Verkehrsserie, Teil 8: Dauerärger um Trierer Ampeln - Der Traum von der perfekten Welle

Trier · Grün ist die perfekte Welle - doch gibt es so etwas auf den Straßen Triers, wo rote Ampeln für viel Frust sorgen? Der TV hat sich bei Autofahrern und Verkehrsplanern umgehört. Laut einem Trierer Experten läuft es ganz gut.

 Grüne Ampeln, aber nichts geht: Wenn zu viel Verkehr durch die Stadt rollt, bringt die ausgeklügeltste Schaltung nichts. TV-Foto: Friedemann Vetter

Grüne Ampeln, aber nichts geht: Wenn zu viel Verkehr durch die Stadt rollt, bringt die ausgeklügeltste Schaltung nichts. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

Trier. Die Trierer Ampeln lassen viele Bürger Rot sehen. "Da harmoniert doch keine mit der anderen", ist Taxifahrerin Elisabeth Lehnen etwa sicher. Auch Leserin Anita Becker ärgert sich, "dass es so etwas wie eine grüne Welle nicht gibt". Zudem wundert die Konzerin sich nicht über den Volkssport, noch bei dunkelgelb über die Ampel zu huschen: "Weil es dauert, bis man zu den zwei Fahrzeugen gehört, die beim nächsten Grün weiterfahren dürfen!"

Der Kernscheider Norbert Oberbillig hat da eine andere Erfahrung gemacht: "Von Ruwer kommend kann man an der Mosel entlang bis Trier-Süd ohne Halt durchfahren - allerdings nur spät abends, wenn die Straßen frei sind!" Der städtische Verkehrsingenieur Matthias Swoboda versichert jedenfalls: "In Trier gibt es grüne Wellen!" Der 31-jährige Mitarbeiter des Tiefbauamts muss es wissen: Er ist mitverantwortlich für die Steuerung des Netzes aus Lichtsignalanlagen (LSA), wie die Ampeln hochoffiziell heißen.

Zur ersten Trierer Ampel, die im Mai 1958 an der Kreuzung Südallee-Saarstraße in Betrieb ging, sind 76 weitere dazugekommen. 19 haben starre Schaltzeiten, während die Mehrheit intelligent arbeitet, also abhängig vom Verkehrsaufkommen. 70 Ampeln sind dazu mit einem zentralen Verkehrsrechner verbunden. Dessen gesammelte Daten dienen auch dazu, die Schaltungen stetig zu verbessern. Das geschieht in Kooperation mit dem Straßenverkehrsamt und den Stadtwerken, die für die Instandhaltung des Netzes sorgen.

Mit dem Umprogrammieren werden meist externe Ingenieursbüros beauftragt. "Hierfür müssen jedoch die technischen Voraussetzungen gegeben sein", schränkt Swoboda ein: Das zu jeder Ampel gehörende Steuergerät, die Verkabelungen und andere Teile wie die Taster für Fußgänger müssen dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Ist das nicht der Fall ist, ist der finanzielle Aufwand so hoch, dass Änderungen erst im Rahmen umfassender Neubaumaßnahmen möglich sind. Beispielhaft nennt Swoboda die Jakobstraße: Dort regeln seit einiger Zeit separate Ampeln das Fortkommen der Radfahrer. Dass aber selbst auf optimierten Strecken eine verzögerungsfreie Durchfahrt kaum möglich ist, gibt auch Swoboda zu. Denn abgesehen vom sprunghaften Chaos, das die Rush-Hour zwangsläufig mit sich bringt, sei die Programmierung der Anlagen "ein Abwägungsprozess, bei dem viele verschiedene Belange beachtet werden müssen": Oberste Priorität bei der Programmierung habe die Sicherheit "schwacher" Verkehrsteilnehmer, also Fußgänger und Radfahrer.

Schon 1993 hat ein Stadtratsbeschluss der Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ebenfalls hohe Priorität eingeräumt. Dann wird auf eine möglichst hohe Leistungsfähigkeit einzelner Knotenpunkte geachtet - und erst dann eine mögliche "grüne Welle" eingeplant. Professor Roland Trapp findet, "dass es hier eigentlich ganz gut läuft". Der Bauingenieur lehrt und forscht an der Hochschule Trier zur Planung des Verkehrs und hat mit seinem Planungsbüro schon weltweit für möglichst zügiges Weiterkommen gesorgt. Er sieht vor allem die Lage Triers am Fluss problematisch: "Es gibt nur drei Brücken, darunter nur eine moderne, die Uferstraßen sind eng bebaut und lassen kaum Platz für vernünftige Lösungen - da sind Engpässe und Staus nur logisch."

Um diese weiter zu verringern, wünscht sich Tiefbauamtmitarbeiter Swoboda die Eingliederung ausnahmslos aller Knotenpunkte in ein verkehrsabhängiges Steuersystem. Gefragt, welche Lösung er wählen würde, wenn Geld keine Rolle spielte, träumt er von der vollständigen Trennung von Fußgängern, Radfahrern und ÖPNV und dem motorisierten Individualverkehr - wobei letzterer unter die Erde verlagert würde.
Im Boden verschwinden zu können hat sich kürzlich wohl auch ein 30-Jähriger gewünscht, dem eine rote Ampel besonderen Frust verursachte: Nebenan wartende Polizisten erkannten den Mann, gegen den ein Haftbefehl vorlag - und ließen die Handschellen klicken.

Teil 9 der Verkehrsserie erscheint am Dienstag. Dann geht es um die Folgen von Verkehrslärm. Ein Video von einem Ampel-Selbstversuch in Trier und ein Dossier zur Verkehrsserie gibt es unter: volksfreund.de/verkehr Welches sind die schlimmsten Ampeln? Schreiben Sie uns an echo@volksfreund.deExtra

Im Kreis Trier-Saarburg gilt die Stadt Konz mit ihren knapp 18 000 Einwohnern als die Stadt der Kreisel. Die Verkehrsplaner haben dort seit den 1990er Jahren insgesamt zehn Kreisel gebaut. Bald soll in Roscheid der elfte enstehen. Zum Vergleich: Es gibt nur zwei Ampeln im Stadtgebiet. Laut dem Bürgermeister der Stadt und der Verbandsgemeinde Konz, Karl-Heinz Frieden (CDU), erhöhen Kreisel die Verkehrssicherheit an Knotenpunkten. "Vorteile sind ein niedriges Geschwindigkeitsniveau, eine einfache Vorfahrtregelung und gute Sichtverhältnisse", sagt er. Zudem seien Kreisel meist leistungsfähiger als Kreuzungen und Einmündungen mit Ampeln. Die Folge: geringere Wartezeiten, weniger Staus und weniger Zeitverlust für die Verkehrsteilnehmer. Auch optisch seien Kreisel durch Bepflanzung oder Kunstwerke schöner. "Somit sind sie städtebaulich attraktiver", sagt Frieden. Die Stadt Konz habe durchweg positive Erfahrungen gemacht. Aber es gebe auch Kapazitätsgrenzen. Das werde am Paul-Magar-Platz, dem verkehrsreichsten Knotenpunkt in Konz, deutlich, sagt Frieden. Dort entstünden oft Staus in der Schillerstraße. cmkExtra

In Hermeskeil unterhält der Landesbetrieb Mobilität (LBM) insgesamt vier Ampeln, alle im Bereich des Innenstadtrings an der Trie-rer Straße, Koblenzer Straße und St.-Josef-Straße. Laut LBM dienen die Ampeln nicht der Vorrangregelung an Kreuzungen oder Einmündungen, sondern garantieren an häufig genutzten Fußgängerüberwegen die sichere Überquerung, insbesondere für Schüler, die zum Beispiel zum Busbahnhof am Donatusplatz unterwegs sind. Die Ampelschaltung erfolge nach einem Festzeitprogramm, Fußgänger könnten bei Bedarf per Knopfdruck eine Grünphase anfordern, erläutert der LBM. cweb

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