Geschichte Vom Schulgebäude zum Priesterseminar: Große Tradition im Herzen Triers

Trier · Das frühere Jesuitengymnasium in Trier hat eine in der Region einzigartige Geschichte. Mit über 2000 Mitgliedern pflegt der Ehemaligenverein des heutigen Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums die Tradition und feiert am Samstag sein 90-jähriges Bestehen.

 Das Priesterseminar und frühere Jesuitengymnasium in Trier.

Das Priesterseminar und frühere Jesuitengymnasium in Trier.

Foto: privat

(red) Das Trierer Friedrich-Wilhelm-Gymnasium (FWG) hat seit 1961 seinen Standort in der Olewiger Straße nahe den Kaiserthermen.  Der Vorgänger, das 1561 gegründete ehemalige Jesuitenkolleg, befindet sich in der Altstadt. Die mächtigen Gebäude entlang der Jesuitenstraße dienen seit dem Abschluss ihrer Restaurierung in den 1960er Jahren anderen als schulischen Zwecken: Sie beherbergen das Bischöfliche Priesterseminar, das Bistumsarchiv und die Bibliothek des Priesterseminars sowie weitere Einrichtungen des Bistums Trier. Lediglich die ehemalige Schulaula, also die heutige Promotionsaula des Priesterseminars, wird gelegentlich noch für festliche Schulveranstaltungen genutzt.

Darüber hinaus treffen sich die Abiturienten des FWG seit etlichen Jahren jeweils zum abschließenden Gruppenfoto auf dem sogenannten Altarhof. Einmal im Jahr gedenken ehemalige Schüler und Lehrer des FWG anlässlich des Treffens der „runden“ Abiturjahrgänge – traditionell im Anschluss an den ökumenischen Gottesdienst in der Jesuitenkirche –  am Ehrenmal im Quadrathof der Gefallenen und Gewaltopfer beider Weltkriege.

Verlust der alten Schulgebäude Die alten Schulgebäude an der Jesuitenstraße standen bis Ende 1955 im Eigentum des FWG. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, als sich Anfang September 1944 die Westfront der Stadt Trier bedrohlich genähert hatte und der Schulunterricht in der ganzen Stadt eingestellt wurde, hatten die alten Schulgebäude durch Bomben und Granaten schweren Schaden genommen. Daher konnten sie nicht mehr genutzt werden, als im Oktober 1945 der Schulunterricht unter französischer Besatzung wieder aufgenommen wurde.

 Das Eingangsgebäude in der Trierer Jesuitenstraße Ende der 1950er Jahre (Bild links) und auf einer aktuellen Aufnahme (Bild rechts).

Das Eingangsgebäude in der Trierer Jesuitenstraße Ende der 1950er Jahre (Bild links) und auf einer aktuellen Aufnahme (Bild rechts).

Foto: privat

Das FWG musste während 15 Jahren von 1946 bis 1961 mit einem provisorischen Notquartier im alten Behördenhaus St. Maximin nahe dem Hauptbahnhof vorliebnehmen. Ziel in den ersten Nachkriegsjahren war es, die stark beschädigten Schulgebäude, modernisiert und umgebaut, wieder ihrer alten Nutzung zuzuführen. So konnten die 1938 erbaute Schulturnhalle sowie die Gebäude der Güterverwaltung des FWG und Teile des Aula­flügels bis 1950 wiederhergestellt werden.

Detaillierte Pläne für einen gänzlichen Umbau der alten Schulgebäude waren vom Staatlichen Hochbauamt im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat und dem Direktor des FWG Anfang der 1950er Jahre erstellt worden. Auch die Zustimmung der Stadt Trier zur Ablösung des städtischen Teileigentums für die Räume der Stadtbibliothek im Gymnasium lag Mitte 1951 vor. Es fehlte noch an einer Freigabe der benötigten Landesmittel.

Priesterseminar übernimmt Gebäude In dieser Situation bekundete ein anderer Akteur sein Interesse an den beschädigten Schulgebäuden in der Jesuitenstraße: das benachbarte, bereits 1773 gegründete Bischöfliche Priesterseminar. Seit der 1950 vollzogenen Gründung einer Theologischen Fakultät in Trier hatte das Bistum weiteren Raumbedarf und argumentierte, dass die alten Schulgebäude für ein modernes Gymnasium räumlich zu eng seien. Die erstellten Umbauplanungen würden den Belangen des Denkmalschutzes nicht genügen und seien außerdem zu kostspielig.

 Die aktuelle Aufnahme zeigt den Quadrathof des Bischöflichen Priesterseminars mit der Jesuitenkirche (links), auch Dreifaltigkeitskirche genannt.

Die aktuelle Aufnahme zeigt den Quadrathof des Bischöflichen Priesterseminars mit der Jesuitenkirche (links), auch Dreifaltigkeitskirche genannt.

Foto: privat

Nachdem sich die rheinland-pfälzische Landesregierung in die Gespräche zwischen Stadt, Bistum und Schule eingeschaltet hatte, kam es am Jahreswechsel 1955/56 zu einem dramatischen Finale, als der Verwaltungsrat des FWG entgegen seiner vorherigen Meinungsbildung mit knapper Mehrheit den Verkauf der alten Schulgebäude an das Priesterseminar beschloss. Dagegen liefen Ehemalige des FWG zwar noch öffentlich Sturm, aber diese Entscheidung war schließlich unumstößlich und wegweisend: Sowohl für die Stadtbibliothek als auch für das Gymnasium wurden eigene moderne Neubauten errichtet – an der Weberbach 1957 und an der Olewiger Straße 1961. Lediglich die Güterverwaltung des FWG verblieb bis 2003 am bisherigen Standort an der Jesuitenstraße.

Fachgerechte Restaurierung Weil sich das Bistum in seiner Argumentation auf eine denkmalgerechte Wiederherstellung des traditionsreichen Gebäudekomplexes an der Jesuitenstraße öffentlich festgelegt hatte, mussten diese selbst gesetzten Vorgaben nun auch realisiert werden. Daher zogen sich die umfangreichen Restaurierungsarbeiten bis Mitte der 1960er Jahre hin.

So fand erst Anfang 1965 die Einsegnung der neuen Bibliothek des Priesterseminars durch Bischof Matthias Wehr in der ehemaligen Stadt- und Schulbibliothek im alten Gebäude des Gymnasiums statt.

 Das Bild entstand  etwa 1911. Darauf ist der Altarhof vor der heutigen Bibliothek des Priesterseminars zu sehen.

Das Bild entstand  etwa 1911. Darauf ist der Altarhof vor der heutigen Bibliothek des Priesterseminars zu sehen.

Foto: Archiv Stadtbibliothek Trier

Auch die ursprünglichen Renaissance- und Barockflügel des alten Gymnasiums wurden fachgerecht instand gesetzt – einschließlich der beiden Treppenhaustürme und des Glockentürmchens auf dem Dach des Eingangsgebäudes neben der Jesuitenkirche. Die ehemalige Dreifaltigkeitskirche an der Jesuitenstraße war 1805 vom neu eröffneten Priesterseminar übernommen worden. Das Gymnasium besaß seit 1857 ein verbrieftes Mitnutzungsrecht an der Kirche. Sie diente nach ihrer Restaurierung als Ersatzkirche des Doms bis zu dessen Wiedereröffnung in den 1970er Jahren.

Den  früheren Quadrathof des alten Gymnasiums, wo sich während der Pausen die Schüler von der Untertertia (Klasse 8) aufwärts tummelten und ihre Stullen verzehrten, nutzten nun die Seminaristen und Studenten des Priesterseminars sowie der Theologischen Fakultät.

Aus Sicht der Denkmalpflege ist die fachgerechte Restaurierung der ehemaligen Schulgebäude an der Jesuitenstraße in Trier sicher zu begrüßen. Nach den ursprünglichen Umbauplänen des FWG wären hierbei größere Eingriffe in die Bausubstanz erfolgt und hätten das Gesamtbild wohl stärker beeinträchtigt. Die neue Nutzung durch das Priesterseminar und die Theologische Fakultät sowie das Bistumsarchiv hat der äußeren Gestaltung des traditionsreichen Ensembles also gutgetan.

 Akteure der 90-Jahr-Feier (vorne von links): Erwin Engel (Bischöfliche Weingüter), Corinna Dräger (Vorsitzende des Vereins der Ehemaligen), Ali Boussi (Weinwirtschaft Friedrich-Wilhelm); hinten von links: Rudolf Müller (Beiratsmitglied), Arnt Finkenberg (Schriftführer), Oliver Brand (Schatzmeister).

Akteure der 90-Jahr-Feier (vorne von links): Erwin Engel (Bischöfliche Weingüter), Corinna Dräger (Vorsitzende des Vereins der Ehemaligen), Ali Boussi (Weinwirtschaft Friedrich-Wilhelm); hinten von links: Rudolf Müller (Beiratsmitglied), Arnt Finkenberg (Schriftführer), Oliver Brand (Schatzmeister).

Foto: privat
 Ein von den Jesuiten gelegter Grundstein aus dem Jahr 1593 mit dem Christusmonogramm IHS bezeugt die jahrhundertealte Geschichte des Gebäudekomplexes.

Ein von den Jesuiten gelegter Grundstein aus dem Jahr 1593 mit dem Christusmonogramm IHS bezeugt die jahrhundertealte Geschichte des Gebäudekomplexes.

Foto: privat

Traditionspflege an alter Bildungsstätte Das alte Gymnasium verlor allerdings seinen seit dem 16. Jahrhundert angestammten innerstädtischen Standort. Insofern wiegt der Verlust der alten Schulgebäude an der Jesuitenstraße für das FWG schwer. Für Gottesdienste und Feierlichkeiten kehrt das FWG regelmäßig an seinen alten Standort zurück. Dort beginnt jedes Jahr das traditionelle Wiedersehenstreffen der Abiturjubilare, organisiert vom Verein der Ehemaligen des FWG. Vereinsvorsitzende Corinna Dräger: „Dass die Traditionspflege über die vergangenen Jahrzehnte gelungen ist, ist auch ein Verdienst der engen Zusammenarbeit zwischen Schule und Ehemaligenverein. Mit der 90-Jahr-Feier des Ehemaligenvereins im Quadrathof – dem Schulhof des historischen FWG-Gebäudes in der Jesuitenstraße  – am Samstag, 25. Mai, im Anschluss an das Wiedersehenstreffen werden wir diese Tradition bewusst fortsetzen und freuen uns ganz besonders, dass auch Schüler zum Gelingen des Festes einen Beitrag leisten wollen.“

(red)
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