Warum kostenlos surfen die Stadt Trier teuer kommt
Trier · Köln hat es, Stuttgart hat es und Newel-Beßlich auch: frei zugängliches W-Lan. Schon bald soll es das kostenfreie Surfen für die Bürger auch in Trier geben. Auf die Stadt Trier kommen dadurch Kosten zu - die womöglich vermeidbar wären.
Für die Daheimgebliebenen ist es immer wieder eine schöne Sache, wenn sie ein Lebenszeichen ihrer Lieben erhalten. Das war zu Postkartenzeiten so und gilt auch im Zeitalter der Mobiltelefone. Selbstbildnisse ("Selfies") mit der Weihnachtspyramide auf dem Trierer Domfreihof oder mit der Glühweintasse in der Hand sind fast schon ein Muss. Kostenlos verschickt werden können die Nachrichten diesmal erstmals, da kurzfristig ein sogenanntes freies W-Lan-Netz in Triers Innenstadt installiert worden ist (siehe Extra).
Selbst der schönste Weihnachtsmarkt ist irgendwann vorbei. Und dann ist auch das kostenlose Surfen in der Fußgängerzone Geschichte. Doch es gibt frohe Kunde für die Freunde mobiler Kommunikation. In Trier soll ein neues, öffentlich zugängliches Netz geschaffen werden (der TV berichtete). Wann dies freigeschaltet wird, ist nach Auskunft der Stadtverwaltung offen. Dazu sagt Ralf Frühauf, Pressesprecher der Trierer Stadtverwaltung: Derzeit werde an einer Kalkulation für ein innerstädtisches Netz gearbeitet. "Aus diesem Grund können wir aktuell noch keine Aussagen zu den anfallenden Kosten oder der freien Nutzungsdauer machen." Die technische Umsetzung hänge maßgeblich vom Kauf der Straßenbeleuchtung durch die SWT ab. Denn an die Laternen sollen die Sender fürs Netz gehängt werden. Das Thema Straßenlaternen steht auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung am kommenden Dienstag.
Was solch ein freies W-Lan für Besucher und Einheimische die Stadt kosten kann, hat die Verwaltung vor einigen Wochen in einer Vorlage für den Steuerungsausschuss zusammengefasst. Neben Investitionskosten in Höhe von 60?000 Euro wird dort von laufenden Kosten von monatlich 3000 Euro ausgegangen.
Im Grunde kostenlos wäre es für die Stadt gewesen, wenn sie sich für das Angebot des gemeinnützigen Trierer Vereins Maschinendeck entschieden hätte. Dieser macht sich für den Ausbau des sogenannten Freifunks stark (siehe Extra).
Das Prinzip dabei ist, dass viele Privatleute oder Firmen über einen eigens dafür freigeschalteten Teil ihrer eigenen W-Lan-Netze auch andere Menschen surfen lassen. Aktuell gibt es bereits einige Freifunk-Stationen in der Stadt. Freifunk lässt sich beispielsweise am Viehmarkt oder an der Tufa ausprobieren. Die Frage, warum sich eine Mehrheit des kommunalen Gremiums am Ende dagegen und für die Stadtwerketochter Trilan entschieden hat, bleibt vonseiten der Stadtverwaltung unbeantwortet. David Philippi, Vorstand des Vereins Maschinendeck, sagt: "Man hat uns offiziell keinen Grund genannt."
Freifunk ist die private Lösung
Offen ist zudem, ob - anders als bei der Freifunkvariante - die Nutzungsdauer zeitlich limitiert bleibt. Beim Weihnachtsmarktnetz sind es zwei Stunden.
Kosten für die Stadt gibt es laut Verein keine, wenn der Freifunk ausgebaut wird. Der Anschaffungspreis für die für den Freifunk notwendigen Geräte liege bei rund 20 Euro pro Router. Bezahlen müssen das Privatleute oder Firmen, die sich am Freifunk beteiligen wollen. Zwischen 100 und 200 Geräte sind laut Philippi nötig, um die komplette Innenstadt abzudecken. Der Verein will trotz der Entscheidung für die Trilan daran festhalten, sein Netz auszubauen.
Übrigens: Im Trierer Umland gibt es bereits ein Freifunk-Netz. Einige Enthusiasten im Neweler Ortsteil Beßlich haben ein freies und kostenloses Netz aufgebaut, das es jedem erlaubt, nahezu überall von sich und seiner Glühweintasse Fotos zu machen und diese zu versenden. Nur mit der Weihnachtsmarktspyramide hapert es in Beßlich.
Kommentar
Warum die teure Lösung?
Von Harald Jansen
In Troisdorf stellt die Stadt Interessierten kostenlos einen Freifunk-Router zur Verfügung, damit möglichst im gesamten Stadtgebiet freies W-Lan verfügbar ist. 8000 Euro lässt sich das die Stadt unweit von Bonn in zwei Jahren kosten. Trier geht einen teureren Weg. Die Verwaltung rechnet mit laufenden Kosten in Höhe von rund 3000 Euro pro Monat. Zudem ist von 60?000 Euro Investitionskosten die Rede. Warum ignoriert eine Mehrheit der Kommunalpolitiker das bürgerschaftliche Engagement des Freifunk-Vereins? Die Verantwortlichen haben nach eigenem Bekunden noch nicht einmal eine Rückmeldung bekommen, warum ihre Hilfe nicht gewünscht ist. Stattdessen wird die Stadtwerke-Tochter Trilan mit dem Auftrag bedacht. Dabei hat das für die Nutzer keinen Vorteil. Die Freifunk-Lösung bietet zeitlich unlimitierten Zugang ohne Anmeldung. Bei dem von der Stadt gewünschten Modell ist die Nutzung zeitlich limitiert und bedarf jeweils einer Anmeldung.
Vor diesem Hintergrund könnte es durchaus sein, dass die städtische Entscheidung für die Trilan ein Schuss in den Ofen sein wird. Denn schon jetzt gibt es einzelne Freifunk-Inseln in Trier. Werden trotz des Desinteresses der Politik weitere frei zugängliche Router installiert, könnte sich schnell eine einfache Alternative zum kostspieligen offiziellen Netz entwickeln, in die sich das Mobiltelefon ganz von allein einwählt. Wer kämpft sich da noch freiwillig durch ein Anmeldeformular? h.jansen@volksfreund.deExtra
W-Lan ist die Abkürzung für Wireless Local Area Network und bedeutet übersetzt aus dem Englischen drahtloses lokales Netzwerk. Es ermöglicht mit entsprechend ausgerüsteten Rechnern oder Mobiltelefonen, Daten zu empfangen oder zu senden.
Freifunk: Normalerweise sind privat betriebene W-Lan-Netze so gesichert, dass nur bestimmte Geräte das Netz nutzen können. Denn der Betreiber des Netzes ist dafür verantwortlich, was beispielsweise im Netz runtergeladen oder hochgeladen wird. Dieser in anderen Ländern unbekannte Rechtsbegriff heißt Störerhaftung. Die Initiative Freifunk ( trier.freifunk.net ) übernimmt diese Haftung von demjenigen, der einen Teil seiner Datenleitung fürs öffentliche Surfen zur Verfügung stellt. Der Verein Freifunk ist nach eigener Angabe wie andere Telekommunikationsdiensteanbieter (Telekom, Trilan, Vodafone und andere mehr) auch von der Störerhaftung befreit. In Nordrhein-Westfalen hat der Landtag beschlossen, den Freifunk zu fördern. Dort sollen Stellplätze für Funkanlagen auf Liegenschaften des Landes bereitgestellt werden. Die rheinland-pfälzische Landesregierung sieht den Freifunk kritischer und lässt dies nicht zu.