Vor der Porz sind alle gleich

Trier · Viez, möchte man meinen, ist ein geradezu sozialistisches Getränk. Denn eines steht nach mehreren Rundgängen durch Trierer Kneipen fest: Er wird von allen Klassen getrunken. Triers bekanntester Sohn, Karl Marx, hätte daran wohl seine Freude gehabt.

Zumindest nach Feierabend sind die Menschen für ein paar Porz-Längen gleich - ganz im Sinne des berühmten Ökonomen. Das bestätigt Rosemarie "Rosi" Sahler aus der Kneipe "Aom Ecken" in der Trierer Maarstraße.

Das Lokal mit historischem Interieur aus den frühen 60er Jahren ist ein Treffpunkt nicht nur für Bewohner des Nord-Quartiers, sondern zieht auch Leute aus anderen Vierteln an. Hierher kommen Ärzte aus den Krankenhäusern in der Umgebung, Geschäftsleute, Handwerker, Azubis, Studierende und Senioren. Und sie trinken ihren Viez alle aus dem gleichen Behältnis, der Porz, dem berühmten weißen Krug. Dazu meint die Wirtin: "Viez ist im Moment das Getränk in Trier. Egal, welcher Stand, Viez trinken ganz unterschiedliche Leute. Der ist gefragt wie nie."

Warum er dermaßen gefragt ist? Sahler findet eine mögliche Erklärung in der Vielfalt des Getränks: "Viez wird in allen Variationen getrunken, Viez-Sprudel, Viez-Limo, Viez-Cola, Viez pur. Manche wollen sogar einen Viez-Sprudel-Limo", sagt sie und versichert: "Ich trinke ihn am liebsten pur." Er sei nur echt in der Porz und dazu gehöre ein deftiges Brot mit Limburger Käse.

Dass die historische Tiefe des Viez nicht am Grund der Porz endet, ist für die Wirtin ganz klar: "Den Viez haben ja schon die Römer getrunken, als sie in Trier waren. Die haben damit angefangen, Äpfel und Birnen zu vergären. Und wenn es wenig Obst gab, dann haben sie damals querbeet alles hineingetan, was der Garten hergab." Das ist heute freilich nicht mehr so. "Aom Ecken" wird Wert darauf gelegt, hochwertigen Viez von einem regionalen Erzeuger anzubieten.

Dass Viez auch völkerverbindend ist, beweist Maurice "Morris" Frederiks, Wirt in der Szene-Kneipe "de Winkel" in der Johannisstraße. Er sagt augenzwinkernd: "Ich bin Holländer, trinke aber trotzdem Viez."

Seit der Gründung der Wirtschaft im Jahr 1998 beziehe er mit Teilhaber Winny Schmitt Viez von einem regionalen Erzeuger. Seit einem Jahr werde auch Viez vom Fass angeboten. Der Grund: "Die Nachfrage ist größer geworden," sagt Morris. Zwar werde weniger Viez als Bier getrunken, aber das Getränk sei einfach Trend geworden. Als Spezialität gibt es im "de Winkel" das Angebot Viez mit Flieten (frittierte Hähnchen-Flügel).

Bislang werde Viez eher von Männern getrunken, aus allen Gesellschaftsschichten. Allerdings sei die Zahl an Frauen, die sich für Viez interessieren, steigend. "Irgendeiner hat hier mal erzählt, dass Viez Negativ-Kalorien habe", erzählt Morris. Das stimme zwar nicht, aber immerhin habe Viez weniger Kalorien als ein Hefeweizen. Die exotischste Kombi, die im "de Winkel" über den Tresen gehe, sei Viez-Cola-light. Selbstredend, dass auch hier der Viez nur aus der Porz serviert wird.

Der aus Trier-Pfalzel stammende Oswald Steines führt die alteingesessene Gaststätte "Zur Glocke" in der Trierer Glockenstraße seit rund einem Jahr in Familientradition weiter. Dass regionales Essen und regionale Getränke eine immer größere Bedeutung haben, steht für Steines fest. "Wir bieten regionalen Viez aus der Porz - und die stammt aus Speicher und nicht aus China. Ich bin sehr froh, dass die Trierer Viezbruderschaft unsere Wirtschaft als Stammlokal gewählt hat." Auch in der Glocke wird mehr Viez getrunken, versichert Steines: "Wir haben wesentlich mehr Viezabsatz als in den Vorjahren. Im Sommer gingen uns sogar die Porzen aus. Viez ist definitiv kein Sommergetränke mehr. Er wird auch im Winter getrunken, meistens Viez-Sprudel."

Dass Viez sich zum Trierer Nationalgetränk entwickele, beweise auch das Interesse vieler Touristen am Viez. "Dafür habe ich extra die kleinen 0,2er-Viez-Porzen angeschafft, damit Touristen mal probieren können," sagt Steines.

Als besondere Spezialität gibt die Kombi Viez-Apfelsaftschorle. Steines: "Das schmeckt dann so wie der britische Cider, etwas süßlicher. Und auch hier zeigt sich der gemeinschaftsfördernde Effekt des Viez. Steines weiß: "Viez trinken alle möglichen Leute, vom Studenten bis zum Arzt. Vom 20-Jährigen bis zum 70-jährigen "Viez arsch". Und eins stehe fest: "Entweder man liebt den Viez oder man lässt es bleiben, ihn zu trinken."

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