Vom Adrenalin gesteuert

Mehrfach die Woche steuere ich morgens eine Betreuungseinrichtung für "Unterdreijährige" an - hässliches Wort, bleibt jetzt aber mal so stehen. Dazu muss ich mit unserem Kombi, den ich zunächst noch unsere Straße runterrollen lassen kann, gleich wieder den Berg hochfahren - mit einer gefühlten Steigung von 20 Prozent.

Da der Motor noch kalt ist, drücke ich also nicht voll auf die Tube, sondern fahre mit 50 Kilometer pro Stunde den Berg hinauf. Eilig habe ich es zwar auch immer, aber man reißt sich ja zusammen: Klima, Umwelt, Spritverbrauch. Laut Straßenverkehrsschild sind 70 erlaubt. Mit Schwung, den ich und mein Auto zu dem Zeitpunkt noch gar nicht haben können, kommt da ein Kleintransporter den Berg hinaufgebrettert und hängt fast bei uns an der Rückbank. Ich zucke innerlich zusammen, da schwenkt der auch schon nach links auf die Überholspur und zieht - affenschnell - an uns vorbei. Ich bin heilfroh, dass es diese Überholspur gibt, sonst hätte man mich oder mein Auto längst gelyncht. Dieser Schumacher-Sprint bringt zeitlich nichts, denn schon nach 800 Metern, ist wieder 50 als Höchstgeschwindigkeit vorgeschrieben. Da sieht man sie leuchten, die roten Bremslichter. Über Sinn und Unsinn, in dem kurzen Abschnitt 70 Stundenkilometer zu erlauben, sollte man streiten. Der Ausstoß der Raser landet noch im Wohngebiet. Zugleich ist es aber auch eine Höchstgeschwindigkeit, kein Befehl. Man muss da nicht mit 70 den Berg hoch! Mut zu Langsamkeit, denke ich, bin aber froh, dass es die Überholspur gibt - für die Adrenalingesteuerten.Maria Adrian In der Kolumne "Guten Morgen" beschreiben wechselnde Autoren ihre Gedanken zum Tag.

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