Vom Aushängeschild zum Sorgenkind

TRIER. Wenn Eintracht Trier am Wochenende gegen Pfullendorf um seine Existenz in der Regionalliga kämpft, geht es nicht nur um Sport. Auch der "Wirtschaftsfaktor Fußball" steht auf dem Spiel.

Es ist gerade mal 14 Monate her, da wurden reichlich lobende Worte über die Wirtschaftskraft gesprochen, die der Verein Eintracht Trier für die Stadt und das Umland einbringt. Beachtliche Zahlen in siebenstelliger Höhe kursierten in Hintergrundgesprächen, nicht zu reden vom Image-Gewinn durch den "bundesweiten Werbeträger", wie es Oberbürgermeister Schröer und SPD-Chefin Dreyer in seltener Eintracht (!) formulierten. Damals verwaltete die Eintracht-Personalabteilung 70 Lohnabrechnungen pro Monat. Spieler, Trainer, Jugendbetreuer, Geschäftsstelle, Fan-Shop: Der Verein fungierte als größerer mittelständischer Arbeitgeber. Der Millionen-Etat aus Fernsehgeldern und anderen Einnahmen floss meist wieder über Umwege in die Region. Mit dem abrupten Abstieg in die Regionalliga ging bereits ein beachtlicher Teil der Wirtschaftskraft verloren. Das Personal wurde abgebaut, Lieferanten und Dienstleister mussten sich mit abgespeckten Geschäften zufriedengeben. Aber noch gab es einen hauptamtlich organisierten Profi-Bereich samt entsprechendem Umfeld. Das würde sich bei einem neueren Abstieg weiter verändern. Die Oberliga gehört klar zum Amateurfußballbereich, was zwar nicht heißt, dass keinerlei Gelder fließen, aber doch, dass man von einer vollprofessionellen Struktur weit entfernt ist. Entsprechend reduziert wird auch das Drumherum um die Mannschaft. Wo keine Gegner mehr aus entfernten Regionen kommen, fallen auch attraktive Nebenwirkungen wie Übernachtungen in Trierer Hotels weg. Wer aus Worms oder Pirmasens anreist, fährt abends wieder nach Hause. Auch das Fan-Aufkommen dürfte sich weiter reduzieren. "Das liegt in der Natur der Sache", sagt Ernst Ptak, der seit 35 Jahren für Bier und Bratwurst im Moselstadion verantwortlich zeichnet. "Die Zahlen sinken, also machen wir ein schlechteres Geschäft". Aber der Catering-Veteran sieht die Sache trotzdem noch recht gelassen. "Wir haben schon 15 000 Zuschauer versorgt, aber auch 500", sagt er. Nach dreieinhalb Jahrzehnten regt ihn nicht mehr viel auf, höchstens das Alkoholverbot durch die Polizei. Das hat man einst zu Zweitligazeiten eingeführt, aus Sicherheitsgründen. In der Oberliga wäre es wohl nicht mehr nötig. Aber Ernst Ptak glaubt noch an den Klassenerhalt, "so lange es noch irgend eine rechnerische Chance gibt". Auch Oberbürgermeister Helmut Schröer vermeidet das Wort Abstieg. Aber darauf eingestellt hat er sich längst. "Das ist ein Bruch, der tut richtig weh", sagt das Stadtoberhaupt. Vor allem "das mit der Image-Problematik". Was er meint, liegt auf der Hand: Vor Jahresfrist war Trier präsent in großen Sportsendungen, erschien bei Ergebnisdiensten, flimmerte über Millionen Fernsehschirme. In der Regionalliga beschränkte sich die Präsenz auf gelegentliche Erwähnung im Dritten. Ein Oberligist ist allenfalls eine Lokalgröße. Keine Gratis-Imagewerbung mehr, damit aber auch keine Werbebanden von Sponsoren im Fernsehen, damit weniger Attraktivität, damit weniger Geld - ein Teufelskreis, bei dem sich sportliche und wirtschaftliche Talfahrt wechselseitig beschleunigen. Aber Schröer sieht auch die "Chance eines Neubeginns". Vorausgesetzt, man schlachtet sich nicht gegenseitig. " Luft holen und nachdenken" empfiehlt der OB, "keine Schnellschüsse und Alleingänge". Doch es wird schwer sein, einen sachlichen Kurs beizubehalten. Zumindest in dem Moment, wo die letzten Hoffnungen auf den Klassenerhalt zerstieben.

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