Vier Zimmer belagert von Mollys Verwandtschaft

TRIER-BIEWER. Spektakulärer Einsatz: Das in der Stadt Trier für den Tierschutz zuständige Ordnungsamt hatte den Verein "Freunde herrenlose Katzen" um Mithilfe gebeten. Eine Familie in Biewer hielt 24 Katzen in einer Vierzimmerwohnung und war mit der Situation heillos überfordert.

Putz und Tapete blättern von den Wänden, die Fußböden haben Löcher. Zwei Katzenaugen blicken im Flur aus einem Pappkarton. Die meisten der 24 Stubentiger haben es sich auf den beiden schwarzen Sofas im Wohnzimmer gemütlich gemacht. "Molly" säugt ihre Jungen. Easy, Snoopy und Kimmy schlummern neben ihrer Besitzerin. Teddy sitzt auf der Mikrowelle, Peppy hat sich hinter dem Schrank versteckt. Sabine Müller (Name geändert) kennt alle Namen, Geburtsdaten und -verläufe von Molly & Co. Hinterlassenschaften in den Vorgärten

Als Liane Christmann und Gaby Spieles vom Verein "Freunde herrenloser Katzen" anrücken, um 21 Katzen abzuholen, bricht eine Diskussion unter der allein Erziehenden und ihren vier Kindern aus, welche Katze denn nun bleiben darf. "Anlieger der St.-Jost-Straße in Biewer hatten das Ordnungsamt über die Katzenhaltung informiert", sagt Ralf Frühauf vom Presseamt der Stadt Trier. Der Grund: vermehrte Kothinterlassenschaften der Katzen in Vorgärten. Gemeinsam mit der zuständigen Tieramtsärztin Ute Marx hatte das Ordnungsamt die Situation überprüft. Das Ergebnis: 24 Katzen, zum Teil sehr junge Tiere und eine überforderte Katzenhalterin. "Nach einer Diskussion erfolgte die Einigung, den Bestand bis auf drei Tiere zu reduzieren, die dann kastriert werden müssen", berichtet Ralf Frühauf. Vor allem die Jungtiere hatten Flöhe und Durchfall, und nur eine Katze ist unfruchtbar. "Die Halterin wurde nicht mehr Herr der Lage", sagt Gaby Spieles. "Ich habe kein Geld, um die Katzen kastrieren zu lassen", erklärt Sabine Müller. Aber Futter sei immer genügend da gewesen, beteuert sie. Die kranken Katzen wurden stationär untergebracht, und die restlichen versorgen Liane Christmann und Gaby Spieles so lange, bis sich Tierliebhaber finden, die eine Katze aufnehmen möchten. "Ansonsten wären die Katzen auf unsere Anordnung im Tierheim untergebracht worden", sagt Ralf Frühauf. Das Ordnungsamt erhalte regelmäßig und zunehmend ähnliche Hinweise auf unzulängliche Tierhaltungen. Allerdings seien derart vernachlässigte, zahlenmäßig große tierschutzwidrige Tierhaltungen nicht die Regel. "Wir hatten allerdings schon einen Fall mit 153 in einer Wohnung in Trier gehaltenen, frei laufenden Meerschweinchen", berichtet der Pressesprecher. Die rechtliche Situation sei von Fall zu Fall verschieden. "Es gibt keine generellen gesetzlichen Vorgaben, wie viele Katzen jemand halten darf", sagt Frühauf. Es komme hier in erster Linie auf die Haltungsbedingungen an. "Sie sind wie meine Kinder"

Mit einer tierschutzrechtlichen Verfügung muss Sabine Müller nicht rechnen, weil sie einsichtig war. Die Kosten für eventuelle Unterbringungen im Tierheim tragen die Halter. "Oft fehlen hier aber die nötigen Finanzmittel, sodass die Stadt des Öfteren die Unterbringungs- und Verpflegungskosten im Tierheim übernehmen muss", sagt Ralf Frühauf. In diesem Fall kümmert sich der Verein "Freunde herrenloser Katzen" um die Tiere und zahlt das "Aufpäppeln" und Versorgen aus Spenden und dem jährlichen Kastrationszuschuss von 4333 Euro, den die Stadt dem engagierten Verein gibt. Sabine Müller und ihre Kinder trauern. "Die Katzen sind mein Ein und Alles, sie sind wie meine Kinder", sagt die vierfache Mutter. "Sie waren immer um mich." Seit zehn Jahren hat die Trierin ihre Wohnung aufgrund einer Phobie nicht mehr verlassen. "Aber ich bin auch ein bisschen erleichtert", sagt sie, während die Stubentiger in die Katzenkörbe verteilt werden. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Schreiben Sie uns. Ihre Zuschrift sollte maximal 30 Zeilen à 30 Anschläge lang sein und bis zum morgigen Sonntag, 14 Uhr, vorliegen. E-Mail an: echo@volksfreund.de

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