Von Schmuddelkindern und Habenichtsen

TRIER. In Indonesien baut er ein Dorf wieder auf, in Afghanistan Schulen und Werkstätten. In Trier stellte Cap Anamur- und Grünhelme-Gründer Rupert Neudeck seine Projekte vor.

"Ein gebildeter Afghane kennt seinen Goethe." Das sagt Rupert Neudeck - und hat dabei ein schelmisches Grinsen im Gesicht. Kennengelernt hat der Gründer des Komitees Cap Anamur und der Hilfsorganisation Grünhelme die Menschen in Afghanistan offenbar intensiv. "Ich bin hier, um Misstrauen einzuflößen", sagt Neudeck. "Mißtrauen gegenüber den großen Medien." Er kritisiert, dass durch die Berichterstattung über Kriege und Katastrophen ein falsches Bild von vielen Teilen der Welt entstehe. So auch von Afghanistan, einem "wunderschönen Land, das ich Ihnen heute Abend schmackhaft machen werde". Zur katholischen Hochschulgemeinde in Trier ist Neudeck gekommen, um die Projekte seiner 2003 gegründeten Organisation Grünhelme vorzustellen. Im Irak baute der Verein, dessen Symbol ein grüner Baustellenhelm ist, Schulen und Häuser, in Afghanistan Werkstätten und Schulen. Eine der Schulen benannten die Einheimischen nach dem großen deutschen Dichter, Schriftsteller und Vordenker Johann Wolfgang von Goethe. "Es soll vorkommen, dass Dinge gelingen. Haben Sie das schon mal gehört?" Nicht ganz ohne Stolz berichtet Neudeck von den Projekten der Grünhelme - und lästert gleichzeitig über die "bürokratisierte humanitäre Behäbigkeit" der Uno und vieler großer Hilfsorganisationen. In Afghanistan habe es 2003 eine Rekordernte gegeben. Trotzdem "karre" das Ernährungsprogramm der Uno eine Million Tonnen Nahrungsmittel pro Jahr ins Land und verderbe den Bauern die Preise. Nach der Flutwelle, die die Küsten Asiens Weihnachten heimsuchte, zog es Neudeck nach Indonesien. "Alle Hilfsorganisationen haben in einer einzigen Stadt ihre Quartiere zusammengehauen und sind bis heute da geblieben", kritisiert er. "In Banda Aceh." Dabei gebe es an dem 400 Kilometer langen Küstenstreifen der Region "hunderte Dörfer, die auf Menschen warten, die helfen". Entscheidend für den Erfolg kleiner Organisationen sei, sich "nicht in den Mainstream rein zu begeben". Um den Menschen zu zeigen, "dass man sie mag", müsse ein Helfer mit ihnen leben. "Europäer mit der wertvollen Haut und dem richtigen Pass" seien oft nicht in der Lage, zu "Habenichtsen und Schmuddelkindern" zu gehen und bei ihnen zu übernachten. "Die Nacht ist die gefährliche Zeit für Menschen, die in Not sind." An der Küste, einige hundert Kilometer von Banda Aceh entfernt, stieß Neudeck auf das Dorf Pulau Kayu, das von der Flutwelle weggespült worden war. "Die Leute haben uns empfangen wie Könige", sagt Neudeck. Das sei am 9. Januar gewesen - bis dahin seien zu den Menschen keine Helfer gekommen. Nun hilft der Verein beim Wiederaufbau. 350 Häuser entstehen auf dem Gelände - zu Materialkosten von je 850 Euro. Inclusive Erschließung, Wasser- und Stromanschluss kommt ein Haus auf rund 1500 Euro. Neudeck handelte mit der Bezirksregierung aus, dass die Menschen, die zuvor "einfach so" an der Küste gebaut hatten, auch die Besitztitel an den Grundstücken bekommen. "Sie kommen aus der Katastrophe sogar noch mit einem Vorteil heraus." Weitere Informationen über die Grünhelme im Internet: www.gruenhelme.de. Spenden nimmt der Verein unter der Kontonummer 2000008 bei der Deutschen Bank München, Bankleitzahl 70070024, entgegen.

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