Von der Leidenschaft, frei zu sein

Trier · Johannes Metzdorf-Schmithüsen ist Mitbegründer der Lokalen Agenda, mischte in den 68ern bei Friedens- und Ökobewegungen mit, spielte eine Rolle in Edgar Reitz\' Film "Heimat" und war über 20 Jahre lang evangelischer Studentenpfarrer in Trier. Ende März steht er - wieder einmal - auf der Bühne.

 Johannes Metzdorf-Schmithüsen braucht keinen Fernseher - seine Bücher sind seine Inspiration. TV-Foto: Karin Pütz

Johannes Metzdorf-Schmithüsen braucht keinen Fernseher - seine Bücher sind seine Inspiration. TV-Foto: Karin Pütz

Trier. Auf einem Regal seines Arbeitszimmers steht eine große Schachtel, gefüllt mit skurrilen Zeitungsmeldungen und lesenswerten Artikeln. Aus diesem "Schatzkästchen" nimmt Johannes Metzdorf-Schmithüsen die philosophischen Schmuckstücke, die ihm als Inspiration für seine Texte dienen.
Texte, die zum Beispiel als "Zwischenrufe" im Saarländischen Rundfunk gesendet werden und zum Innehalten und Entschleunigen anregen - ein großes Thema im Leben des 72-Jährigen, der stundenweise am Schweicher Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium unterrichtet. "Die jungen Menschen haben ein Bedürfnis danach, Atem zu schöpfen und sich zu besinnen, aber dazu gehört Lebenskunst."
Die versucht er zu vermitteln. "Man muss die Schüler lieben und sie ernst nehmen." Seine Tätigkeit als evangelischer Pfarrer sei ihm als freiheitsliebender Mensch sehr entgegengekommen, sagt er. "Dieser Beruf gestattet Freiheit, man hat viele Gestaltungsmöglichkeiten, um seine Ideen zu verwirklichen."
Mitbegründung der Lokalen Agenda, Schauspielerei und Theaterprojekte, das alles gehört dazu. Das Poster in seinem Büro spricht es aus: "Von der Leidenschaft, frei zu sein", steht unter dem Bild einer weißen Taube, die kurz vor dem Abflug ist. Auch die Abwesenheit eines Fernsehers ist ein Stück Freiheit für Johannes und seine Frau Clarissa Metzdorf-Schmithüsen. "Der ging vor vier Jahren kaputt, und nach einigen Tagen haben wir gemerkt, dass wir ihn nicht vermissen", sagt Metzdorf-Schmithüsen grinsend.
Bücher, Zeitungen und Radio, mehr braucht es nicht, um auf dem neuesten Stand zu sein. Neben Jazz und Musik von klassischen Liedermachern hört er seit Neuestem auch die Toten Hosen. Man müsse sich "eine gewisse Orgienfähigkeit bewahren", meint er verschmitzt und betont, dass Disziplin und Autorität für ihn "schreckliche Worte" sind, mit denen er nichts anfangen kann. Auch gegen den Begriff "Umtriebigkeit" hat er etwas. Er bevorzuge die Definition, er habe "ein breit gestreutes Interesse für Menschen und für das, was sie so machen". Das, was er gerade macht, wird demnächst in der Tufa zu sehen und zu hören sein. Im Rahmen des Kultursommers spielt er unter der Regie von Karsten Müller in Thornton Wilders "Unsere kleine Stadt" mit. Und bereits am kommenden Wochenende (siehe Extra) knüpft er eine Verbindung zu zwei Autoren, die er sehr bewundert. Er liest aus der Biografie "Mein Leben" vom Kennen- und Liebenlernen Marcel Reich-Ranickis und seiner späteren Frau Teofila - im Wechsel mit Gedichten aus Erich Kästners "Lyrischer Hausapotheke", die auf das Paar wie Medizin gewirkt haben müssen, damit es im Warschauer Ghetto überleben konnte. Iris Oettinger und Martin Giebel untermalen die Lesung musikalisch. kapExtra

"Ich kam zur Welt und lebe trotzdem weiter - eine Hommage an Marcel und Teofila Reich-Ranicki" mit Johannes Metzdorf, Iris Oettinger (Schlagzeug) und Martin Giebel (Klavier) Termine: Freitag, 21. März, 20 Uhr, Sonntag, 23. März, 16 Uhr, in der Tufa, kleiner Saal, Karten 8 bis 12 Euro erhältlich bei Ticket Regional und an der Abendkasse, Infos unter www.satiricon-theater.de, Reservierungen: sandra.karl@freenet.de kap

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