Wenn das Taxi die Jugend stehen lässt

Junge Disko- und Feten-Besucher sollen sicher nach Hause kommen - das ist Sinn und Ziel des Projekts "Jugendtaxi". Jugendliche aus Trierweiler-Fusenich behaupten jedoch, das Jugendtaxi habe sie im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehen lassen.

Trier. Es ist keine gute Idee, nach einem ausgiebigen Besuch des Trierer Altstadtfestes morgens um vier Uhr, noch dazu im strömenden Regen, den Nachhauseweg hinterm Steuer, auf einem Fahrrad oder zu Fuß anzutreten - zumindest dann nicht, wenn man in der aus Sicht des Fußgängers recht weit entfernten Verbandsgemeinde Trier-Land wohnt. Das dachten sich auch Jugendliche aus Trierweiler-Fusenich und riefen ein Jugendtaxi.Dieses Projekt wurde vom Kreistag Trier-Saarburg 2005 beschlossen und lief 2006 an. Jugendliche zwischen 16 und 21, die eine Disko oder ein Fest besucht haben und mit einem Taxi nach Hause fahren wollen, werden mit zwei Euro pro Fahrt und Fahrgast bezuschusst.

Diese Regelung gilt Freitag- und Samstagnacht und in den Nächten vor gesetzlichen Feiertagen.

Taxi-Unternehmen, die an diesem Projekt teilnehmen, lassen sich von den Jugendlichen ein Formular ausfüllen und unterzeichnen. Der Zuschuss wird nach der Fahrt vom Gesamtpreis abgezogen, das jeweilige Unternehmen rechnet monatlich mit der Kreisverwaltung ab. Sechs junge Leute, ein gemeinsamer Wunsch nach einem Jugendtaxi, ein Anruf, eine längere Wartezeit - das Taxi kam. Damit begann das Problem. "Die Teenager nannten Fusenich als Fahrtziel und wurden mit der Bemerkung abgeschmettert, das sei viel zu weit weg", sagt Anja Weiland. Ihre Tochter gehörte zur Gruppe der potenziellen Fahrgäste.

Die Taxifahrerin habe sich per Funk mit ihrer Zentrale beraten. "Die Jugendlichen haben ganz deutlich gehört, dass jemand gesagt hat, die Fahrerin solle die Gruppe einfach stehen lassen", sagt Anja Weiland. Wörtlich sei der Satz gefallen: "Lass die Kinder doch im Regen stehen, wir haben andere Fahrgäste zu befördern."

Das Taxi fuhr weg, der Regen strömte herab, die Teenager wanderten zu Fuß bis nach Fusenich, ihre Eltern sind außer sich vor Wut. Anja Weiland: "Offensichtlich zählt der schnelle Profit mehr als die Sicherheit junger Menschen."

Der TV kontaktierte das Taxiunternehmen, an das sich die Jugendlichen noch gut erinnern. Alice Franken, Chefin von "Taxi komm", bestätigt zwar, dass der Anruf der Jugendlichen am Altstadtfest-Samstag verzeichnet worden sei. "Doch als das Taxi vor Ort eintraf, war niemand mehr dort." Ihre Theorie: "Es gibt ein Taxiunternehmen, das uns die Gäste vor Ort gezielt wegschnappt. Möglicherweise waren die es." Die von den Jugendlichen stammende Beschreibung der Fahrerin passe außerdem auf keine ihrer beiden Mitarbeiterinnen.

Das Jugendamt des Landkreises, der das Jugendtaxi finanziell trägt, hat sofort reagiert und sich mit "Taxi komm" in Verbindung gesetzt. "Das Unternehmen hat die Jugendlichen, ihre Eltern und die Taxifahrerin zu einem Gespräch gebeten, um die Lage zu klären", sagt Barbara Weiter-Matysiak von der Kreis-Pressestelle. Nötigenfalls wolle die Chefin Ali c e Franken auch "personelle Konsequenzen ziehen".

Meinung

Die dunklen Minuten

Der Zeitraum zwischen dem Verlassen einer Disko oder eines Festes und dem Eintreffen zu Hause gehört zu den dunklen Minuten, in denen die Fantasie vieler Eltern Salti schlägt und ihnen wahre Schreckens-Szenarien vorgaukelt, die der Sohn oder die Tochter erlitten haben könnten. Leider werden solche Szenarien gelegentlich zur furchtbaren Realität. Jugendliche, die zu einem alkoholisierten Fahrer ins Auto steigen und mit ihm gemeinsam am Baum landen. Jugendliche, die mitten in der Nacht über einsame Landstraßen zu Fuß nach Hause laufen und von übermüdeten Fahrern viel zu spät gesehen werden. Das Jugendtaxi soll dazu beitragen, solche Szenarien zu vermeiden. Taxi-Unternehmen, die sich an dem Projekt beteiligen, müssen diese Verantwortung über einen möglichen höheren Umsatz stellen. Verstößt ein Unternehmen gegen diesen Grundsatz, verdient es den enormen Image-Schaden und auch den Umsatz-Verlust, der ihm daraus entstehen wird. j.pistorius@volksfreund.de

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