Was geschah wirklich in Hallschlag?

Trier/Hallschlag · War es versuchter Mord? Nach der Messerattacke eines 21-Jährigen auf seinen Schwiegervater in spe hat am Donnerstag der Prozess vor dem Landgericht Trier begonnen. Überraschend berief sich das Opfer auf sein Zeugnisverweigerungsrecht und machte keine Angaben zum Tatablauf.

Trier/Hallschlag. Acht Mal soll der junge Mann mit den kurzgeschorenen Haaren, der am Donnerstag kerzengerade und ohne die Miene zu verziehen auf der Anklagebank im Trierer Landgericht Platz nimmt, auf den Vater seiner Verlobten eingestochen haben. Jeder dieser Stiche in den Nacken, Rücken und Oberkörper des Opfers hätte tödlich sein können. Und dennoch nickt eben jenes Opfer, das gestorben wäre, wäre nicht der Notarzt rechtzeitig herbeigerufen worden, dem Angeklagten kumpelhaft zu, als es den Sitzungssaal betritt. Keine Spur von Verärgerung darüber, dass der Freund seiner Tochter ihn an jenem Abend Ende Februar lebensgefährlich verletzt hat. Im Gegenteil. Als die Vorsitzende Richterin der Ersten Schwurgerichtskammer, Petra Schmitz, ihn zum Tatgeschehen befragen will, verweigert er die Aussage. Das Gericht kann nichts dagegen unternehmen. Als Onkel des Angeklagten hat der 55-Jährige ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Dabei wäre seine Aussage durchaus wichtig, um herauszufinden, was sich wirklich in dem Bauernhaus in Hallschlag abgespielt hat, in dem der Angeklagte mit seiner Cousine - seiner Lebensgefährtin - sowie seinem Onkel und seiner Tante wohnte. Der 21-Jährige habe sein Opfer bewusst von hinten angegriffen, sagt Staatsanwalt Jörn Patzak: ein heimtückischer Angriff - und damit ein Mordversuch.
Der Angeklagte wiederum schildert das Geschehen anders. Man habe zur Feier des Geburtstags seines Schwiegervaters viel zu viel getrunken. Die Stimmung sei gekippt, es kam zu einem lautstarken Streit. Irgendwann, so berichtet der Angeklagte, sei er aus der Küche gegangen, versuchte vergeblich, einen Kumpel anzurufen, der ihn abholen sollte. Als er wieder in die Küche gehen wollte, habe der 55-Jährige seine Tochter mit den Worten "Hure" und "Schlampe" beschimpft. Er habe die Befürchtung gehabt, dass sein Onkel auch handgreiflich werde, und habe sich deshalb ein Steakmesser gegriffen. Als er die Küche betrat, soll der 55-Jährige gerade die Hand gehoben haben. "Ich weiß nur noch, dass ich mit dem Messer ausgeholt habe, mehr weiß ich nicht mehr", sagt der Angeklagte. Er habe jedoch vor und nicht hinter seinem Onkel gestanden. Also doch kein heimtückischer Angriff und damit kein Mordversuch?
Der 55-Jährige trägt gestern ebensowenig zur Aufklärung des Geschehens bei wie seine Frau, die als angeheiratete Tante die Aussage nicht verweigern darf. Sie verwickelt sich in Widersprüche, behauptet, kein Messer gesehen zu haben - obwohl sie ebenfalls dabei war und sogar die Polizei gerufen hatte. Aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands unterbricht das Gericht ihre Vernehmung. An einem der nächsten Verhandlungstage soll sie ein weiteres Mal gehört werden.

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