Versorgungszentrum statt Pflegeheim

Die Gemeinde Pluwig strebt den Bau einer Mehrzweckeinrichtung für Senioren an, die auch der Ortsbevölkerung zugutekäme. Ein bisher einzigartiges Projekt in der Region. Die lange Suche nach einem Investor führte nun zur Arbeiterwohlfahrt (Awo) Neuwied.

 Ein Vorzeigeobjekt: Die moderne Awo-Mehrzweckeinrichtung in Weißenturm bei Neuwied inspiriert die Pluwiger zu eigenen Plänen. Foto: Awo-Kreisverband Neuwied

Ein Vorzeigeobjekt: Die moderne Awo-Mehrzweckeinrichtung in Weißenturm bei Neuwied inspiriert die Pluwiger zu eigenen Plänen. Foto: Awo-Kreisverband Neuwied

Pluwig. Für potenzielle Investoren hat die rund 1500 Einwohner zählende Gemeinde Pluwig schon vor Jahren beste Voraussetzungen geschaffen: Sie erwarb in der Ortsmitte ein rund 5000 Quadratmeter umfassendes Areal und ließ es als fertigen Bauplatz erschließen. Damit war die Grundlage für konkrete Verhandlungen mit Investoren geschaffen. In den vergangenen sieben Jahren fehlte es in Pluwig nicht an privaten Interessenten aus dem Bereich "Seniorenheime/Alteneinrichtungen". Einer präsentierte schon recht konkrete Planungsunterlagen - doch der Funke wollte nicht überspringen.

Warum, erklärt Ortsbürgemeister Wolfgang Annen im Gespräch mit dem TV: "Weil Privatinvestoren wirtschaftlich und gewinnorientiert handeln müssen, planen sie ihre Einrichtungen räumlich entsprechend effizient. Das Ergebnis wäre eine in sich abgeschlossene Pflegeeinrichtung mit möglichst vielen Betten in unserer Ortsmitte. Doch das war nicht in unserem Sinne, weshalb wir verstärkt bei gemeinnützigen Trägern nach Lösungen suchten."

Bei dieser Suche stach eine Einrichtung hervor, die der Awo-Kreisverband Neuwied in Weißenturm errichtet hatte: Ein Versorgungszentrum für ambulante Dienste mit einem Kernbereich für betreutes Wohnen zur Miete oder im Eigentum. Zudem bietet die Anlage eine eigene Infrastruktur mit seniorengerechten Gesundheits-, Freizeit- und Sportangeboten. Architektonisch erinnert die aus verschiedenen Einzelbauten gebildete Awo-Einrichtung nicht an ein "Altenheim", sondern sie gleicht einer großen Hotelanlage.

Awo Trier-Saarburg ist mit im Boot



Ähnliche Ideen reifen nun für Pluwig. Die Awo Neuwied hat großes Interesse an dem Standort. Auch der Awo-Kreisverband Trier-Saarburg ist miteinbezogen. "Wir sind noch in der Prüfungsphase und sprechen derzeit mit Banken, Bauträgern und Architekten", sagt Awo-Geschäftsführer Rainer Litz in Neuwied. Doch die Vorstellungen, was in welcher Größenordung gemacht werden soll, sind bei den beiden Awo-Kreisverbänden und der Ortsgemeinde schon sehr konkret: Angestrebt wird eine zentrale Versorgungsstelle, die auch als Stützpunkt für den Awo-Dienst "Essen auf Rädern" und die mobile häusliche Pflege dient und darüber hinaus am Ort einen täglichen Mittagstisch anbietet. Hinzu kommen etwa 30 Appartements für betreutes Wohnen mit entsprechender Infrastruktur. Als gemeinsame Angebote für die Senioren und andere Ortsbewohner sind angedacht: Eine Arztpraxis, eine Apotheke, ein Café und ein Friseurgeschäft. Die Ortsgemeinde plant zudem die Einrichtung eines Gemeindebüros und einer Außenstelle des Kindergartens für eine fünfte Gruppe. Schätzungsweise 40 bis 60 Arbeitsstellen dürfte die Anlage nach Pluwig bringen.

"Das wäre schon ein tolles Ding", sagt Hans-Georg Götze vom Awo-Kreisverband Trier-Saarburg. Der Kreisverband wolle sich mit seinen gesamten mobilen Diensten in das Projekt einbringen. Götze hofft, dass schon in einigen Wochen alle Weichen gestellt sind.

Meinung

Lohn der Ausdauer

Der Pluwiger Wunsch, eine große Senioreneinrichtung anzusiedeln, geht bis auf das Jahr 2003 zurück. Damals hatte ein Investor schon so konkrete Pläne entwickelt, dass die Gemeinde das vorgesehene Areal erschloss. Doch die Bagger rückten nicht an, sondern es kehrte wieder Ruhe in der Dorfmitte ein. Dies brachte der Gemeinde manchen hämischen Kommentar ein - auch von Pluwiger "Windeiern und Träumereien" war die Rede. Nun dürften die Unkenrufer eines Besseren belehrt sein. Unwahrscheinlich, dass zwei Awo-Kreisverbände und eine Ortsgemeinde gemeinsam einer Schimäre nachlaufen. Statt in den Jahren des scheinbaren Stillstands zu verzagen, hat Pluwig auf Ausdauer gesetzt und wie es aussieht ein Ass gezogen. f.knopp@volksfreund.de

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