Verkehr: Busfahren in Trier ist nur auf den ersten Blick kompliziert

Trier · Fahren mit dem Stadtbus in Trier? Für viele Menschen kein Thema. Für manche von ihnen, weil sie Schwellenangst verspüren und ihnen Ticketerwerb und Umsteigen zu kompliziert erscheinen. Dabei ist das alles gar nicht so schwer - ein Beitrag aus unserer Verkehrsserie.

Trier. Elfriede S. ist 74, wohnt zwei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt und gibt viel Geld fürs Taxi aus. Die Fahrten zum Friedhof, zum Friseur, zum Arzt, zum Kaffeekränzchen, zum Theater oder zum Sonntagskonzert im Brunnenhof lässt sie sich monatlich einen dreistelligen Euro-Betrag kosten. Der Stadtbus, der sie ebenfalls von A nach B bringen könnte, ist für sie kein Thema - aus einem für viele Menschen erstaunlichen Grund: "Ich trau mich nicht, weil ich nicht weiß, wie es geht." Kein Einzelfall.

Die Hemmschwelle: Elfriede S. stammt aus Trier, hat noch die Straßenbahn erlebt (bis 1951 im Einsatz) und ist als junge Frau "oft mit dem Bus gefahren". Später hat ihr Mann sie "mit dem Auto überall hin gebracht". Seit einigen Jahren ist sie Witwe - und Stammkundin eines Taxiunternehmens. Was sie am Stadtbus am meisten irritiert und verunsichert: "Da ist ja kein Schaffner mehr." Also der zweite Mann neben dem Fahrer, bei dem man den Fahrschein erwerben konnte. "Doch, es gibt einen Schaffner", klärt Frank Birkhäuer (60), Direktor des Stadtwerke-Verkehrsbetriebs, auf. "Aber der ist zugleich der Fahrer."

Alles anders als früher: Wie so viele andere Berufe hat sich auch der des Fahrers von Stadtbussen kräftig gewandelt. Rationalisierung heißt das Zauberwort. Anders ausgedrückt: Einer macht den Job, den früher zwei erledigt haben. Und das im Falle der Stadtbusse auch schon seit gut vier Jahrzehnten. Das Ticket kann man beim Fahrer erwerben, doch das ist heute ein eher umständlicher Weg. Die meisten Buskunden haben bereits einen Fahrschein, wenn sie einsteigen, zum Beispiel eine Monatskarte, die man nebst allen anderen Ticketvarianten im Stadtbuscenter an der Treveris-Passage kaufen kann. Weil es den herkömmlichen Schaffner nicht mehr gibt, setzen die Stadtwerke Kontrollteams ein, die in den Bussen nach Schwarzfahrern Ausschau halten. Wer erwischt wird, muss ein "erhöhtes Beförderungsentgelt" von 60 Euro berappen; Wiederholungstätern droht eine Strafanzeige. Die Stadtwerke schätzen, dass von 100 Fahrgästen zwei ohne gültigen Fahrausweis unterwegs sind.

Zwei Tarifzonen: Elfriede S. findet Busfahren, so wie sie es vom Hörensagen kennt, "ganz schön kompliziert", nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Tarifzonen. Vier davon gibt es im Stadtgebiet, und mit dieser Einteilung machen es die Stadtwerke unnötig kompliziert. "Stimmt", räumt Frank Birkhäuer ein, "eine Kern- und eine Ringzone hätten es auch getan". Zumal es ja auch nur zwei Stadttarife gibt: Wer nur in der City fährt, zahlt 2 Euro für den Einzelfahrschein, darüber hinaus sind 2,80 Euro fällig. Tipps für Gelegenheitsfahrer: In beiden Preisklassen werden kräftige Rabatte gewährt. Ein Vier-Fahrten-Ticket kostet jeweils so viel wie drei Einzelfahrscheine. Erhältlich auch beim Fahrer.

Nix verstehn? Apropos Fahrer: Elfriede S. hat gehört, dass manche der Leute am Bussteuer die deutsche Sprache nicht in dem Ausmaß beherrschen, wie es nötig wäre, um Kunden zu beraten. "Das mag in Einzelfällen so gewesen sein, ist aber die absolute Ausnahme", sagt Birkhäuer. Viele der Fahrer hätten einen Migrationshintergrund, aber auch einen schriftlichen Deutschtest absolviert. In der Praxis habe es jedoch vereinzelt Probleme gegeben, "so dass wir uns von den Kollegen trennen mussten". Generell, so Birkhäuer, sei es schwer, "Personal mit hochwertigen Deutsch-Kenntnissen zu bekommen".

Komfort und Ausstattung. Was Elfriede S. sicher gefallen würde: Der spartanische Komfort, den die Busse ihrer Jugendzeit geboten habe, ist gemessen an heutigen Gegebenheiten geradezu vorsintflutlich. Klimaanlage und Plätze für Rollstühle und Kinderwagen sind heute Standard, ebenso Haltestellen-Durchsagen (von Kindern eingesprochen). Fast 90 Prozent der Busse verfügen über eine Videoüberwachung, was laut SWT zu einem deutlichen Rückgang an "Vorkommnissen" geführt hat. Was bald kommt: WLAN in Bussen und Handy-Tickets. Die SWT-Flotte besteht überwiegend aus den "modernsten Dieselbussen weit und breit" (Birkhäuer), der Anteil der Elektrobusse wächst stetig. Und das Image ist besser geworden - Busfahren galt im öffentlichen Ansehen lange als Angelegenheit für Leute, die sich kein Auto leisten können. Überzeugte Buskunden kontern: "Ich fahr im dicken Schlitten mit Chauffeur."

Der Verbund: Seit der Gründung des Verkehrsverbundes Region Trier (VRT) 2000 gibt es in der Stadt Trier und den vier Landkreisen des früheren Regierungsbezirks ein einheitliches Tarifgefüge. Der SWT-Verkehrsbetrieb ist eines von derzeit 17 Mitgliedern (14 Bus- und drei Bahnunternehmen), befördert fast die Hälfte aller Fahrgäste im VRT und erhebt die Fahrpreise, die von der VRT-Verbandsversammlung festgelegt werden. Waren bis 2014 jährliche Erhöhungen die Regel, herrscht wegen der gesunkenen Treibstoffpreise seit vergangenem Jahr Preisstabilität. Auch für 2017 dürften die Tarife unverändert bleiben.

Neue Kundin? Vom TV auf Elfriede S. und ihr Busproblem angesprochen, will Birkhäuer die Rentnerin "gerne mal zum Schnupperfahren einladen und zeigen, dass Stadtbus fahren in Wirklichkeit gar nicht so kompliziert ist".Extra

Die Verkehrs-GmbH der Stadtwerke Trier (SWT) befördert werktäglich 45 000 Fahrgäste (16 Millionen im Jahr) auf ihrem knapp 500 Kilometer langen Liniennetz zwischen Wintersdorf und Morscheid mit 800 Haltestellen. Die 150 Fahrer und 80 Busse sowie die Auftragsunternehmen (z. B. Linie 30 und Schülerverkehr) legen dabei jährlich 4,3 Millionen Kilometer zurück. Der finanzielle Aufwand des Verkehrsbetriebs liegt bei rund 20 Millionen Euro jährlich. Die Einnahmen würden die Kosten "nahezu decken", sagt SWT-Verkehrschef Frank Birkhäuer. Verluste würden SWT-intern ausgeglichen. Das bedeutet: Der Stadtbusverkehr belastet den städtischen Etat nicht. rm.

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