Vor Eichen sollst du weichen …

Konz/Trier/Schoden · Es ist ein harmloser Nachtfalter. Doch die Raupen des Eichen prozessionsspinners können starken Juckreiz auslösen. In Trier sowie in den Verbandsgemeinden Konz und Saarburg sind Bäume von den Tieren befallen. Die Behörden rechnen mit weiteren Nestern.

 Eichenprozessionsspinner-Raupen haben sich auch in Oberbillig ausgebreitet. In Trier-Feyen hat Baumexperte Konrad Böcking bereits gefährliche Nester entfernt. TV-Fotos (2): Boris Ruth/Friedemann Vetter

Eichenprozessionsspinner-Raupen haben sich auch in Oberbillig ausgebreitet. In Trier-Feyen hat Baumexperte Konrad Böcking bereits gefährliche Nester entfernt. TV-Fotos (2): Boris Ruth/Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

Konz/Trier/Schoden Atemmaske, Kapuze, Schutzoverall: Nur so ausgerüstet wagt Konrad Böcking sich in die Nähe der Eichenprozessionsspinner. Und doch hat es ihn erwischt: "Die Haare der Raupen sind so fein, dass sie trotz Schutzkleidung durchdringen", berichtet der Trierer Baumpfleger. Die Folge: stark juckende Pusteln am ganzen Körper, Hustenreiz und andere allergische Reaktionen.
Im Auftrag der Trierer Stadtverwaltung hat Böcking Nester der gefährlichen Raupe in der Nähe der Kita und der Grundschule in Feyen entfernt. "Es waren mehr als 20 Gespinste", berichtet der Baumexperte. Tagsüber und zur Verpuppung ziehen sich die etwa fünf Zentimeter langen Raupen in diese Gespinstnester - die aussehen wie aus Zuckerwatte gemacht - zurück. Der Kontakt kann schmerzhafte Folgen haben (siehe Info).
Auch in den Verbandsgemeinden Konz und Saarburg wurden Nester der Raupen auf öffentlichen Plätzen entdeckt. Betroffen waren laut Michael Naunheim, Pressesprecher der Verbandsgemeindeverwaltung Konz, das Wohngebiet Roscheid in Konz und die Ortsgemeinde Tawern. Dort wurden die Eichenprozessionsspinner schon entfernt. Am Sonntag hat auch ein Oberbilliger ein Nest entdeckt. Er habe es an einer Eiche am Moselufer gesehen, fotografiert und der Konzer Verwaltung gemeldet, sagt Boris Ruth zum TV. Dort ist das Ordnungsamt für die Gefahrenabwehr und somit für die Bekämpfung der Schädlinge zuständig. Laut Naunheim wird das Nest zurzeit untersucht. Auch in Schoden beim Aufgang vom Saar-Radweg zur dortigen Freizeitanlage sind am Wochenende Nester der Spinner gefunden worden. Wolfgang Cartus, Betreiber der Anlage, hat die drei befallenen Bäume umgehend gemeldet. Das Gelände wurde abgesperrt. Die Saarburger Verwaltung hat laut Sprecherin Susanne Rendenbach eine Firma beauftragt, die Nester zu entfernen. Dies soll bis Mittwoch passieren.
Der Eichenprozessionsspinner - in Europa ursprünglich auf die südlichen Länder beschränkt - breitet sich laut Bundesumweltamt immer stärker auch in Deutschland aus. Baumpfleger Böcking berichtet: "Vor 14 Jahren habe ich das erste Nest entfernt, damals in Konz-Roscheid. 2015 haben wir dann bei Baumarbeiten entlang der Bahnstrecke zwischen dem Saarland und Trier etliche Gespinste entdeckt. Und dieses Jahr scheint es mir einen recht flächendeckenden Befall zu geben."Die Entfernung der Nester an Eichen in der Nähe der Kita und der Grundschule Feyen seien tatsächlich nur "akute Maßnahmen", um die Kinder zu schützen, erklärt Triers Rathaussprecher Ralf Frühauf auf TV-Nachfrage. "Wenn die Raupen gegen Ende Juni mit der Verpuppung beginnen, können die Nester am effektivsten vernichtet werden", sagt Frühauf. Von einer Spezialfirma werden die Nester samt Puppen dann mit einer Art überdimensioniertem Staubsauger abgesaugt. "Bereits letztes Jahr haben wir so etwa 200 Bäume bearbeiten lassen", sagt Frühauf. Wie sich der Befall seitdem entwickelt hat, darüber könnten noch keine Aussagen getroffen werden. Das Grünflächenamt habe die Sache bei seinen Baumkontrollen im Blick.
Die bloße Vernichtung der Nester könnte in Zukunft möglicherweise nicht mehr ausreichen. "Für dieses und nächstes Jahr ist weiterhin die mechanische Entfernung vorgesehen", sagt Frühauf. "Anschließend soll entschieden werden, ob eventuell Insektizide zum Einsatz kommen müssen." Da die Raupen Sonne und Wärme lieben, besiedeln sie gerne freistehende Eichen. Wer an einem solchen Exemplar im eigenen Garten die kleinen Tiere mit den langen weißen Härchen entdeckt, sollte keinesfalls in Eigenregie versuchen, das Nest zu entfernen, rät die Berufsgenossenschaft Gartenbau. Eine Verpflichtung, die Nester von Fachleuten - etwa Gärtnern oder Baumpflegern - entfernen zu lassen, besteht allerdings nicht. Thomas Müller, Pressesprecher der Unteren Naturschutzbehörde, die bei der Kreisverwaltung Trier-Saarburg angesiedelt ist, sagt: "Das liegt in der Verantwortung des Einzelnen, denn wer einen Bogen um die befallenen Nester macht, bleibt ungefährdet. Aber wenn damit gerechnet werden muss, dass andere insbesondere Kinder in die Nähe des Baums kommen und heftigere allergische Reaktionen auftreten, könnte sich die Haftungsfrage stellen."Extra: RAUPEN MIT STARKEM NESSELGIFT

 Das Foto des Oberbilligers Boris Ruth zeigt das Nest der Eichenprozessionsspinner in Oberbillig.

Das Foto des Oberbilligers Boris Ruth zeigt das Nest der Eichenprozessionsspinner in Oberbillig.

Foto: Boris Ruth


Das Umweltbundesamt hat im August 2016 eine Broschüre zum Eichenprozessionsspinner herausgebracht. Darin heißt es: "Wie der Eichenprozessionsspinner die Gesundheit des Menschen gefährdet, lässt das Umweltbundesamt jetzt genauer untersuchen." Alle Auswirkungen, die die feinen, bis zu 1,5 Zentimeter langen Nesselhaare der Schmetterlingsraupe haben können, sind also offenbar noch nicht bekannt. Fest steht, dass das eiweißhaltige Nesselgift Thaumetopoein starke allergische Reaktionen auslösen kann: Auf der Haut bilden sich rote Quaddeln inklusive mehrtägigen starken Juckreizes. Die Raupenhaare haben winzige Widerhaken, die sich auch auf Schleimhäuten der Atemwege verfangen und Husten, Bronchitis und Asthma auslösen können. Die Augen reagieren mit Rötungen, Jucken und Bindehautentzündungen. In sehr seltenen Fällen können auch Fieber sowie Kreislaufreaktionen ausgelöst werden. Beim Gesundheitsamt der Stadt Trier und des Landkreises Trier-Saarburg sind in diesem Jahr noch keine Fälle der sogenannten Raupendermatitis bekannt geworden. Meldepflichtig sind die Symptome ohnehin nicht. "Für eine Diagnose ist es allerdings wichtig, dass der Betroffene oder die Eltern sich überlegen, ob sie im Vorfeld in Kontakt mit den Raupenhaaren gekommen sein könnten", erklärt Horst van Hees, stellvertretender Leiter der Behörde.

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