Volksfreund-Serie: Warum der Verkehr in Trier schnell ins Stocken gerät – und warum sich das nicht ändert

Trier · Autofahren in Trier ist so eine Sache. Es bedarf manchmal nur eines kleinen Auslösers – und schon scheint die Stadt im Stau zu versinken. Stimmt das überhaupt und wer ist schuld daran?

 Zähfließender Verkehr in Trier - muss das so sein? Der TV plant eine große Verkehrsserie.

Zähfließender Verkehr in Trier - muss das so sein? Der TV plant eine große Verkehrsserie.

Foto: Friedemann Vetter

Jeder Autofahrer kann den Test am heutigen Montag selbst machen. Wer beispielsweise vom Parkplatz an der Matthiasbasilika startet und zum Rommelsbachparkplatz nach Wittlich fährt, der braucht normalerweise laut Routenplaner rund 40 Minuten. Für die rund sechs Kilometer durch die Stadt würde der Tester gut zehn Minuten brauchen, für die übrigen rund 30 27 Minuten. Fahrten durch die Stadt können jedoch auch zeitaufwendig sein. Sollte beispielsweise, wie am vergangenen Donnerstag, ein Traktor auf der Zurmaiener Straße seine Vorderachse verlieren, dann kann die Fahrt auch schon mal zwei Stunden dauern.

Offensichtlich ist das Trierer Tal besonders störanfällig und zum Kollaps neigend. Offizielle Zahlen über die im Stau verbrachten Stunden gibt es nicht. Jedoch hat eine Aufstellung des auf Verkehrsdaten spezialisierten Unternehmens Inrix vor einigen Jahren gezeigt, dass die A64 bei den Staus bundesweit ziemlich weit vorne liegt. In guter Gesellschaft mit Großstädten wie Köln oder dem Ruhrgebiet. Fragt man Verkehrsteilnehmer, so bestätigen sie den Eindruck, dass es nicht richtig vorangeht (siehe Umfrage).

Straßen aus der Postkutschenzeit

Doch was sind die Ursachen dafür, dass es nicht vorangeht? Da sind einerseits die Straßen selbst. Die heutigen Straßenstrukturen beruhen gerade in der Innenstadt auf Strukturen, die eher auf Postkutschen ausgelegt waren. Diese sind deshalb nicht darauf ausgelegt, Tausende Autos täglich aufzunehmen. Im Mobilitätskonzept 2025 heißt es dazu: "Die heutigen Straßenräume gehen im Wesentlichen auf das Straßennetz aus der Zeit um 1900 zurück." Einen wirklich autogerechten Ausbau der Verbindungen gebe es nur an wenigen Punkten wie beispielsweise an den Kaiserthermen.

Die Folge davon ist, dass es nur dann nicht staut und stockt, wenn keine besonderen Ereignisse anstehen. Sei das der Berufsverkehr, ein Feiertag im Saarland oder in Luxemburg oder ein Problem auf einem der anderen wichtigen Verkehrswege.

Die wenigen großen Achsen von Nord nach Süd sowie die Moselquerungen sind so etwas wie kommunizierende Röhren. Das hat sich beispielsweise auch am Dienstag vor knapp zwei Wochen auf der A64 gezeigt, als ein Lastwagen mit einer Milchladung gebrannt hat. Nach der Sperrung dieser Strecke dauerte es nur wenige Minuten, bis auch auf der im Tal verlaufenden B53 nichts mehr ging. Diese Beobachtung gilt analog für die Straße durch das Aveler Tal, wenn es in der Olewiger Straße hakt. Oder eben für die Zurmaiener Straße.

Es sind jedoch nicht nur die Straßen, die die Menge an Autos und LKW zunehmend nicht mehr schaffen. Oft sind es einfach die Autofahrer selbst. Verkehrsexperten haben sieben Gründe zusammengestellt, warum es manchmal nur schleppend oder gar nicht vorangeht (siehe unten). Die Liste reicht vom Lückenhüpfen bis hin zu dem in Trier beliebten Zustellen der Kreuzung. Angesichts dieses Fehlverhaltens nutzen auch die breitesten Straßen und die grünste Ampelwelle nichts.

Die Unzulänglichkeiten des Straßennetzes und die der Verkehrsteilnehmer führen dazu, dass es nicht vorangeht. Wie es besser gehen könnte, zeigt das Mobilitätskonzept 2025 auf. Dort ist eine ganze Reihe von Projekten aufgeführt, die die Zeit im Stau verringern würden. Eine Idee ist sogar schon umgesetzt: Die zusätzliche Bergabspur am Trierer Berg. Sie sorgt dafür, dass mehr Autos die Ampelanlage vor der Kaiser-Wilhelm-Brücke passieren können. Das dies zur Folge hat, dass es mehr Stau an der Römerbrücke gibt und, dass es an der Kaiser-Wilhelm-Brücke nicht schneller geht, ist hinlänglich bekannt und weiter vorne beschrieben: Das Straßennetz in der Stadt ist überlastet, sobald der Berufsverkehr beginnt, ein Feiertag vor der Tür steht oder auf einer anderen wichtigen Strecke beispielsweise ein Traktor seine Vorderachse verliert.

Der nächste Teil der TV-Serie erscheint am Dienstag. Dann geht es um die Weiterentwicklung der Bahnlinien in Trier, am Mittwoch sind die Radfahrer Thema. Hintergrund

Wie man selbst für einen möglichst reibungslosen Verkehrsfluss sorgen kann

Wer unbedingt für die Fahrt von A nach B möglichst

wenig Zeit brauchen möchte, der sollte folgende Erkenntnisse beherzigen.

Dichtes Auffahren verhindert zwar, dass sich andere Verkehrsteilnehmer vor einen setzen. Es führt auch dazu, dass oft scharf gebremst werden muss.Das ständige Wechseln der Spuren vermittelt zwar den subjektiven Eindruck, dass man schneller vorankommt. Unterm Strich stimmt das jedoch häufig nicht. Vielmehr sorgen Kolonnenwechsel nur für stockenden Verkehr.Das Träumen am Steuer mag erholsam sein. Es führt ebenfalls zu hektischen Brems- und Anfahrmanövern. Das ist Gift für den Verkehrsfluss.Nicht nur lästig, sondern kriminell ist das Gaffen. Wenn jede Autopanne zum Ereignis wird und via Handybild die Welt vom Auffahrunfall erfahren muss, kann es wieder länger dauern.Trotz allen Fahrschulunterrichts bereitet das Reißverschlussverfahren oft Probleme. Vor allem, weil viele Verkehrsteilnehmer zu früh einscheren und andere Autofahrer sie nicht einscheren lassen. Zwar gibt es in der Straßenverkehrsordnung einen Paragraf 11, der besagt, dass man bei stockendem Verkehr trotz grüner Ampel nicht in die Kreuzung oder Einmündung einfahren darf, wenn auf ihr gewartet werden muss. Dies scheint nicht allen Autofahrern bewusst zu sein. Oder sie denken, dass für ihr Auto doch noch Platz ist. Sie versperren dann die Kreuzung, auch wenn das ein Knöllchen zwischen 20 und 35 Euro bedeuten kann.So das möglich ist, sollten übrigens Stoßzeiten gemieden werden. Freitagabende oder solche vor Feiertagen sind selten gute Termine, um möglichst staufrei anzukommen. har
Blick von Außen

Manuel Kölker lebte und arbeitete von 2007 bis 2010 in Trier. Heute ist er Pressesprecher der Stadt Krefeld: "Was habe ich das Meckern der Trierer noch in den Ohren: Überall stehe man im Stau. Das ist aber kein exklusives Trier-Problem, auch wenn man es sich dort gerne einreden möchte. Doch die Alternativen liegen auf der Hand: Der ÖPNV, der häufig Sonderrechte wie separate Spuren oder eigene Ampelschaltungen genießt. Noch besser, weil schneller, gesünder, kostengünstiger und umweltschonender ist das Fahrrad, das nachweislich auf den ersten fünf Kilometern gewinnt."

Patrick Wiermer (Foto Anton Minayevwar) von 2009 bis 2011 Volontär beim Trierischen Volksfreund und arbeitet nun als Hörfunkreporter bei SR.3-Saarlandwelle: "Angeblich 35 Stunden pro Jahr stehen die Saarbrücker im Stau. Doch: Als wahre Nervenprobe habe ich das noch nie erlebt. Fast jedes Nadelöhr hat eine Alternativroute, man muss sie nur rechtzeitig nehmen. Das ist in Trier definitiv anders. Ich hatte immer den Eindruck, dass selbst die kleinste Baustelle in jeder x-beliebigen Seitenstraße der Innenstadt gleich den kompletten Autoverkehr lahmlegte.

Sarah-Lena Gombert volontierte von 2010 bis 2012 beim TV und ist heute Redakteurin bei der Schwäbischen Zeitung in Tuttlingen: "Morgens früher als sonst ins Auto steigen, über den Fluss und sich dann irgendwie durch den Stau quälen, weil mal wieder an dieser Bundesstraße gebaut wird, die ohnehin schon ein Nadelöhr bildet. Kommt Ihnen bekannt vor? Ok, ich löse auf: Der Fluss heißt nicht Mosel, sondern Donau, und die Stadt heißt nicht Trier, sondern Tuttlingen. Auch hier schimpfen die Leute gerne und viel über Verkehrschaos, planerische Fehler und über die Verwaltung im Allgemeinen, wenn es um Baustellen geht."

Anke Pipke war von 2005 bis 2010 Volontärin und Redakteurin beim Trierischen Volksfreund. Heute ist sie Redakteurin bei der Immobilien Zeitung in Wiesbaden: "Autobahndreieck Mainz. Wer morgens den Verkehrsfunk verfolgt, weiß, was dort abgeht, ohne vielleicht jemals da gewesen zu sein. A.643 Mainz Richtung Wiesbaden: Stau, an guten Tagen auch mal zäh fließender Verkehr. Morgen für Morgen, ein Wagen am anderen, spontane Spurwechsel bringen gar nichts, ein gutes Hörbuch dem Autofahrer schon mehr." Umfrage: Zu viel Stau in Trier?

Elke Reinemann-Schmitt (49) aus Trier: "Ich stehe eher selten, weil ich Fahrrad fahre, vor allem während der Hauptverkehrszeiten. Aber ich fahre oft am Stau vorbei. Durch die verschiedenen Achsen kommt der Verkehr in die Stadt, und es staut sich. Sei es an der Bitburger, sei es Richtung Uni."

Linda Jäger (46) aus Trier: "Zurzeit ist es sehr stressig. Es gibt viel Stau. Kaum einer hält sich an die Regeln. Das ist schade. Es gibt Stau in Trier vor allem vor den Feiertagen, an Brückentagen oder wenn die Luxemburger einen Feiertag haben und nach Trier kommen."

Reinhold Mattes (58), seit 36 Jahren Busfahrer in Trier: "Wir stehen oft im Stau. Wir haben zwar unsere Busspuren. Aber wenn überall die Kreuzungen zugestellt sind, dann kommen wir da nicht drauf. In Trier gibt es nur zwei Zufahrtsstraßen. Wenn da irgendwas los ist, ist es dicht."

Daniel Lieser (33) Konz: "Nein, ich stehe nicht oft im Stau, da ich von Konz nach Trier fahre und das eine gute Strecke ist. Auf meiner Strecke ist es absolut okay. Aber sobald sie aus anderen Richtungen kommen, Autobahn oder Verteilerkreis, dann wird es schon schwer."

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