Verhaltenes Interesse am Trierer Jugendparlament

Trier · Im ersten Trierer Jugendparlament sollen sich Zehn- bis 17-Jährige ab 1. Januar 2012 in die Stadtpolitik einbringen können. Die 22 Jugendvertreter sollen im November gewählt werden. Bisher kandidieren jedoch erst 17 Bewerber für das neue Amt.

Trier. Mitwirken, mitreden, mitentscheiden im politischen Geschehen der Stadt Trier: Das sollen Kinder und Jugendliche bald können, im ersten Jugendparlament in der Moselstadt.
Die Bewerbungsfrist für die Kandidaten, die sich im November zur Wahl stellen, läuft noch bis morgen Nachmittag um 16 Uhr. Wählbar und wahlberechtigt sind etwa 6700 junge Trierer zwischen zehn und 17 Jahren mit Wohnsitz im Stadtgebiet. Deren Interesse scheint bisher jedoch gering, nur 17 Bewerbungen lagen bis gestern vor.
Damit es tatsächlich zur Wahl kommt, werden aber 22 Bewerber benötigt. Liegt die Zahl darunter, entfällt die Wahl, und alle Kandidaten sind automatisch im Parlament. Davon geht Jörg Drekopf, einer der Wahlorganisatoren vom Verein Mobile Spielaktion, allerdings nicht aus. "Es hat sich in den letzten Tagen noch einiges getan", sagt er. Zudem gebe es noch unvollständige Bewerbungen von zwei Kandidaten, die noch auf der Suche nach den geforderten zehn Unterstützerunterschriften seien (siehe Extra).

Bekanntheitsgrad noch zu gering


Die bislang geringe Bewerberzahl schiebt Drekopf unter anderem auf die Herbstferien: "Die Kinder hatten Probleme, ihre Freunde für eine Unterschrift zu erreichen." Zudem sei die Jugendvertretung "einfach noch nicht so bekannt" - trotz des Werbens bei Schulleitern, Sozialarbeitern und Schülervertretungen. "Es braucht Zeit, bis so etwas überallhin durchsickert", sagt Drekopf.
Eine Erklärung, warum sich die Trierer Jugend so schwer für eine politische Teilhabe mobilisieren lässt, bietet der Trierer Soziologie-Professor Waldemar Vogelgesang. Das Bildungsniveau spiele eine wichtige Rolle, das Wissen über Jugendvertretungen sei außerhalb der Gymnasien "nicht sonderlich hoch". Information im Vorfeld sei daher besonders wichtig, vor allem über die Rechte und Beteiligungsmöglichkeiten solcher Vertretungen. Zudem, sagt der Soziologe, verbrächten die jungen Leute immer mehr Zeit in der Schule, zum Beispiel in Ganztagsschulen. Diese Zeit trete in Konkurrenz zu anderen Aktivitäten. Noch entscheidender sei aber, "dass die Jugendlichen das Vertrauen in politische Institutionen verloren haben", erklärt Vogelgesang. Vor allem in den Städten. In ländlichen Gegenden - in Morbach und Wittlich bestehen beispielsweise funktionierende Jugendvertretungen - sei das Vertrauen in die Politik noch stärker. "Dort kennen die Jugendlichen den Bürgermeister oft persönlich." Insgesamt, betont Vogelgesang, werde es immer schwieriger, junge Menschen "längerfristig an Verpflichtungen zu binden". Bessere Chancen hätten "kurzfristige, spontane Aktionen mit Bezug zur konkreten Lebenswelt der Jugendlichen".
Wahlorganisator Jörg Drekopf hält es für "nicht unwahrscheinlich", dass die Zahl der Bewerbungen noch ansteigt. Ob man die 22 erreiche, sei aber letztlich "nicht entscheidend". Das Parlament könne auch erst einmal mit 14 Vertretern arbeiten. Es sei ohnehin ein Ziel, das Projekt "langfristig auf eine breitere Basis zu stellen". Über Veranstaltungen und Gespräche in den Stadtteilen sollen später "auch die Jugendlichen einbezogen werden, die nicht kandidiert haben". Dann werde das Interesse bei der nächsten Wahl 2013 "schon ganz anders aussehen".Meinung

Künftig noch offensiver werben
Schule, Fußball, Musikverein - Der Terminkalender von Jugendlichen ist prall gefüllt. Wer da aus der Masse der Freizeitangebote herausstechen will, muss offensiv um die Jugend werben. In dieser Hinsicht gibt es bei den Organisatoren der Jugendparlamentswahl noch Nachholbedarf. Denn die Vertretung ist vielen Schülern noch immer unbekannt. Und die Bewerberzahl liegt deutlich unter 22. Für die nächste Wahl 2013 sollte gezielter in den Klassen selbst informiert werden, etwa mit Hilfe der Klassenlehrer. Wenn dann noch die Wahl-Homepage, bisher in tristem Grau, der Zielgruppe entsprechend aufgepeppt wird, sollten 2013 schon mehr junge Leute für das neue Parlament zu begeistern sein. c.weber@volksfreund.de

Extra

Die Trierer Jugendvertretung soll Kinder und Jugendliche mit demokratischen Entscheidungsstrukturen vertraut machen. Sie kann Anträge im Stadtrat stellen und ist in Ausschüssen vertreten. Bis zum 19. Oktober um 16 Uhr können Kandidaten benannt werden. Bewerbungsformulare gibt es im Bürgeramt oder online unter www. jugendwahl-trier.de. Wer sich zur Wahl stellen will, muss zehn Unterstützerunterschriften von Kindern seiner Altersgruppe einreichen (zehn bis 13 oder 14 bis 17 Jahre). Gewählt wird in diesen beiden Gruppen in Anlehnung an das kommunale Wahlrecht (drei Stimmen) in Schulen und einem öffentlichen Wahllokal. Das Ergebnis soll am 25. November feststehen, die Jugendvertretung am 20. Januar erstmals tagen. cweb

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