der Vereinsunterstützung auch in Zukunft ins Programm genommen wird.
"Vereinsarbeit ist Arbeit und Mühe. Diese wollen wir erleichtern", schloss Wolf ab.
Extra

Der Lerntreff besteht seit Mai 2014 in der ehemaligen Multimedia-Abteilung der Stadtbibliothek Palais Walderdorff. Sein Ziel ist es, verschiedene Lerntypen zusammenzubringen: Mancher lernt besser auditiv - durch das Hören eines Lernstoffs, ein anderer visuell - indem er etwas anschaut oder liest. Der Lerntreff ist ursprünglich für deutsche Muttersprachler mit Schwächen beim Lesen und Schreiben konzipiert worden. Inzwischen ist er auch ein Instrument zur Unterstützung von Zugewanderten, die die deutsche Sprache lernen wollen. mey

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