Vom Verbot zum Hingucker

TRIER/CANACH. Vor rund 40 Jahren verschwanden sie von den Straßen: Omnibusse mit Personenanhängern. Jetzt, in Zeiten fast täglich steigender Treibstoffkosten, kommen sie wieder – komfortabler, sicherer und kostensparender denn je. Ein Luxemburger Reiseunternehmer bringt dieses Gefährt wieder auf die Straßen.

Das Reiseunternehmen "Voyages Emile Weber" aus dem luxemburgischen Canach testet mit einer Sondererlaubnis des Mainzer Landesverkehrsministeriums derzeit auf seiner Linie 118 Trier-Luxemburg einen Komfortbus mit Personenanhänger. Die Mainzer Beamten erteilten in Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium und anderen Landesverkehrsministerien die Genehmigung am 6. Juli dieses Jahres, sie ist - mit der Möglichkeit einer Verlängerung - befristet bis Juli 2009. Hintergrund sind Überlegungen im Bundesverkehrsministerium, derartige "Personenzüge" auf Straßen möglicherweise wieder grundsätzlich zuzulassen. Denn ein Modellversuch in Potsdam verlief zufrieden stellend. Gelenkbusse genügten erstem Bedarf

Sicherheitsbedenken waren damals der Grund für das Verbot, Personen in Fahrzeuganhängern zu transportieren. Die Industrie reagierte und entwickelte Gelenk-Omnibusse, in deren hinterem Teil sie die komplette Antriebseinheit unterbrachte. So war dem Gesetz Genüge getan: Das war kein Bus mit Anhänger - wohl aber ein Fahrzeug, dessen Konstruktion einen relativ hohen technischen Aufwand erforderte, und das obendrein trotz der "knickbaren Taille" recht ungelenk war. Im Stadtverkehr konnte es längst nicht auf allen Straßen eingesetzt werden. Roly Heinisch, Geschäftsführer bei "Voyages Emile Weber": "Schon bald war klar, dass der Gelenkbus nicht unbedingt die wirtschaftlichste Lösung für den Personentransport im Linienverkehr war. Auch in Zeiten schwächerer Auslastung muss der hintere Teil mitgeschleppt werden. Das bedeutet überflüssigen Treibstoffverbrauch." Die Kombination Bus und Personenanhänger ist beweglicher - und spart Treibstoff. Die Rechnung: Ein Gelenkbus konsumiert 38 bis 40 Liter je 100 Kilometer Fahrstrecke, der Testbus schluckt 30 Liter und legt nur dann 10 Liter zu, wenn er den Anhänger schleppen muss. "Voyages Emile Weber" suchte nach einem Ausweg und einem Omnibushersteller, der bereit war, mit ihm ein Bus-Gespann zu entwickeln. Sie fanden in den Niederlanden die Firma "Bova". Die modifizierte ein vorhandenes Bus-Modell und konstruierte das von DAF stammende Fahrgestell hinter der Hinterachse völlig neu, damit es dem Anhängerbetrieb Stand hielt. Die Schweizer Firma Hess baute, ebenfalls in Zusammenarbeit mit Weber, einen Anhänger von 11,22 Meter Länge mit 42 Komfort-Sitzen und zehn Stehplätzen, der, allradgelenkt und luftgefedert, absolut spurtreu hinter dem Bova-Bus läuft. Sicherheit und Komfort

Scheibenbremsen mit einem Antiblockiersystem und ein Fahrstabilitätsprogramm machen das Fahrzeug nach Überzeugung seiner Konstrukteure absolut sicher. Für einen angenehmen Aufenthalt im Anhänger sorgt eine Klimaanlage, die von einem 400-Volt-Generator im Zugfahrzeug mit Energie bedient wird. Über eine Gegensprechanlage kann jederzeit Kontakt mit dem Fahrer aufgenommen werden, der seinerseits seine Passagiere im Anhänger per Video-Übertragung im Auge behält. Notausstiege vervollständigen die Sicherheitseinrichtungen. Aber auch die Unterhaltung im Bus kommt nicht zu kurz: Mit Hilfe eines DVD-Spielers und eines Fernsehmonitors können Filme gezeigt werden. Nach ausgiebigen Versuchsfahrten in der Schweiz erhielt das Gespann den technischen "Segen" des Tüv Rheinland. Bürokratische Hindernisse gab es (nach der allgemeinen Zulassung in Luxemburg) in Deutsch-land nicht. Heinisch: "Beim rheinland-pfälzischen Verkehrsministerium waren alle Hürden in drei Tagen bewältigt."

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