Warenhaus mit Fernsehwerkstatt

Trier · Für Trier ist es eine große Sache: 1965 eröffnet der neue Kaufhof in der Simeonstraße. Bereits vier Jahre zuvor eröffnete das Unternehmen mit der Übernahme des Traditionshauses Hägin seine erste Filiale in der Moselstadt. In diesem Jahr feiert es Jubiläum.

Trier. Sensation in Trier: Erstes Warenhaus der Welt ohne Treppen! Darüber berichtete im Frühjahr 1964 nicht nur der Volksfreund. Bundesweit erfuhren die Menschen aus der Tagesschau von einem neuen Kaufhaus in Trier. Dabei war die Sensation von Anfang an als Zwischenlösung geplant. Denn das ehemalige Hägin-Kaufhaus war vorübergehend in das Parkhaus am Margarethengäßchen gezogen, das die Kaufhof AG aus Köln ein Jahr zuvor gebaut hatte. Dort konnten die Kunden während der Bauzeit für den neuen Kaufhof einige Monate lang barrierefrei einkaufen.
"Ich erinnere mich noch gut, wie ich mit meiner Mutter die Spindel in dem Parkhaus hochgelaufen bin - zu meiner Abschlussprüfung", erinnert sich Winfried Gerhard. In der Spindel fahren heute die Autos auf die Oberdecks. Der 61 Jahre alte Konzer hat beim Kaufhof seine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann gemacht und war so von Anfang an mit dabei. Seitdem hat sich so einiges geändert. "Damals gab es noch Kurbelkassen. Und weil die natürlich nicht elektronisch miteinander verbunden waren, konnten die Kunden nur in der Abteilung bezahlen, in der die Waren auch lagen", sagt Gerhard. Der Beratungsbedarf sei viel größer gewesen. "Wir haben auch Geräte wie Rasenmäher oder elektrische Werkzeuge verkauft. Die meisten Kunden wussten nicht, wie man die Technik bedient."
Nähatelier im Haus


Auch die Präsentation hat sich geändert. Archivfotos zeigen lange Batterien mit Oberhemden oder den berühmten "Grabbeltisch" mit Unterwäsche. "Heute sortieren wir die Kleidung nach Outfits und schlagen Kombinationen vor", sagt Geschäftsführer Hans Schlechtriemen. Die Wünsche der Kunden hätten sich grundlegend geändert. "Früher mussten wir den Bedarf der Kunden decken. Heute wollen wir den Bedarf der Kunden wecken." Damals ebenfalls im Haus: ein Nähatelier und eine Fernsehreparaturwerkstatt. Und im Kaufhausrestaurant bediente noch ein Kellner. In der Außenwand, von der Straße aus gut zu erreichen, war zudem eine ganze Reihe von Automaten eingelassen, die nicht nur Zigaretten, sondern auch Kosmetik bereithielten.
In diesem Jahr feiert der Kaufhof an der Simeonstraße seinen 50. Geburtstag. 1961 hatten die Kölner das Trierer Traditionshaus Hägin übernommen, dessen historisches Gebäude abgerissen und den heutigen Komplex gebaut. Im Februar 1965 war feierliche Eröffnung. Fortan firmierte das Warenhaus unter dem Namen Kaufhof. Über die damals größte Baustelle Triers war zuvor heftig diskutiert worden, denn aus dem Stadtbild verschwand das Schellenberghaus. Immerhin integrierte der Bauherr die historische Fassade einige Meter versetzt in das neue Gebäude.
Etwa 100 000 Besucher aus der ganzen Region kamen am Eröffnungstag nach Trier, das damals knapp 85 000 Einwohner hatte. Um die Menschenmassen zu kontrollieren, war ein Großaufgebot an Polizisten im Einsatz.
Mit der Übernahme der Horten-Kette kam 1994 das Haus an der Fleischstraße dazu. Das Unternehmen heißt seitdem Galeria Kaufhof. "Wir sehen langfristig Perspektiven für zwei Standorte", sagt Schlechtriemen. Und auch vor einer Verlagerung des Geschäfts ins Internet ist ihm nicht bange. "Wir beobachten mit dem wachsenden Onlinegeschäft einen Mehrumsatz in den Filialen." Viele Kunden, die im Internet bestellten, holten ihre Ware in den Häusern ab. "So sehen wir Kunden, die zuvor noch nicht bei uns waren." Zwischen 8000 und 25 000 Besucher kämen täglich pro Filiale.
Etwa 120 Beschäftigte arbeiten an der Simeonstraße, etwa 110 in der Fleischstraße. "Die Beschäftigtenzahl wird in der kommenden Zeit stabil bleiben", sagt Schlechtriemen.
Für Winfried Gerhard wird der Kaufhof wohl der einzige Arbeitgeber bleiben. Er bedient heute die Kunden in der Schreibwarenabteilung.

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