Weitere 60 Millionen Euro auf den großen Schuldenberg

Wenn Oberbürgermeister Klaus Jensen heute seinen Haushalt für 2011 im Stadtrat zur Diskussion stellt, sind die Zahlen alarmierender als je zuvor. Trotz einiger Sparbemühungen und gestiegener Steuereinnahmen klafft wieder ein 60-Millionen-Euro-Loch im Budget.

Trier. Man kann es ganz einfach ausdrücken: 313 Millionen Euro gibt die Stadt Trier im Jahr 2011 aus, 253 Millionen Euro nimmt sie ein. Die Differenzsumme von 60 Millionen Euro kommt noch obendrauf auf den gigantischen Schuldenberg, den die Stadt in immer höherer Geschwindigkeit aufhäuft (siehe Extra-Artikel).

Man kann auch, wie OB Jensen, das Positive herausheben. Im laufenden Haushaltsjahr 2010 ist das Loch noch größer. Und bei der Einbringung des 2011-Etats im Juni standen unterm Strich noch 64 Millionen Miese. Seither habe man "intensiv beraten", sagt der Verwaltungschef, und mit Hilfe externer Experten nach jeder noch so kleinen Möglichkeit zur Einsparung oder zur Einnahmen-Verbesserung gesucht.

Freundlicheres Bild dank Gewerbesteuer-Plus



Immerhin fast eine Million Euro hat man ausfindig gemacht. Der größte Einzelposten sind die Antikenfestspiele, dazu kommen Erhöhungen bei Gebühren, Steuern und Eintrittsgeldern (siehe Artikel unten). Schon dieser eher maßvolle Anstieg hat für allerlei Verwerfungen gesorgt. Parallel kamen auf der Ausgabenseite "unabweisbare Maßnahmen" (Jensen) dazu wie zusätzliche Schulrenovierungen, der Ausbau der "Bitburger" oder Planungsmittel für wichtige Maßnahmen.

So wäre unterm Strich der Haushalt noch schlechter ausgefallen, könnte die Stadt nicht mit einem Extra-Plus von gut fünf Millionen kalkulieren - vorrangig aus erwarteten Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer. Trotz allem sind aber die Ausgaben gegenüber dem Vorjahr wieder gestiegen - allein beim Personal um mehr als vier Prozent. "Wir stellen Leute ein", gibt Jensen unumwunden zu und verweist auf die Umsetzung des Konjunkturprogramms oder die Einrichtung neuer Kita-Plätze, für die man - oft befristete - Stellen eingerichtet habe. Die Verwaltung in Trier sei ohnehin "schlank aufgestellt".

Trotzdem wollen Jensen und sein Chef-Controller Udo Hildebrand im ersten Halbjahr 2011 anhand einer "600-Vorschläge Liste" der Kommunal-Beratung durch die Reihen ziehen, um weitere Einsparpotenziale zu suchen. Dann könnte auch der Vorschlag der Berater wieder auf der Tagesordnung stehen, die Gewerbesteuer zu erhöhen, den man diesmal abgelehnt hat. "Jetzt, so kurz nach der Krise, wäre einfach der falsche Zeitpunkt gewesen", sagt der OB. Das könne 2012 durchaus anders sein.

Im nächsten Jahr dürften die Modalitäten der Haushalts-Aufstellung ohnehin völlig anders aussehen. Denn Jensen bekräftigt seine Absicht, sich um die Aufnahme der Stadt in den Schuldenfonds des Landes zu bemühen - und die ist mit heftigen Auflagen verbunden.

Dass die Stadt trotz allem 40 Millionen Euro für Investitionen ausgibt, hält Jensen für ein wichtiges Signal: "Wir können jetzt nicht einfach das Licht ausmachen." Ein großer Batzen geht in den Umbau des Gneisenau-Geländes in Trier West, in die Stadtsanierung Ehrang sowie in Schulen und Straßen.

CDU und FWG tendieren zur Ablehnung des Haushalts



Dass der Etat-Entwurf eine Mehrheit findet, davon ist Jensen trotz der geplatzten Ampel-Koalition überzeugt. Schließlich habe der zuständige Ausschuss "zwei Tage sehr konstruktiv beraten" und "auch schmerzliche Schnitte wie Festspiele und Eishalle gemeinsam getragen".

Bei der CDU und Teilen der FWG ist freilich zu hören, dass sie den Haushalt wohl ablehnen werden. Wenn dann noch der eine oder andere Rebell aus dem Ex-Bündnis querschießt, könnte es ein böses Erwachen geben.

Meinung

Wer den Schuss nicht hört

Sicher ist der Verwaltung und dem Rat das Bemühen nicht abzusprechen, halbwegs verträgliche Einsparmöglichkeiten zu suchen. Manchmal ist es fast rührend, wie jedes kleine Steinchen von Hand umgedreht wird, obwohl jeder weiß, dass man bald einen Bagger mit ganz großer Schaufel einsetzen muss. Spätestens dann, wenn OB Jensen im Frühjahr mit dem Kopf unterm Arm beim ADD-Präsidenten Mertes antreten wird, um die Aufnahme in den Schuldenfonds des Landes auszuhandeln. Weil alle ahnen, dass dann ohnehin die Nacht der langen Messer ansteht, hat diesmal niemand Lust gehabt, die letztlich unvermeidbare Debatte über weitgehende strukturelle und personelle Einschnitte zu führen. Manche begreifen vielleicht auch nicht die Lage. Wer wie die Grünen angesichts eines 60-Millionen-Lochs davon spricht, zusätzlich einzustellendes Spitzenpersonal sei "kostenneutral", weil man dafür andere, offenbar entbehrliche Stellen streicht, hat den Schuss nicht gehört. So wenig wie SPD-Chef Teuber, der im Rat den bemerkenswerten Satz prägte, die Stadt müsse "in ihrer Verwaltung alles andere tun als Personalkosten zu sparen". Aber auch die anderen sitzen mit im Boot. Schulsanierung, Petrisberg-Aufstieg, Regionalbahn, Stadt am Fluss, Theater-Umbau, Porta-Neugestaltung: Man beschließt fröhlich drauf los und vertagt die Finanzierungsfrage auf später. Aber diese Politik Marke Wolkenkukucksheim ist am Ende. d.lintz@volksfreund.de

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