Wackel-Hochburgen und sinkendes Interesse

TRIER. Verkehrte Wahl-Welt in Trier: Karl Diller (SPD) verbuchte zwar wie 2002 die meisten Erststimmen (42,3 Prozent), das Direktmandat aber geht an Bernhard Kaster (CDU), der weniger Stimmen erhielt als vor drei Jahren (39,4 Prozent). Gründe: extrem niedrige Wahlbeteiligung und Kasters starkes Abschneiden im Landkreis. Linkspartei-Kandidat Albert Schtschepik verdreifachte seinen Stimmenanteil.

Unter anderen Umständen eine Zahl zum Ausschneiden und Einrahmen: Satte 50,7 Prozent Erststimmen schaffte Karl Diller in Trier-West/Pallien. Aber nur dort. Unterm Strich zu wenig, um zum dritten Mal in Folge das Direktmandat im Wahlkreis 205 zu ergattern. Denn der besteht aus Stadt Trier und Kreis Trier-Saarburg. Der Hermeskeiler Diller hatte in Trier ein Heimspiel. Sein in Pfalzel wohnender CDU-Kontrahent Kaster schnitt im Kreis besser ab und blieb im eigenen Stadtteil mit 43,4 Prozent unter seinem 2002er Resultat (43,6 Prozent).An nackten Zahlen gemessen zahlte sich für beide Bundestagsabgeordnete der Intensiv-Wahlkampf aus. Durch die Bank holten Diller und Kaster deutlich mehr Voten als ihre Parteien Zweitstimmen. Und in der Weststadt, wo Diller als einziger Bewerber am Sonntag eine "absolute Mehrheit" (50,7 Prozent) schaffte, erlebte Kaster mit 29,9 Prozent seinen persönlichen Resultats-Tiefpunkt. Genau umgekehrt in Kernscheid: Dort war der CDU-Mann obenauf (48,6 Prozent), und Diller erreichte lediglich 36,4 Prozent.

Als heimlicher Wahl-Gewinner darf sich Albert Schtschepik von der Linkspartei fühlen. Vor drei Jahren für die PDS angetreten, dümpelte er bei 1,3 Prozent. Vorgestern brachte es der erblindete Linkspolitiker auf 4,4 Prozent. Auch schaffte Schtschepik das Kunststück des proportional niedrigen Abstands zu den Zweitstimmen für seine Partei (5,7 Prozent), während die beiden anderen Direktkandidaten kleiner Parteien deutlich hinter den Erststimmen -Ergebnissen von 2002 zurück blicken.

Während der Liberale Thomas Egger vor drei Jahren noch auf 5,3 Prozent kam, landete der Bewerber-Nachfolger Christoph Pitsch bei 4,4 Prozent. Auch Grünen-Frau Corinna Rüffer (7,8 Prozent) verfehlte die bei der vorangegangenen Bundestagswahl von Wolf Buchmann erzielten 8,4 Prozent.

Jubel-Anlass immerhin in Trier-Süd für die Grünen: Dort legte die Öko-Partei sowohl bei Erst- (plus 0,1 auf 10,5) als auch Zweitstimmen (plus 0,2 auf 17,2) zu, derweil die traditionelle rote Hochburg Südstadt ins Wanken gerät und die SPD dort herbe Einbußen erleidet. Auch in Trier-West, Ehrang und Zewen haben Sozialdemokraten bei Bundestagswahlen schon bessere (Stimmenanteil-) Zeiten erlebt; dennoch waren dort sie am Sonntag am erfolgreichsten. "Schwarze" Bastionen: die Höhenstadtteile Tarforst, Kernscheid, Irsch sowie Ruwer-Eitelsbach. Filsch müsste Anhängern der einstigen sozialliberalen Koalition im Bund die Nostalgie-Tränen in die Augen treiben: Im kleinstem Stadtteil legte die SPD bei Erst- und Zweitstimmen zu; die FDP erreichte ihr Zweitstimmen-Rekordresultat: 15,1 Prozent.

Immer größer wird derweil das Heer der politisch Desinteressierten. In Trier lag am Sonntag die Wahlbeteiligung bei 72,4 Prozent - neuer lokaler Minusrekord bei Bundestagswahlen (seit 1949).

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