"Verhandeln ist ein schwieriges Metier"

Trier/Otzenhausen · Wie können wir wirksame Schritte gegen den Klimawandel durchsetzen? Dieser Frage sind Studierende der Universität Trier nachgegangen, indem sie einen internationalen Regierungsgipfel simuliert haben. Zwei Tage lang verhandelten sie in ihren Rollen als Europäer, Amerikaner oder Asiaten um greifbare Fortschritte.

 An China führt kein Weg vorbei bei der Simulation: Mit Hochdruck arbeiten die Delegierten an einer Abschlusserklärung, die ein chinesischer Diplomat auf seinem Laptop abtippt. TV-Foto: Michael Merten

An China führt kein Weg vorbei bei der Simulation: Mit Hochdruck arbeiten die Delegierten an einer Abschlusserklärung, die ein chinesischer Diplomat auf seinem Laptop abtippt. TV-Foto: Michael Merten

Trier/Otzenhausen. "Ein neues internationales Abkommen zum Klimaschutz ist immer noch nicht in Sicht." So lautet die Schlagzeile - allerdings nur eine fiktive, und sie stammt nicht aus Rio, wo Ende Juni die UN-Umweltkonferenz stattfand, sondern aus Otzenhausen im Saarland. Dort haben sich fast zeitgleich zum realen Gipfeltreffen Studierende der Universität Trier getroffen, um in der Europäischen Akademie eine internationale Regierungskonferenz zu simulieren.
Monatelange Vorbereitung



Monatelang hatten sich die Politikwissenschaftler in einem Seminar zur Internationalen Klimapolitik unter Leitung von Professor Hanns W. Maull auf den zweitägigen diplomatischen Schlagabtausch vorbereitet. Zahlreiche Dokumente und Verträge wie das Kyoto-Protokoll (siehe Extra) wurden analysiert, und jedem Teilnehmer wurde eine Rolle zugewiesen, auf die er sich vorzubereiten hatte.
Dazu wurden sechs Delegationen gebildet: USA, China, EU, Deutschland, Schweden, Indien und Südkorea. "Seien Sie sich Ihrer Rolle bewusst! Kennen Sie Ihren Handlungsspielraum, aber auch Ihre Grenzen", riet Maull den Nachwuchs-Diplomaten - wohlwissend, dass die Gegensätze größer nicht sein könnten.
Denn während die Europäer auf Fortschritte in Sachen Klimaschutz drängen, haben Staaten wie Indien oder China kein Interesse an stärkeren Verpflichtungen zum CO{-2}-Sparen. Das mittlerweile reiche China sieht sich beispielsweise als Entwicklungsland, das Hilfsgelder für sich beansprucht, und auch die Amerikaner wollen wenige Zugeständnisse machen.
Engagiert setzen sich die Europäer für ein neues Klimaschutzabkommen ein, doch die Asiaten wehren sich gegen feste Zugeständnisse. So müssen die Europäer schließlich - ganz wie im echten Diplomatenalltag - recht kleine Brötchen backen, diese aber nach außen als leckere Mahlzeit verkaufen. Die Entwicklungsländer erhalten zwar mehr Geld und neue Technologien, aber in Sachen Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll gibt es keinerlei Fortschritte - der kleinste gemeinsame Nenner.
"Es hat sich rasch gezeigt, dass Verhandeln ein schwieriges Metier ist. Es ist nicht einfach, in komplexen politischen Fragen Kompromisse zu erzielen und Fortschritte zu machen", bilanziert Maull die Tagung, die von der Stiftung Forum für Verantwortung unterstützt wurde. "Die Studierenden machen die Erfahrung, dass sie politische Probleme, die ihnen eigentlich vertraut sind, aus einer neuen Perspektive sehen."
Extra

Noch bis Ende 2012 gelten die Bestimmungen des 1997 beschlossenen Kyoto-Protokolls. Das Abkommen sah erstmals völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für die Begrenzung des Ausstoßes von Treibhausgasen in den Industrieländern vor. Bei der Weltklimakonferenz in Durban 2011 wurde unter anderem beschlossen, dass ab 2013 eine zweite Verpflichtungsrunde des Kyoto-Protokolls in Kraft treten soll. Die Details sind aber noch nicht geklärt; das soll bis zum Weltklimagipfel im November in Katar erfolgen. Aufgrund der Interessenkonflikte zwischen den verschiedenen Staaten konnte bei der Simulation der Uni Trier keine Einigung erzielt werden. mer

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort