Wenn Christdemokraten Reggae tanzen

TRIER. "Für eine Ampel und andere Ampeleien stehen wir nicht zur Verfügung", hat Guido Westerwelle am Wahlabend gesagt. Trotzdem glauben viele politische Leistungsträger in Stadt und Kreis an die Jamaika-Koalition zwischen CDU/CSU, FDP und den Grünen.

Der Bundestag hat aufgrund von 15 Überhangmandaten 613 Sitze. Schwarz-Gelb hätte 286 Sitze, Rot-Grün 273. Beide Koalitionen sind demnach weit von einer Mehrheit entfernt. In dieser diffusen Situation entstand die Sage der Jamaika-Ampel: CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen sollen regieren. Zusammen kommen sie auf 337 der 613 Sitze.Vor der Bundestagswahl hätte man allenfalls in der Bütt von einer solchen Vereinigung gesprochen. Doch inzwischen gehören Verwaltungs-Chefs und Kreisvorsitzende zu ihren überzeugten Befürwortern.

Triers Oberbürgermeister Helmut Schröer (CDU) hält eine große Koalition für schwierig, "weil damit die drängenden Probleme nicht zu lösen wären". Jamaika hingegen sei nicht derart aussichtslos: "Bei einer Zusammenarbeit von CDU/CSU und FDP mit den Grünen wäre zumindest in wirtschaftlichen Fragen eine Übereinkunft möglich."

Ulrich Holkenbrink, CDU-Kreisvorsitzender und voraussichtlicher CDU-Kandidat für den Sessel des Oberbürgermeisters, will "Angela Merkel schon vorne sehen". Schließlich habe sie den Wählerauftrag. Zur Erinnerung: CDU/CSU haben im neuen Bundestag genau drei Stimmen mehr als die SPD. Theoretisch könnte Angie deshalb in einer großen Koalition Kanzlerin werden, woran aber niemand so richtig glauben mag. Auch Holkenbrink nicht. "Die Jamaika-Ampel wäre mir lieber als die Große Koalition."

"Keine Chance für große Koalition"

"So wie die SPD sich präsentiert hat, sehe ich absolut keine Chance für eine große Koalition", sagt Landrat Richard Groß (CDU) und meint damit wohl auch Gerhard Schröders schon jetzt legendären Auftritt in der Berliner Elefantenrunde. "Ich würde Jamaika den Vorzug geben." Nach einer kurzen Pause fügt der zum Jahresende in den Ruhestand gehende Landrat hinzu: "Man kann auch mit den Grünen zurecht kommen."

Zwischensumme: Drei Befragte, drei Mal Jamaika. Nun hat wohl niemand erwartet, dass hohe Christdemokraten Rot-Rot-Grün unterstützen würden. Aber auch die lokale SPD will von einer Koalition mit der Linkspartei offenbar nichts wissen. "Rot-Rot-Grün ist absolut kein Thema", sagt Friedel Jaeger, Fraktionsvorsitzender der SPD im Trierer Stadtrat. "Eine solche Lösung wäre absolut nicht mehrheitsfähig." Jaeger hält eine große Koalition für möglich - "aber das geht wohl nur nur ohne Schröder und Merkel".

Alfons Maximini, SPD-Fraktions-Chef im Kreistag, will sich nicht festlegen. "Zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün müssen die Möglichkeiten einer stabilen Regierungsbildung ausgelotet werden." Für Malu Dreyer, Mainzer Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit und seit Januar einstimmig gewählte Vorsitzende der SPD Trier, ist "Gerhard Schröder erste Wahl". Es sei wichtig, den Reformkurs weiter zu betreiben. "Deshalb stehen zurzeit die fachlichen Auseinandersetzungen im Vordergrund."

Offenbar teilt nicht die gesamte FDP Guido Westerwelles Abneigung gegen "Ampeleien". Thomas Egger, FDP-Fraktions-Chef im Stadtrat, kann sich Jamaika vorstellen. "Da bekommt man mehr bewegt als in einer großen Koalition." Auch UBM-Fraktions-Chef Manfred Maximini steht hinter Jamaika. "Hier gibt es die größten Übereinstimmungen." Hugo Kohl, Vorsitzender der Kreistagsfraktion der Freien Wähler, ist für aus der Reihe fallende Sätze bekannt. Diesem Ruf bleibt er treu. "Eine große Koalition bringt nur Reibungsverluste und kann wegen der vergifteten Atmosphäre keinen Erfolg haben." Soweit nichts Neues. Aber dann: "Am besten wären Neuwahlen in den nächsten zwei Monaten", sagt Kohl. "Wir können nur hoffen, dass diese mehr Klarheit bringen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort