Was die Normannen übrig ließen

Trier · Was Münzen, Ziegel und Knochen über die Geschichte des Doms und damit auch der Stadt Trier sagen können: Der frisch erschienene Band 6 der Reihe "Trierer Domgrabung" liefert spannende Erkenntnisse.

 Rares Zeugnis aus der Stadt- und Kirchengeschichte: „Treveris“-Silberdenar. TV-Foto: Roland Morgen

Rares Zeugnis aus der Stadt- und Kirchengeschichte: „Treveris“-Silberdenar. TV-Foto: Roland Morgen

 Der monumentale römische Kirchenkomplex lebt in Dom und Liebfrauen-Basilika fort. TV-Foto: Roland Morgen

Der monumentale römische Kirchenkomplex lebt in Dom und Liebfrauen-Basilika fort. TV-Foto: Roland Morgen

 Projektleiter Winfried Weber mit neuem Grabungs-Band. TV-Foto: Roland Morgen

Projektleiter Winfried Weber mit neuem Grabungs-Band. TV-Foto: Roland Morgen

An die 70 Jahre war die Frau, als sie starb. Dann wurde sie zur "Pionierin". Beigesetzt wurde sie nämlich nicht - wie üblich - auf den großen, noch in römischer Zeit entstandenen Gräberfeldern nördlich und südlich der Stadt, sondern direkt am Haupteingang des Doms. Das war anno 642. Das Ende der Totenruhe kam 1352 Jahre später, als Archäologen 1994 im Vorfeld der Domfreihof-Umgestaltung das Terrain untersuchten. Das entpuppte sich als äußerst ergiebige Fundgrube.

Schicht für Schicht drangen die Ausgräber in die Geschichte der ältesten und lange Zeit größten Kirche nördlich der Alpen vor - und damit in die Trierer Stadtgeschichte. Das reiche Fundmaterial wurde geborgen, gesammelt, untersucht und ausgewertet. Resultate liefert die 2001 gestartete Publikationsreihe "Die Trierer Domgrabung", deren sechster Band (von elf geplanten, die bis 2015 erscheinen sollen) frisch erschienen ist. Themen diesmal: Münzen, Ziegelstempel, Knochenfunde. Gräber an Kirchen sind nichts Neues, das der fast 70-Jährigen vom Domfreihof ist dennoch eine Besonderheit. Es handelt sich um die älteste bekannte Bestattung im Stadtgebiet. Sie belegt, "dass im 7. Jahrhundert die bis dahin in Trier gültige Pflicht aufgegeben wurde, außerhalb der antiken Stadtmauern zu beerdigen", sagt Bistumsarchäologe und Dommuseums-Chef Winfried Weber (64).

Er führt seit 1980 das fort, was Domkapitular Nikolaus von Wilmowsky (1801-1880) begonnen und sich damit gleich unbeliebt gemacht hat. Wilmowsky entdeckte im Mörtel des römischen Kernbaus des Doms eine Münze, die es zur Zeit der vermeintlichen Erbauung noch gar nicht gab, sondern erst 50 Jahre später geprägt wurde. Damit war die Legende vom "Haus der heiligen Helena" futsch.

1700 weitere historische Münzen förderten Domgrabungen zutage. Ein ganz rares Exemplar ist ein in Trier geprägter Silberdenar des Karolingerkönigs Lothar II. (855-869), dessen Rückseite der damalige Name der Stadt (Treveris) ziert. Von dieser Münze sind nur zwei Exemplare bekannt. Vielleicht verlor der Besitzer beim Überfall der Normannen 882 Münze und Leben. Die Invasoren wüteten erbarmungslos. Sie brachten auch das Ende der gigantischen römischen Kirchenanlage.

Erzbischof Poppo (1016-1047) verkleinerte mit dem Neubau der Domfassade den Komplex erheblich. An der Stelle des nach 882 aufgegebenen Nordwestbaus entstand der Domfreihof. Die Grabungen dort brachten auch profane Erkenntnisse. Knochen aus Müllgruben belegen: Die Domherren im Hochmittelalter aßen besonders gerne Hähnchen, Stockenten, Reh und Rothirsch.

Band 6 der "Trierer Domgrabung" (bearbeitet von Andrea Binsfeld, Gerd Martin Forneck, Peter M. Grootes, Manfred Kunter, Reinhold Schoon, Wolf-Rüdiger Teegen, Winfried Weber und David Wigg-Wolf) ist erhältlich im Buchhandel und im Dommuseum.

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