Weltkulturerbe bleibt links liegen

Igel/Schweich · Igel protestiert gegen den Streckenverlauf des Moselsteigs. Ausgerechnet der Ort mit dem Weltkulturerbe Igeler Säule und schönen Aussichtspunkten werde links liegengelassen, so die Kritik. In der Verbandsgemeinde Schweich werden nicht angebundene Gemeinden teilweise mit Extratouren entschädigt.

Igel/Schweich. TV-Leser werden sich noch an den Zoff bei der Eifelsteig-Wegeführung von Daufenbach nach Kordel erinnern. Dort durchkreuzte ein Privatwaldbesitzer die Routenplanung. Auch beim Moselsteig, der nach Eifel- und Saar-Hunsrück-Steig die dritte Premium-Wanderstrecke im Raum Trier werden soll (der TV berichtete), regt sich Widerstand.

Reaktionen aus der Verbandsgemeinde Trier-Land: Nach dem TV-Artikel "Wanderreise von Perl bis Koblenz" (17. August) flüchtete sich Igels Ortsbürgermeister Franz-Josef Scharfbillig in Sarkasmus, weil die Etappe von Perl bis Konz auf der anderen Moselseite verläuft und Igel außen vor bleibt. "Wäre es ein Straßen- oder Bahnprojekt, Igel wäre dabei", sagt er und spielt damit auf den regen Autoverkehr und den Bahnlärm im Ort an. Dass ausgerechnet Igel mit seinem Unesco-Weltkulturerbe Igeler Säule und dem Grutenhäuschen, ein rekonstruierter römischer Grabtempel in den Weinbergen, leer ausgeht, obwohl sich der Moselsteigverlauf doch an Sehenswürdigkeiten orientieren soll, kann Scharfbillig nicht nachvollziehen. Seine Erklärung: Vor einigen Jahren ist die Verbandsgemeinde (VG) Trier-Land, zu der Igel gehört, aus der Mosellandtouristik ausgetreten. Und diese Organisation mit Sitz in Bernkastel-Kues ist bei den Planungen für den 355 Kilometer langen Moselsteig von Perl bis Winningen federführend. "Das ist nun die Retourkutsche", mutmaßt Scharfbillig. Er schlägt eine Doppelroute vor: Wanderer sollen in Oberbillig mit der Fähre nach Wasserbillig übersetzen, über Igel marschieren und an der Konzer Brücke wieder auf die "richtige" Trasse stoßen.
Die Wegeführung sei einvernehmlich mit den Gesellschaftern abgesprochen worden, sagt Thomas Kalff von der Mosellandtouristik. Und zu denen gehören auch die Verbandsgemeinden Konz und Saarburg, über deren Terrain der Moselsteig auf der Igel abgewandten Seite verläuft. Laut Kalff sind Fähren grundsätzlich im Routenprogramm nicht vorgesehen, weil sie unregelmäßig fahren und sie für die Gäste gebührenpflichtig sind. Parallelstrecken, wie von Igeler Seite vorgeschlagen, oder Schleifen seien beim Moselsteig keine vorgesehen, allerdings "Zuwege". Diese können an einem zentralen Ort in einer Gemeinde starten und sollen möglichst rasch zum Moselsteig führen. Kalff: "Der Zuweg sollte nicht länger als zwei Kilometer sein, sonst wird er nicht angenommen."
"Wir waren in die Planungen des Moselsteigs eingebunden", sagt Trier-Lands Bürgermeister Wolfgang Reiland. Er kann die Entscheidung für die andere Moselseite angesichts der Fähren-Problematik und der Beschaffenheit der Wege ("Um die Igeler Säule und das Grutenhäuschen herum gibt es viele geteerte Wege") nachvollziehen. An eine Retourkutsche der Mosellandtouristik wegen des Ausstiegs aus der Mosellandtouristik glaubt er nicht. Vor rund fünf Jahren war Trier-Land laut Reiland aus der Marketing-Organisation ausgestiegen, weil die VG überwiegend zur Eifel ausgerichtet ist. Mit Igel und Langsur seien nur zwei Orte zur Mosel orientiert. Trier-Land habe nun bei der Mosellandtouristik einen Antrag auf eine Zusatzroute bei Igel gestellt; das Ergebnis stehe noch aus.

Reaktionen aus der Verbandsgemeinde Schweich: In der VG Schweich, wo der Moselsteig zunächst auf der Eifelseite verläuft und dann in Mehring Richtung Hunsrück wechselt, sei die Diskussion über die Wegeführung "sachlich und ohne großen Rabatz" verlaufen, sagt Sven Thiesen, Geschäftsführer des Vereins "Roemische Weinstraße". Man habe sich an der vorhandenen Infrastruktur (etwa Übernachtungskapazitäten), den Aussichtspunkten (etwa Fünf-Seen-Blick, Zummet) und einem möglichst naturbelassenen Untergrund orientiert. Längere Asphalt-Abschnitte, normalerweise ein K.o.-Kriterium für die Ausweisung eines Premium-Wanderwegs, habe man seitens der Planer allerdings in der Stadt Schweich geduldet (siehe Extra). Das sei der Zentralität und der Bahnhofsanbindung geschuldet, meint Thiesen. Nicht berücksichtigte Moselorte hätten teilweise durch andere Wanderwege "entschädigt" werden können - so Pölich, Ensch und Schleich durch die Extra-Tour "Zitronenkrämerkreuz" und Riol durch die Mehringer Schweiz-Route mit Anschluss an den Freizeitsee und die Rodelbahn. Klüsserath habe mit dem Jakobsweg "Mosel-Camino" eine schöne Alternative, die entsprechend beworben werde, und Longuich bekomme eine Zuwegung zum Steig. Wie Longuichs Ortsbürgermeisterin Kathrin Schlöder mitteilt, ist auch ein Rundwanderweg Richtung Kenn über den Kirchberg und den Sauerbrunnen geplant.Meinung

Der Moselsteig nützt allen
Etwa die Hälfte aller potenziellen Anrainergemeinden bleibt schon aus geografischen Gründen bei der Planung eines Fernwanderwegs wie den Moselsteig außen vor. Er kann immer nur auf einer Seite verlaufen, sofern man die Wanderer nicht zurückschicken oder in Schleifen laufen lassen möchte. Andere Orte kommen aus logistischen Gründen für Etappenziele nicht in frage, weil es zu wenige Betten gibt; wieder andere fallen heraus, weil sie keine geeigneten Strecken bieten oder die Wanderer auf der Höhe vorbeiziehen. Es bei einem solchen Mammutprojekt allen gerecht zu machen, das geht nicht. Bei aller verständlichen Kritik, wie sie etwa Igel vorbringt, muss man dennoch konstatieren: Die Mosellandtouristik hat unter Mithilfe der Fremdenverkehrsorganisationen vor Ort gute Arbeit geleistet. Der Moselsteig wird der ganzen Ferienregion Vorteile bringen und ihren Ruf als hervorragende Wander- und Radweg-Hochburg untermauern. a.follmann@volksfreund.deExtra

Von Trier kommend, führt der Moselsteig am Haardthof bei Trier-Quint vorbei in Richtung Heilbrunnen. Von dort geht es weiter über die L 47 und die Bahnunterführung zum Baugebiet Ermesgraben mit seinen erdgebundenen Fußwegen. Über Alt-Schweich und die Bergstraße führt der Steig dann unter der Autobahn hindurch in Richtung Aussiedlerhof und die Weinberge hinauf. Auf der weiteren Route Richtung Mittelmosel liegt unter anderem der "Fünf-Seen-Blick" (Sicht auf fünf Moselwindungen bei Mehring/Detzem) und die Zummet-Höhe bei Leiwen. alf

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