Vier Monate auf Bewährung für Soldaten mit SS-Tattoo

Daun/Gerolstein · Ein Zeitsoldat ist unter anderem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldbuße von 800 Euro verurteilt worden. Auf seiner Brust ist der SS-Wahlspruch "Meine Ehre heißt Treue" tätowiert.

Daun/Gerolstein. Eine Tätowierung mit dem SS-Wahlspruch "Meine Ehre heißt Treue" auf der Brust, ausländerfeindliche Äußerungen und Nötigung eines Untergebenen: Die Vorwürfe, für die sich ein 28 Jahre alter Zeitsoldat vor dem Dauner Amtsgericht verantworten muss, sind nicht unerheblich.
Es kann um seine berufliche Zukunft gehen: Wird er zu mehr als einem Jahr verurteilt, ist seine Karriere bei der Bundeswehr beendet. Dabei will er Berufssoldat werden. Im Mai vergangenen Jahres ist er in der Eifelkaserne in Gerolstein stationiert: Bei einer Grillfeier entledigt er sich seines T-Shirts, das Tattoo ist zu sehen. Ausdruck einer rechten Gesinnung?
Nein, sagt der Verteidiger. Die Tätowierung sei keine Propaganda. Dagegen spreche die "kindlich-naive Schreibschrift", keine Buchstaben, wie sie in der rechten Szene verwendet würden. Zudem sei die Herkunft des Spruchs heute kaum noch bekannt und nicht mit der Wirkung eines Hakenkreuzes vergleichbar. Richter Hans Schrot stellt klar: "An der Strafbarkeit ändert sich deshalb aber nichts."

Der Angeklagte vermutet ein Komplott: "Einen betenden Türken würde ich in den Kopf schießen": Dieser Satz soll bei einer Schießübung gefallen sein, berichtet ein Zeuge, Bundeswehr-Unteroffizier wie der Angeklagte. Der widerspricht: "Nein, das habe ich nicht gesagt." Er habe keine Probleme mit Ausländern, habe einen Freund aus Israel und einen, der aus dem türkisch-syrischen Grenzgebiet stamme. Der Familienvater berichtet von persönlichen Animositäten zwischen ihm und anderen Unteroffizieren. Er vermutet "ein Komplott" gegen sich.
Der Zeuge erinnert sich an weitere Äußerungen und erzählt, dass er vom Angeklagten eingeschüchtert worden sei. Er solle nichts gegen seinen Vorgesetzten, der der Angeklagte damals war, unternehmen.
Wie genau mögliche Konsequenzen hätten ausfallen können, sei nicht detailliert gesagt worden, er habe sich aber bedroht gefühlt, sagt der 27-Jährige, der nach wie vor in Gerolstein stationiert ist.
Richter Schrot und Oberamtsanwalt Helmut Ayl haben keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Sie sind überzeugt, dass der Satz "Einen betenden Türken würde ich in den Kopf schießen" gefallen ist. Was bedeutet: Der Vorwurf der Volksverhetzung ist aus ihrer Sicht bestätigt.
Der Oberamtsanwalt will dem Angeklagten "keine rechtsradikale Gesinnung" unterstellen, aber eine Bestrafung sei unumgänglich. Allein schon, "um Nachahmer abzuschrecken". Er fordert sechs Monate auf Bewährung und 800 Euro Geldbuße.

Verteidiger fordert Freispruch: Verteidiger Marco Sauerborn sagt, sein Mandant habe eingesehen, dass die Tätowierung eine "große Dummheit" gewesen sei. Aber er habe weder die ihm vorgehaltenen Äußerungen gemacht noch seinen Unteroffizierskollegen genötigt. "Hier geht es um persönliche Animositäten, es ist keine politische Geschichte", sagt der Verteidiger und fordert Freispruch in allen Punkten.
Den bekommt der Angeklagte aber nicht. Für den Richter sind die Tatbestände der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erfüllt. Eine fremdenfeindliche Gesinnung des bislang unbescholtenen Soldaten sieht Schrot allerdings nicht, es sei wohl mehr "verbale Kraftmeierei" im Spiel gewesen als eine politische Haltung.
Das Urteil: vier Monate auf Bewährung und 800 Euro Geldbuße. Es ist noch nicht rechtskräftig.

Disziplinarverfahren steht noch aus: Für den - zwischenzeitlich nicht mehr in Gerolstein stationierten - Unteroffizier ist die Sache damit aber noch nicht ausgestanden: Ihm steht noch ein Disziplinarverfahren bei der Bundeswehr bevor. sts

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