Die Stadt und der Fluss Liegt Trier an oder neben der Mosel?

Analyse | Trier · Mariensäule, Dom und Mosel. All das prägt das Bild der Stadt Trier. Doch der Fluss wirkt weitgehend wie ein Fremdkörper. Nur selten gelingt es, die Lage der Stadt an der Mosel gewinnbringend zu nutzen.

 Im Bereich des Martinsklosters gibt es einen Zugang aus der City zur Mosel – durch eine Unterführung. So wirklich attraktiv ist das nicht.

Im Bereich des Martinsklosters gibt es einen Zugang aus der City zur Mosel – durch eine Unterführung. So wirklich attraktiv ist das nicht.

Foto: TV/Harald Jansen

Im Reisemagazin Merian ist die Realität treffend zusammengefasst. Bezüglich Zurlauben heißt es dort: „Hier, im alten Fischerdorf, finden Stadt und Fluss auf rund hundert Metern zueinander. Entsprechend beliebt sind die Gasthäuser und ihre Terrassen – und nun auch ein Vorbild. Für das Projekt ,Stadt am Fluss’ wurde 2018 die Flusspromenade verlängert, weitere Taten sollen folgen.“ Jenseits der Zurlaubener 100 Meter sieht es hingegen weniger idyllisch aus. Stadt und Fluss kommen meist überhaupt nicht zueinander. Von wegen Stadt am Fluss. Trier ist eine Stadt neben dem Fluss.

Aufwertung ist bitter nötig

Die Idee, den Fluss und die Stadt wieder anzunähern, ist nicht neu. In seinem Wahlkampf hatte der spätere Oberbürgermeister Klaus Jensen das Thema „Stadt am Fluss“ aufgebracht. Im Herbst 2007 begann dann das Großprojekt „Stadt am Fluss“, in dessen Rahmen das Moselufer durch verschiedene Maßnahmen aufgewertet werden soll. Diese Aufwertung ist bitter nötig. Denn spätestens durch den Ausbau der östlichen Uferstraße ist die Mosel aus dem Blick geraten. Lange her ist die Zeit des Zeltplatzes auf der Moselinsel an der Kaiser-Wilhelm-Brücke oder der Fähren, die den Fluss zu einem alltäglichen Teil des Lebens in der Stadt machten.

Im Bereich Zurlauben und nördlich davon kommen sich Fluss und Menschen tatsächlich wieder näher als noch vor zehn Jahren. Doch das ist wohl eher ein Abfallprodukt der notwendigen Sanierung des Hochwasserschutzes in diesem Teil der Stadt. Sicher. Die Treppen zwischen den Kneipen und Restaurants von Zurlauben und den Bootsanlegern machen schon etwas her. Doch diese Neugestaltung bringt das Herz der Stadt dem Fluss nicht näher. Dafür ist Zurlauben dann doch ein wenig zu weit weg vom Hauptmarkt.

Und auch sonst erinnert nur wenig im Stadtbild daran, dass Trier an einem Fluss liegt. Sollte es beispielsweise auf dem Hauptmarkt oder am Bahnhof Hinweise darauf geben, dass irgendwo da draußen ein Fluss liegt, dann sind die so versteckt, dass selbst Einheimische diese nur schwerlich finden. Wie muss es erst Touristen gehen? Man muss schon fast Mitleid mit den Flusskreuzfahrern haben, denen die Veranstalter Fahrräder vor das Schiff in Zurlauben stellen. Wie sollen die sicher und bequem zur Porta kommen? Probieren Sie es selbst einmal aus. Wie sagt Ludwig Vögele, als Betriebsleiter unter anderem für das 600 Gäste fassende Schiff „River Dream“ zuständig: „Wir würden uns freuen, wenn die Mosel stärker zur Stadt gehören würde.“

Straße trennt Stadt Trier von der Mosel

Es ist nicht nur die Entfernung. Die autobahnähnliche Uferstraße auf der Ostseite der Stadt gehört zu den meistgenutzten Strecken. Sie trennt die City vom Uferbereich. Und das gründlich. Bis auf den klaustrophobische Gefühle auslösenden Tunnel am Martinskloster gibt es von der Altstadt aus keinen ungehinderten Zugang zum Wasser. Wer einmal an der Fußgängerampel an der Römerbrücke warten musste, weiß, wie unangenehm der Weg zum Wasser sein kann.

Stichwort Römerbrücke. Das Bauwerk aus der Römerzeit mag zwar Welterbestatus besitzen. Es dürfte jedoch wenige Welterbestätten geben, die ähnlich lieblos und unter Wert präsentiert werden. Daran ändert vermutlich auch der Versuch der Umgestaltung des westlichen Brückenkopfs wenig. Noch nicht einmal ein Steg ist nach Ansicht der zuständigen Behörde möglich, um der Brücke etwas näherzukommen.

Dass die Menschen die Nähe zum Wasser suchen, wird nicht nur an den zahlreichen Fußgängern und Radfahrern deutlich, die auf den Moselradwegen unterwegs sind. Bei schönem Wetter ist der Moselstrand Moselperle im Norden der Stadt ein beliebter Treffpunkt. Wobei auch der unter der schlechten Erreichbarkeit leidet. Er liegt zu weit weg von der Innenstadt, als dass man mal eben schnell dort vorbeischaut. Man muss schon dahin wollen. Viele Besucher kommen deshalb aufgrund der Entfernung zum Leidwesen der Anwohner mit dem Auto.

Gastronomieangebot am Moselufer ausbaufähig

Der Moselstrand sowie Zurlauben zeigen, dass gastronomische Angebote die Attraktivität steigern und Menschen anlocken. Umgekehrt wird ebenfalls ein Schuh draus. Restaurants oder Gaststätten sind längs der Mosel in Trier dünn gesät. Zwischen Zurlauben und dem Estricher Hof liegen rund fünf Kilometer ohne Einkehrmöglichkeit. Ähnlich sieht es am westlichen Moselufer aus. Daran wird auch die Umgestaltung des westlichen Brückenkopfs der Römerbrücke nichts ändern. Zwar wäre die ehemalige Sparkassen-Filiale prädestiniert für ein gastronomisches Angebot. Doch es gibt wie meist in Trier irgendwelche „guten Gründe“, warum das nicht klappt.

Was hingegen klappt, ist die Sanierung der Radwege. Dank Förderung durch den Bund. Doch auch diese an sich gute Nachricht hat ihre Schattenseite. Denn es droht die Verschärfung eines jetzt schon latenten Konflikts: Zwischen Radlern, die möglichst rasch von A nach B wollen, einerseits. Dafür ist der eigentliche Sinn der zwischen Schweich und Konz geplanten Light-Version eines Radschnellwegs da. Und Fußgängern andererseits, die dort ebenfalls unterwegs sind. Wie soll das funktionieren? Weiß wohl niemand, interessiert wohl auch nicht. Spielt auch keine Rolle, wenn es darum geht Fördergeld von Land und Bund zu bekommen.

Es gibt jedoch einen Lichtblick. Wenn das Wetter halbwegs mitspielt, wird die Römerbrücke beim Brückenfest im Juni von den hinlänglich bekannten Milljunen Leit bevölkert werden. Für 16 Stunden gehört die Brücke dann allein den Fußgängern. Viele Gäste werden die Mosel dann anders erleben als einen Engpass, der im Auto über Brücken überwunden werden muss.

Nächste Idee wird präsentiert

Es ist nicht so, dass die Defizite bei der Einbindung der Stadt in die urbane Lebenswirklichkeit niemanden interessieren. Und es liegt auch nicht daran, dass es keinen Veränderungswillen gibt. Im Gegenteil. Im Rahmen des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts gibt es sogar ein Projekt namens „Neugestaltung Moselufer“. Es umfasst den Bereich zwischen Römerbrücke und den historischen Kränen. Das Vorhaben soll all das ermöglichen, an dem es bisher mangelt: angefangen von der Neugestaltung der Promenade, der Umgestaltung des Kreuzungsbereichs östlicher Brückenkopf bis hin zu temporärer Nutzung von Flächen an den Kränen für gastronomische Zwecke.

Ob Stadt und Fluss auch an der Römerbrücke wieder zueinanderfinden, ist offen. Bis 30. Mai können Bürger unter https://mitgestalten.trier.de/innenstadt-isek für dieses oder ein anderes Projekt abstimmen. Gut möglich, dass diese Idee trotz positiver Resonanz das Schicksal vieler anderer guten Ideen erleidet. Dazu passt der Meinungsbeitrag eines Teilnehmers an der Abstimmung: „Es gibt so viel zu tun, worüber seit Jahren palavert wird. Es gibt Konzepte, die vor 30 Jahren in Arbeitskreisen erstellt wurden, von denen quasi nichts umgesetzt wurde.“ Unterm Strich werde es am Geld, an der Einstellung „das haben wir noch nie gemacht” und an der allgemeinen Bereitschaft zu Änderungen scheitern. Es wäre fatal und eine vergebene Chance, wenn der Kommentator Recht behalten würde.