Weit weg?

Es ist eine seltsame Mischung von ganz verschiedenen Gefühlen: Erst hast du den ganzen Donnerstag nichts mitbekommen von den grauenhaften Anschlägen in Madrid, dann sitzt du wie gelähmt vor dem Fernseher, abends, und siehst unfassbare Bilder.

Zornig vielleicht, traurig und mit Tränen über so viel Tod und Leid, die über ahnungslose Menschen gekommen sind. Mit Wut darüber, dass Menschen anderen Menschen so etwas antun - und das auch noch für Politik halten oder jedenfalls für "politisch". Und vor allem wohl: hilflos. Wer kann schon von hier aus etwas tun für die Opfer in Madrid. Gegen die Gewalt. Blut spenden, vielleicht? Protest-Briefe und Mails schreiben - aber an wen? Solidarität erklären. Und - Angst scheint es zu geben. Jedenfalls so ein diffuses Gefühl von Unsicherheit - Züge und Bahnhöfe kann man offenbar nicht wirklich gegen solche Mordtaten sichern. Oder Busse, Kirchen und große Plätze. Und wenn es wirklich nicht die ETA war (die bombt ja wohl "nur" in Spanien), sondern Al-Qaida-Leute? Wie hilflos und bedrohlich das klingt, wenn die Bahnpolizei sagt, die Reisenden sollten auf herrenlos herumstehende Koffer oder Rucksäcke achten und sie melden. Das löst sicher zusätzliche Angst aus. Aber zugleich gibt die Polizei damit einen Hinweis, was auch hier zu tun wäre: Die Leute könnten wieder ein bisschen besser darauf achten, was in ihrer Umgebung los ist. Auf Menschen, denen es vielleicht nicht so gut geht. Auf Sachen, die irgendwie unnormal scheinen. Niemand muss gleich nach der Polizei rufen. Aber eine Gesellschaft kann sich selber schützen - einfach durch gegenseitiges Interesse. (Inter-Esse, sagt man in Österreich: Gegenseitiges Dabei-Sein!) Und wir werden - natürlich - auch beten heute Abend und morgen in den Kirchen. Menschen sind Opfer von Menschen geworden - und Christenmenschen haben von Jesus den Auftrag und die Kraft, solidarisch zu sein mit den Opfern. Wer für andere betet, ist ganz nah bei den Opfern und bei ihrem Schicksal. Gemeinsam vor Gott zu stehen - wenigstens das können wir auch von hier aus tun. Und dann ist Madrid ganz nah. Altfried G. Rempe (Pastoralreferent) altfried.rempe@bgv-trier.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort