Vom Trümmerfeld nach Quattropole

TRIER. Das Ende, das ein Anfang war: Rund 200 Besucher erlebten in der AMG-Aula eine phasenweise sehr bewegende städtische Gedenkveranstaltung zum 60. Jahrestag des Kriegsendes in Trier. In sieben Stationen wurde die Entwicklung Triers vom gigantischen Trümmerfeld 1945 zum Eckpfeiler des "europäischen Zukunftsmodells Quattropole" aufgezeigt.

Der Ort der Gedenkfeier war gut gewählt, wie eines der zahlreichen großformatig auf Leinwand projizierten Bilder aus Triers "Stunde Null" eindrucksvoll belegte. Von der Gervasiuskirche in der Neustraße standen nach Bomben- und Granatenhagel nur noch Mauerreste. Der Neubau mit integrierter historischer Giebelwand beherbergt die Aula des Angela-Merici-Gymnasiums (AMG). "Diese Veranstaltung hat etwas mit Erinnerungskultur zu tun. So selbstverständlich, wie wir heute meinen könnten, ist es nicht, was sich entwickelt hat", betonte OB Helmut Schröer. Was sich entwickelt hat, zeigte die vom Stadt-Presseamt organisierte und als "europäische Zeitreise" konzipierte Gedenkfeier in sieben Stationen auf. Zum Auftakt berichtete Heimatforscher Adolf Welter (70) über das Vorstoßen der Amerikaner Anfang März 1945 auf Trier und empfahl die Lektüre der Mittwochausgabe des Trierischen Volksfreunds: "Da können Sie näheres lesen." Was Welter aus akribischer Geschichtsforschung und Quellenstudium weiß, hat Adolf Neyses mit eigenen Augen gesehen. Als 16-Jähriger hatte er sich im elterlichen Haus in Kürenz versteckt und belauschte dort die Gespräche von US-Panzerbesatzungen im Aveler Tal, die sich darauf vorbereiteten, in Trier einzurücken. Der Kommandant des Bunkers an der Tabaksmühle habe das einzig richtige getan: "Sich mit seinen 20 Leuten kampflos ergeben." Charles de Gaulle reichte die Hand

Auch Rosemarie Bisenius, damals zehn Jahre alt, verbindet mit den Amerikanern ein unverhofftes Freiheitsgefühl: "Wir konnten vom Markusberg wieder runter in die Stadt gehen zu unserem Lebensmittelgeschäft in der Brückenstraße und uns endlich gefahrlos bewegen." Für tausende deutscher Soldaten endete der Krieg erst im nächsten Jahrzehnt. Dieter Jacobs las aus den bewegenden Memoiren seines Vaters Klaus Jacobs (1923-1986), der 1950 aus sowjetischer Gefangenschaft an die Mosel zurückkehrte (das Buch "Jugend, was sonst" ist 2001 im Verlag Michael Weyand erschienen). Im Sommer 1945 hatten die Franzosen die Amerikaner als Besatzer abgelöst. Als der spätere Präsident Charles de Gaulle am 3. Oktober 1945 Trier (wo er von 1927 bis 1929 als Kommandeur gelebt hat), besuchte, grüßte er seine deutschen Gastgeber mit Handschlag - eine, so Schröer, außergewöhnliche Geste". Zwölf Jahre später reichte Metz Trier die Hand - der Auftakt einer Reihe von Städtepartnerschaften. Städteverbindungen hätten sich keinesfalls überlebt, betonte die Metzer Beigeordnete Christine Raffin und lobte das 2000 gemeinsam mit Luxemburg und Saarbrücken gegründete Kooperationsmodell Quattropole; "Was gut ist für eine der vier Städte, ist gut für alle vier." Vor einem halben Jahrhundert existierte die Europäische Union, über deren Anfänge Ex-Ministerpräsident Carl-Ludwig Wagner berichtete, allenfalls in den Köpfen von Visionären wie Robert Schuman. Jedoch gebe es noch viel zu tun, stelle OB Schröer fest: "Wir brauchen nicht nur eine bessere Bahnverbindung zu unseren Nachbarn nach Luxemburg, sondern müssen wesentlich mehr tun, um das Sprachproblem in unserer Großregion zu lösen." Über Grenzen und Sprachbarrieren hinweg verständlich waren die musikalischen Beiträge, die eine beeindruckende Veranstaltung würdevoll umrahmten. Mitwirkende: das deutsch-luxemburgische Gesangsensemble "Grenzgänger", die Chorjugend des Friedrich-Spee-Chors und Sopranistin Monica Sproß, jeweils unter Leitung und Begleitung von Martin Folz.

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