Vortrag: Fehler in der Finanzkrise

"Wir hatten diese Krise in ihrer ganzen Dimension nicht erwartet", gibt Dietrich Jahn zu. Der Ministerialdirigent im Bundesfinanzministerium ist einer der Top-Beamten der Bundesregierung. Beim Alumni-Treffen der Politikwissenschaft an der Uni Trier hat er über Krisenmanagement in der Finanzmarktkrise referiert.

 Referiert in Trier zur Finanzkrise: Ministerialdirigent Dietrich Jahn. TV-Foto: Michael Merten

Referiert in Trier zur Finanzkrise: Ministerialdirigent Dietrich Jahn. TV-Foto: Michael Merten

Trier. Ein großer Schatten liegt auf Dietrich Jahn, als er seinen Vortrag "Wie eine Finanzkrise gemanagt wird" in der Promotionsaula des Bischöflichen Priesterseminars zum Alumni-Treffen der Trierer Politikwissenschaftler beginnt. Denn in diesem Raum hat einst der Schüler Karl Marx seine Reifeprüfung absolviert.

"Für Marx war klar, dass der Kapitalismus zwangsläufig zu einem großen Crash führen muss", sagt Jahn - und gesteht unumwunden ein, dass in Berliner Kreisen "keiner eine Dimension von dem Ausmaß der Krise" gehabt habe, als die ersten Nachrichten über einen Abschwung am amerikanischen Immobilienmarkt herüberschwappten.

Die Ereignisse, Auslöser einer Finanz- und Wirtschaftskrise bislang unvorstellbaren Ausmaßes, werden von einigen Mitarbeitern des Bundesfinanzministeriums zunächst gar als rein amerikanisches Problem betrachtet. Als 2008 die Hypo Real Estate in schwere Schieflage gerät, "war das für uns unvorstellbar: Eine Bank kippt, und alle anderen geraten ins Wanken", erinnert sich Jahn.

Doch die staatlichen Institutionen hätten damals Handlungsfähigkeit bewiesen: "Alle wichtigen Akteure von der Deutschen Bank bis zum Finanzminister haben sich in einer Nacht zusammengerauft und gehandelt." Altbewährte Regeln hätten in diesen Tagen weniger Bedeutung gehabt - dafür gab es aber "unglaublich viele Telefonate". Für die Zukunft müsse der Staat jedoch dafür sorgen, dass er nicht mehr derart von den Banken unter Druck gesetzt werden könne. Eine wirksame internationale Regulierung des Finanzsektors könne nur durch eine Zusammenarbeit in der G 20, der Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, erreicht werden, glaubt Jahn: "Europa muss sich ständig neue Verbündete suchen, um seine Interessen gegen die USA und China durchsetzen zu können." In den nächsten Monaten stünden viele wichtige Themen auf der Tagesordnung, etwa die Ausarbeitung strengerer Regeln zu Eigenkapital-Anforderungen der Banken und Haftungsfragen. Auch auf die Verschärfung der Bonus-Regeln werde Deutschland beim nächsten G-20-Gipfel im Sommer drängen.

Zur Person Dietrich Jahn: "Er ist ganz nah dran am operativen Geschäft der Finanzmarktregulierung, näher als der Finanzminister." So stellte der Trierer Politik-Professor Sebastian Heilmann den Festredner des sechsten Alumni-Treffens der Politikwissenschaft der Universität Trier vor. Dietrich Jahn ist Ministerialdirigent im Bundesfinanzministerium und leitet die Unterabteilung für Geldpolitik, Kreditaufnahme und Finanzmarktfragen. In seinem Zuständigkeitsbereich liegen damit die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung, die Bekämpfung der Geldwäsche, Geldpolitik, Zentralbankwesen und Grundsatzfragen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort