Warnung vor Alltagsrassismus

Trier · Oberbürgermeister Klaus Jensen hat gestern vor dem "latenten Alltagsrassismus einer Minderheit" gewarnt. Er nutzte die feierliche Einweihung der neuen Aufnahmestelle für Asylbewerber in der General-von-Seidel-Kaserne, um generell zu betonen: "Wir müssen alle wachsam sein."

Trier. Die Zahl der Flüchtlinge aus Regionen wie Syrien, Ägypten und Afghanistan steigt unaufhaltsam an. "Zwischen Januar 2013 und Januar 2014 liegt dieser Anstieg bei 77 Prozent", betont Irene Alt. Die rheinland-pfälzische Ministerin für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen ist nach Trier gereist, um eine neue Aufnahmestelle für Menschen zu eröffnen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten und oft unvorstellbares Leid erfahren haben. Während die Flüchtlinge auf die Entscheidung über ihre Asylanträge warten, bietet die Stadt Trier ihnen seit gestern eine zweite Unterkunft.
Denn die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in der Dasbachstraße ist vollkommen überfüllt (siehe Extra). Ein Gebäude in der früheren General-von-Seidel-Kaserne soll in den kommenden zwölf Monaten 150 Männern als Unterkunft dienen - darauf haben sich Stadt, Land und Bund geeinigt (der TV berichtete). "Ich bin sehr froh, dass wir mit dieser weiteren Außenstelle zum einen die Einrichtung in der Dasbachstraße entlasten und zum anderen Asylsuchende auch weiterhin angemessen unterbringen können", sagte Alt in Trier. "Nun hoffe ich, dass diese Menschen, die vor Krieg, Gewalt und Verfolgung geflohen sind und große Angst haben, bei uns zur Ruhe kommen können."
Keine Familien mit Kindern


Die Instandsetzung des Gebäudes auf dem Kasernengelände - Wasser, Heizung, Brandschutz - habe 174 000 Euro gekostet. Bis zu 150 allein reisende Männer werden hier untergebracht - für Familien mit Kindern sei das Gelände vor allem wegen der nahen Bahnlinie mit starkem Güterverkehr zu gefährlich. Der Caritasverband Trier betreut die Asylbewerber vor Ort. Caritasdirektor Bernd Kettern erhofft sich dabei Unterstützung durch die Kirche und die anderen Wohlfahrtsverbände, die in den Kommunen landesweit die Integration der Flüchtlinge und Asylbegehrenden begleiten könnten: "Ich denke hier zum Beispiel an die Umsetzung eines Patenschaftsprojektes für Flüchtlinge, das wir gegenwärtig mit dem Bistum Trier besprechen."
Triers OB Klaus Jensen dankte den Bürgern seiner Stadt. "Ich bin stolz auf Trier", betonte der Verwaltungschef. "Bis auf wenige Verrückte gab und gibt es in unserer Stadt keine Debatte um die Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern."
Mit den "wenigen Verrückten" meinte Jensen die rechtsextreme NPD, die Anfang Februar gegen die neue Einrichtung demonstriert hat (der TV berichtete). Den 25 Aktivisten der NPD standen fast 200 Gegendemonstranten gegenüber.
Jensen forderte Wachsamkeit gegenüber dem "latenten Alltagsrassismus". Er betonte: "Angst und Vorurteile prägen ein Bild, dem wir immer wieder entgegentreten müssen."Extra

Die Stadt Trier bietet momentan Raum für fast 1000 Asylbewerber. Die Aufnahmestelle in der Dasbachstraße hat mit 700 Bewohnern die Grenze ihrer Belastbarkeit erreicht. Weitere 120 sind in Wohncontainern untergebracht. Die General-von-Seidel-Kaserne wird weiteren 150 Asylbewerbern Platz bieten. In Ingelheim im Landkreis Mainz-Bingen steht die zweite offizielle Aufnahmeeinrichtung des Landes Rheinland-Pfalz. Sie war bereits geschlossen, wurde aber 2012 vom Land wieder geöffnet, als die Zahl der Flüchtlinge immer weiter anstieg. Ingelheim bietet zurzeit 188 Plätze. In den kommenden zwölf Monaten soll ein Ausbau diese Kapazität auf 366 Plätze verdoppeln. Bis dieser Ausbau abgeschlossen ist, dient die General-von-Seidel-Kaserne als provisorische Unterkunft. Maximal drei Monate sollen die Asylbewerber in den Einrichtungen bleiben, bis über ihren Antrag entschieden worden ist und sie auf die Kommunen verteilt werden. jp

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